Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite
Neunzehnter Gesang.
Portia, so ist der Weg zu dem Himmel, und ich bin der Engel,
Der dich führet!.. Jhr stürzet' oft die Zähre der Freude
Ueber die Wange. Sie war nicht Mutter; aber ein Knabe
Nach den ewigen Hütten, geleitete sie zu Christus.
Knabe, der Weg zu dem Himmel ist schön, und ich liebe den Engel,
Der mich führet... Jch liebe dich auch; doch lieb' ich noch mehr einst
Da dich, wo an dem Ende des Blumenweges uns andre
Cedern schatten, und Palmen, der Frühling ewig uns schimmert.
Nikodemus, und Joseph erreichten die Beyden, und hörten
Erst ihr Gespräch; dann grüßten sie sich mit dem Grusse des Friedens,
Christus Grusse, so oft er den Seinen sich offenbarte.
Und sie traten zu Magdale hin, und der Mutter des Mittlers.
Mirjam sahe die Heidinn, und Freude befiel, und Verwundrung
Sie, daß Christus schon itzt gen Himmel Portia rufe.
Und sie rührte die Harfe der neuen Jerusalem wieder.
Sohn des Vaters, noch mehrest du stets der Erben des Lebens
Deiner Seligen Schaar! Viel hast du heut dir versammelt,
Daß sie dein Antlitz sehn, den Gott vom Tode geweckt hat!
Fest wird sie auf den heiligen Bergen gegründet, gegründet
Hoch auf dem Gipfel, der über die Sterne raget, des neuen
Bundes Salem! Ja, eile nur vor, und verlier in die Zukunft
Dich, mein Blick. Wonn' ist es, zu sehen den Auferstandnen;
Aber Wonn' ists auch, hinunter zu schauen die Reihen
Jener Zeiten, in welchen die kleine Quelle, das Häuflein,
Heerschaar strömt! Du Herrlicher! wie begannest du: Einer
Schwachen Sterblichen, die um dich weint', erschienst du zuerst! dann
Deinen
J 5
Neunzehnter Geſang.
Portia, ſo iſt der Weg zu dem Himmel, und ich bin der Engel,
Der dich fuͤhret!.. Jhr ſtuͤrzet’ oft die Zaͤhre der Freude
Ueber die Wange. Sie war nicht Mutter; aber ein Knabe
Nach den ewigen Huͤtten, geleitete ſie zu Chriſtus.
Knabe, der Weg zu dem Himmel iſt ſchoͤn, und ich liebe den Engel,
Der mich fuͤhret… Jch liebe dich auch; doch lieb’ ich noch mehr einſt
Da dich, wo an dem Ende des Blumenweges uns andre
Cedern ſchatten, und Palmen, der Fruͤhling ewig uns ſchimmert.
Nikodemus, und Joſeph erreichten die Beyden, und hoͤrten
Erſt ihr Geſpraͤch; dann gruͤßten ſie ſich mit dem Gruſſe des Friedens,
Chriſtus Gruſſe, ſo oft er den Seinen ſich offenbarte.
Und ſie traten zu Magdale hin, und der Mutter des Mittlers.
Mirjam ſahe die Heidinn, und Freude befiel, und Verwundrung
Sie, daß Chriſtus ſchon itzt gen Himmel Portia rufe.
Und ſie ruͤhrte die Harfe der neuen Jeruſalem wieder.
Sohn des Vaters, noch mehreſt du ſtets der Erben des Lebens
Deiner Seligen Schaar! Viel haſt du heut dir verſammelt,
Daß ſie dein Antlitz ſehn, den Gott vom Tode geweckt hat!
Feſt wird ſie auf den heiligen Bergen gegruͤndet, gegruͤndet
Hoch auf dem Gipfel, der uͤber die Sterne raget, des neuen
Bundes Salem! Ja, eile nur vor, und verlier in die Zukunft
Dich, mein Blick. Wonn’ iſt es, zu ſehen den Auferſtandnen;
Aber Wonn’ iſts auch, hinunter zu ſchauen die Reihen
Jener Zeiten, in welchen die kleine Quelle, das Haͤuflein,
Heerſchaar ſtroͤmt! Du Herrlicher! wie beganneſt du: Einer
Schwachen Sterblichen, die um dich weint’, erſchienſt du zuerſt! dann
Deinen
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0137" n="173[137]"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neunzehnter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="46">
              <l>Portia, &#x017F;o i&#x017F;t der Weg zu dem Himmel, und ich bin der Engel,</l><lb/>
              <l>Der dich fu&#x0364;hret!.. Jhr &#x017F;tu&#x0364;rzet&#x2019; oft die Za&#x0364;hre der Freude</l><lb/>
              <l>Ueber die Wange. Sie war nicht Mutter; aber ein Knabe</l><lb/>
              <l>Nach den ewigen Hu&#x0364;tten, geleitete &#x017F;ie zu Chri&#x017F;tus.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="47">
              <l>Knabe, der Weg zu dem Himmel i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n, und ich liebe den Engel,</l><lb/>
              <l>Der mich fu&#x0364;hret&#x2026; Jch liebe dich auch; doch lieb&#x2019; ich noch mehr ein&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Da dich, wo an dem Ende des Blumenweges uns andre</l><lb/>
              <l>Cedern &#x017F;chatten, und Palmen, der Fru&#x0364;hling ewig uns &#x017F;chimmert.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="48">
              <l>Nikodemus, und Jo&#x017F;eph erreichten die Beyden, und ho&#x0364;rten</l><lb/>
              <l>Er&#x017F;t ihr Ge&#x017F;pra&#x0364;ch; dann gru&#x0364;ßten &#x017F;ie &#x017F;ich mit dem Gru&#x017F;&#x017F;e des Friedens,</l><lb/>
              <l>Chri&#x017F;tus Gru&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o oft er den Seinen &#x017F;ich offenbarte.</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie traten zu Magdale hin, und der Mutter des Mittlers.</l><lb/>
              <l>Mirjam &#x017F;ahe die Heidinn, und Freude befiel, und Verwundrung</l><lb/>
              <l>Sie, daß Chri&#x017F;tus &#x017F;chon itzt gen Himmel Portia rufe.</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie ru&#x0364;hrte die Harfe der neuen Jeru&#x017F;alem wieder.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="49">
              <l>Sohn des Vaters, noch mehre&#x017F;t du &#x017F;tets der Erben des Lebens</l><lb/>
              <l>Deiner Seligen Schaar! Viel ha&#x017F;t du heut dir ver&#x017F;ammelt,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie dein Antlitz &#x017F;ehn, den Gott vom Tode geweckt hat!</l><lb/>
              <l>Fe&#x017F;t wird &#x017F;ie auf den heiligen Bergen gegru&#x0364;ndet, gegru&#x0364;ndet</l><lb/>
              <l>Hoch auf dem Gipfel, der u&#x0364;ber die Sterne raget, des neuen</l><lb/>
              <l>Bundes Salem! Ja, eile nur vor, und verlier in die Zukunft</l><lb/>
              <l>Dich, mein Blick. Wonn&#x2019; i&#x017F;t es, zu &#x017F;ehen den Aufer&#x017F;tandnen;</l><lb/>
              <l>Aber Wonn&#x2019; i&#x017F;ts auch, hinunter zu &#x017F;chauen die Reihen</l><lb/>
              <l>Jener Zeiten, in welchen die kleine Quelle, das Ha&#x0364;uflein,</l><lb/>
              <l>Heer&#x017F;chaar &#x017F;tro&#x0364;mt! Du Herrlicher! wie beganne&#x017F;t du: Einer</l><lb/>
              <l>Schwachen Sterblichen, die um dich weint&#x2019;, er&#x017F;chien&#x017F;t du zuer&#x017F;t! dann</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">J 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Deinen</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173[137]/0137] Neunzehnter Geſang. Portia, ſo iſt der Weg zu dem Himmel, und ich bin der Engel, Der dich fuͤhret!.. Jhr ſtuͤrzet’ oft die Zaͤhre der Freude Ueber die Wange. Sie war nicht Mutter; aber ein Knabe Nach den ewigen Huͤtten, geleitete ſie zu Chriſtus. Knabe, der Weg zu dem Himmel iſt ſchoͤn, und ich liebe den Engel, Der mich fuͤhret… Jch liebe dich auch; doch lieb’ ich noch mehr einſt Da dich, wo an dem Ende des Blumenweges uns andre Cedern ſchatten, und Palmen, der Fruͤhling ewig uns ſchimmert. Nikodemus, und Joſeph erreichten die Beyden, und hoͤrten Erſt ihr Geſpraͤch; dann gruͤßten ſie ſich mit dem Gruſſe des Friedens, Chriſtus Gruſſe, ſo oft er den Seinen ſich offenbarte. Und ſie traten zu Magdale hin, und der Mutter des Mittlers. Mirjam ſahe die Heidinn, und Freude befiel, und Verwundrung Sie, daß Chriſtus ſchon itzt gen Himmel Portia rufe. Und ſie ruͤhrte die Harfe der neuen Jeruſalem wieder. Sohn des Vaters, noch mehreſt du ſtets der Erben des Lebens Deiner Seligen Schaar! Viel haſt du heut dir verſammelt, Daß ſie dein Antlitz ſehn, den Gott vom Tode geweckt hat! Feſt wird ſie auf den heiligen Bergen gegruͤndet, gegruͤndet Hoch auf dem Gipfel, der uͤber die Sterne raget, des neuen Bundes Salem! Ja, eile nur vor, und verlier in die Zukunft Dich, mein Blick. Wonn’ iſt es, zu ſehen den Auferſtandnen; Aber Wonn’ iſts auch, hinunter zu ſchauen die Reihen Jener Zeiten, in welchen die kleine Quelle, das Haͤuflein, Heerſchaar ſtroͤmt! Du Herrlicher! wie beganneſt du: Einer Schwachen Sterblichen, die um dich weint’, erſchienſt du zuerſt! dann Deinen J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/137
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 173[137]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/137>, abgerufen am 03.05.2024.