[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.Der Messias. O entfleuch denn, Sanherib, eil zu Nisrochs Opfer! Noch scholl Sions Hügel herab Das Drohn des Prophetengesangs, Da erhub schon die Vollendung Zum Gericht den donnernden Fuß! Der Tag stieg Röthlich herauf, stumm lag, leichnamevoll Das Feld der Assyrer! Entflohn War ihr König mit Entsezen! Und der Seher der Herlichkeit Gottes am Chebar entschwung sich, Nebst zwölf Jünglingen, Engeln und Menschen, des feyrenden Heerzugs Lichten Chören. Jhr Flug schon erklang, da die Harfen noch schwiegen. Und sie schwebten dem göttlichen Sohn anbetend vorüber. Furchtbar schön war ihr stralender Schwung, und der Himlischen Anschaun, Und in dem Blicke die Flamme. Sie sangen dem Herscher in Judah: Rächer! wie oft hast du gerächt dein erkohrnes, Leidendes Volk! wie zerschmettert die Zerstörer! Hast sie bluten gemacht! Die Blutgier Lechzten, entrannen dir nie! Glich nicht des Nils schreckendes Thier dem Assyrer? Libanons Pracht, wie sie aufsteigt zu beschatten, Hatte dieser! Er stand von Laube Dick, und sein Wipfel empor! Wasser um ihn machten ihn groß! und an Strudeln Hub er den Wuchs! um den Stamm her des erhobnen, Rausch-
Der Meſſias. O entfleuch denn, Sanherib, eil zu Nisrochs Opfer! Noch ſcholl Sions Huͤgel herab Das Drohn des Prophetengeſangs, Da erhub ſchon die Vollendung Zum Gericht den donnernden Fuß! Der Tag ſtieg Roͤthlich herauf, ſtumm lag, leichnamevoll Das Feld der Aſſyrer! Entflohn War ihr Koͤnig mit Entſezen! Und der Seher der Herlichkeit Gottes am Chebar entſchwung ſich, Nebſt zwoͤlf Juͤnglingen, Engeln und Menſchen, des feyrenden Heerzugs Lichten Choͤren. Jhr Flug ſchon erklang, da die Harfen noch ſchwiegen. Und ſie ſchwebten dem goͤttlichen Sohn anbetend voruͤber. Furchtbar ſchoͤn war ihr ſtralender Schwung, und der Himliſchen Anſchaun, Und in dem Blicke die Flamme. Sie ſangen dem Herſcher in Judah: Raͤcher! wie oft haſt du geraͤcht dein erkohrnes, Leidendes Volk! wie zerſchmettert die Zerſtoͤrer! Haſt ſie bluten gemacht! Die Blutgier Lechzten, entrannen dir nie! Glich nicht des Nils ſchreckendes Thier dem Aſſyrer? Libanons Pracht, wie ſie aufſteigt zu beſchatten, Hatte dieſer! Er ſtand von Laube Dick, und ſein Wipfel empor! Waſſer um ihn machten ihn groß! und an Strudeln Hub er den Wuchs! um den Stamm her des erhobnen, Rauſch-
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Der Meſſias.
O entfleuch denn, Sanherib, eil zu Nisrochs
Opfer! Noch ſcholl Sions Huͤgel herab
Das Drohn des Prophetengeſangs,
Da erhub ſchon die Vollendung
Zum Gericht den donnernden Fuß! Der Tag ſtieg
Roͤthlich herauf, ſtumm lag, leichnamevoll
Das Feld der Aſſyrer! Entflohn
War ihr Koͤnig mit Entſezen!
Und der Seher der Herlichkeit Gottes am Chebar entſchwung ſich,
Nebſt zwoͤlf Juͤnglingen, Engeln und Menſchen, des feyrenden Heerzugs
Lichten Choͤren. Jhr Flug ſchon erklang, da die Harfen noch ſchwiegen.
Und ſie ſchwebten dem goͤttlichen Sohn anbetend voruͤber.
Furchtbar ſchoͤn war ihr ſtralender Schwung, und der Himliſchen
Anſchaun,
Und in dem Blicke die Flamme. Sie ſangen dem Herſcher in Judah:
Raͤcher! wie oft haſt du geraͤcht dein erkohrnes,
Leidendes Volk! wie zerſchmettert die Zerſtoͤrer!
Haſt ſie bluten gemacht! Die Blutgier
Lechzten, entrannen dir nie!
Glich nicht des Nils ſchreckendes Thier dem Aſſyrer?
Libanons Pracht, wie ſie aufſteigt zu beſchatten,
Hatte dieſer! Er ſtand von Laube
Dick, und ſein Wipfel empor!
Waſſer um ihn machten ihn groß! und an Strudeln
Hub er den Wuchs! um den Stamm her des erhobnen,
Rauſch-
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