[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.Zwanzigster Gesang. Schwebt herauf, sezet euch, mit dem Sohn Richter, Jm Goldstral auf Throne bey dem Herrn! Erhebt euch, die Blut dekt! weisses Gewand Dekt! o Weltrichter, komt, nehmt die Kronen in Triumph! Ach! sie gehn überstralt zu dem Thron furchtbar Herauf, ernst zur Wagschaal des Gerichts! Verströmt Blut des Altars Golgatha dekt Hell die Palmträger! Siegskronen glänzen um ihr Haupt! Und es erhuben im Chore der Seher Debora und Mirjam Jhre Stimme. Den Harfen entscholl bald himlische Wehmut, Bald der Ton des Triumphs. Sie sangen gegen die Engel. So, wenn im Walde der Donnersturm still schweigt, und die Bäume Nicht gebogen mehr stehn, bebt leise von Lüften der Sprößling. O du einst uns Elend, wie entzükst du Den Geist, Tod! Wer im Nachtthal des Entsezens Nicht verwesete, strebet umsonst Zu erreichen des Erwachten Gefühl! Jhr lieft nicht die Lanfbahn des Erdulders Des Pilgers da hinab nicht, wo der Tod war! Jhr Unsterblichen! sahet das Grab Nicht eröfnet, und gefüllt mit Gebein! Jhr saht nicht, daß furchtbar die Entschlafnen Es hinnahm, die Geliebtern zur Verwesung! Der N 2
Zwanzigſter Geſang. Schwebt herauf, ſezet euch, mit dem Sohn Richter, Jm Goldſtral auf Throne bey dem Herrn! Erhebt euch, die Blut dekt! weiſſes Gewand Dekt! o Weltrichter, komt, nehmt die Kronen in Triumph! Ach! ſie gehn uͤberſtralt zu dem Thron furchtbar Herauf, ernſt zur Wagſchaal des Gerichts! Verſtroͤmt Blut des Altars Golgatha dekt Hell die Palmtraͤger! Siegskronen glaͤnzen um ihr Haupt! Und es erhuben im Chore der Seher Debora und Mirjam Jhre Stimme. Den Harfen entſcholl bald himliſche Wehmut, Bald der Ton des Triumphs. Sie ſangen gegen die Engel. So, wenn im Walde der Donnerſturm ſtill ſchweigt, und die Baͤume Nicht gebogen mehr ſtehn, bebt leiſe von Luͤften der Sproͤßling. O du einſt uns Elend, wie entzuͤkſt du Den Geiſt, Tod! Wer im Nachtthal des Entſezens Nicht verweſete, ſtrebet umſonſt Zu erreichen des Erwachten Gefuͤhl! Jhr lieft nicht die Lanfbahn des Erdulders Des Pilgers da hinab nicht, wo der Tod war! Jhr Unſterblichen! ſahet das Grab Nicht eroͤfnet, und gefuͤllt mit Gebein! Jhr ſaht nicht, daß furchtbar die Entſchlafnen Es hinnahm, die Geliebtern zur Verweſung! Der N 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0195" n="195"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zwanzigſter Geſang.</hi> </fw><lb/> <lg n="197"> <l>Schwebt herauf, ſezet euch, mit dem Sohn Richter,</l><lb/> <l>Jm Goldſtral auf Throne bey dem Herrn!</l><lb/> <l>Erhebt euch, die Blut dekt! weiſſes Gewand</l><lb/> <l>Dekt! o Weltrichter, komt, nehmt die Kronen in Triumph!</l> </lg><lb/> <lg n="198"> <l>Ach! ſie gehn uͤberſtralt zu dem Thron furchtbar</l><lb/> <l>Herauf, ernſt zur Wagſchaal des Gerichts!</l><lb/> <l>Verſtroͤmt Blut des Altars Golgatha dekt</l><lb/> <l>Hell die Palmtraͤger! Siegskronen glaͤnzen um ihr Haupt!</l> </lg><lb/> <lg n="199"> <l>Und es erhuben im Chore der Seher Debora und Mirjam</l><lb/> <l>Jhre Stimme. Den Harfen entſcholl bald himliſche Wehmut,</l><lb/> <l>Bald der Ton des Triumphs. Sie ſangen gegen die Engel.</l><lb/> <l>So, wenn im Walde der Donnerſturm ſtill ſchweigt, und die Baͤume</l><lb/> <l>Nicht gebogen mehr ſtehn, bebt leiſe von Luͤften der Sproͤßling.</l> </lg><lb/> <lg n="200"> <l>O du einſt uns Elend, wie entzuͤkſt du</l><lb/> <l>Den Geiſt, Tod! Wer im Nachtthal des Entſezens</l><lb/> <l>Nicht verweſete, ſtrebet umſonſt</l><lb/> <l>Zu erreichen des Erwachten Gefuͤhl!</l> </lg><lb/> <lg n="201"> <l>Jhr lieft nicht die Lanfbahn des Erdulders</l><lb/> <l>Des Pilgers da hinab nicht, wo der Tod war!</l><lb/> <l>Jhr Unſterblichen! ſahet das Grab</l><lb/> <l>Nicht eroͤfnet, und gefuͤllt mit Gebein!</l> </lg><lb/> <lg n="202"> <l>Jhr ſaht nicht, daß furchtbar die Entſchlafnen</l><lb/> <l>Es hinnahm, die Geliebtern zur Verweſung!</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0195]
Zwanzigſter Geſang.
Schwebt herauf, ſezet euch, mit dem Sohn Richter,
Jm Goldſtral auf Throne bey dem Herrn!
Erhebt euch, die Blut dekt! weiſſes Gewand
Dekt! o Weltrichter, komt, nehmt die Kronen in Triumph!
Ach! ſie gehn uͤberſtralt zu dem Thron furchtbar
Herauf, ernſt zur Wagſchaal des Gerichts!
Verſtroͤmt Blut des Altars Golgatha dekt
Hell die Palmtraͤger! Siegskronen glaͤnzen um ihr Haupt!
Und es erhuben im Chore der Seher Debora und Mirjam
Jhre Stimme. Den Harfen entſcholl bald himliſche Wehmut,
Bald der Ton des Triumphs. Sie ſangen gegen die Engel.
So, wenn im Walde der Donnerſturm ſtill ſchweigt, und die Baͤume
Nicht gebogen mehr ſtehn, bebt leiſe von Luͤften der Sproͤßling.
O du einſt uns Elend, wie entzuͤkſt du
Den Geiſt, Tod! Wer im Nachtthal des Entſezens
Nicht verweſete, ſtrebet umſonſt
Zu erreichen des Erwachten Gefuͤhl!
Jhr lieft nicht die Lanfbahn des Erdulders
Des Pilgers da hinab nicht, wo der Tod war!
Jhr Unſterblichen! ſahet das Grab
Nicht eroͤfnet, und gefuͤllt mit Gebein!
Jhr ſaht nicht, daß furchtbar die Entſchlafnen
Es hinnahm, die Geliebtern zur Verweſung!
Der
N 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |