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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Der Messias.
Preis und Ehre dem Todtenerwecker! dem göttlichen Geber
Dieses jauchzenden ewigen Lebens, das jetzt aus den Gräbern
Aufblüht! Freue deiner Bewohner, die kommen sollen,
Himmel, dich! Es wehen, es wehen mit leisem Lispel
Diese frühen Halme, dem Rauschen der großen Erndte,
Sieh, es singet ihr Lied dem Rufen der Erndter: Jhr Todten,
Kommt! dem Posaunenhall: Gieb, Meer, sie wieder, und Erde!
Ach dem Jubelgeschrey des letzten Tages entgegen!
Jsrael wandte von ihnen sein Auge nach Golgatha's Grabe:
Laut in allen Himmeln mit allen ewigen Chören
Will ich danken, wenn du aus deinem Grabe dich aufschwingst,
Wenn der Geliebte den Liebenden schaut auf der Herrlichkeit Throne,
Jn dem Glanze, der dein vom Anbeginne der Welt war!
Seyd ihr, Engel, was ich bin? Jhr seyds nicht! Jhr starbt nicht, wie ich starb
Glaubend an ihn! der Auferstehung mächtige Freuden
Fühltet ihr nicht! Er ist, wie Menschen sterben, gestorben;
Und wie Menschen, wird er in das neue Leben heraufgehn!
Selig, betet ihr an! Wir beten, selig mit euch, an;
Aber wir lieben des Ewigen und der Sterblichen Sohn mehr!
Ach, wo sind, die mit mir in dem ersten Leben ihn liebten?
Zwar nur fern und dunkel ihn sahn den Retter der Menschen,
Aber in seiner Göttlichkeit doch! ... Er wendet vom Himmel
Nach der Erde sein Aug', und erblickt, und umarmt die Geliebten,
Joseph, und Rahel noch nicht. Bey dem Grabe der Mutter Benoni
War ihr Engel. Sie stand an dem Hange des offenen Felsen,
Auf der Höhe der Engel. Mit Blicken der innigsten Freundschaft,
Sah
Der Meſſias.
Preis und Ehre dem Todtenerwecker! dem goͤttlichen Geber
Dieſes jauchzenden ewigen Lebens, das jetzt aus den Graͤbern
Aufbluͤht! Freue deiner Bewohner, die kommen ſollen,
Himmel, dich! Es wehen, es wehen mit leiſem Liſpel
Dieſe fruͤhen Halme, dem Rauſchen der großen Erndte,
Sieh, es ſinget ihr Lied dem Rufen der Erndter: Jhr Todten,
Kommt! dem Poſaunenhall: Gieb, Meer, ſie wieder, und Erde!
Ach dem Jubelgeſchrey des letzten Tages entgegen!
Jſrael wandte von ihnen ſein Auge nach Golgatha’s Grabe:
Laut in allen Himmeln mit allen ewigen Choͤren
Will ich danken, wenn du aus deinem Grabe dich aufſchwingſt,
Wenn der Geliebte den Liebenden ſchaut auf der Herrlichkeit Throne,
Jn dem Glanze, der dein vom Anbeginne der Welt war!
Seyd ihr, Engel, was ich bin? Jhr ſeyds nicht! Jhr ſtarbt nicht, wie ich ſtarb
Glaubend an ihn! der Auferſtehung maͤchtige Freuden
Fuͤhltet ihr nicht! Er iſt, wie Menſchen ſterben, geſtorben;
Und wie Menſchen, wird er in das neue Leben heraufgehn!
Selig, betet ihr an! Wir beten, ſelig mit euch, an;
Aber wir lieben des Ewigen und der Sterblichen Sohn mehr!
Ach, wo ſind, die mit mir in dem erſten Leben ihn liebten?
Zwar nur fern und dunkel ihn ſahn den Retter der Menſchen,
Aber in ſeiner Goͤttlichkeit doch! … Er wendet vom Himmel
Nach der Erde ſein Aug’, und erblickt, und umarmt die Geliebten,
Joſeph, und Rahel noch nicht. Bey dem Grabe der Mutter Benoni
War ihr Engel. Sie ſtand an dem Hange des offenen Felſen,
Auf der Hoͤhe der Engel. Mit Blicken der innigſten Freundſchaft,
Sah
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[16/0032] Der Meſſias. Preis und Ehre dem Todtenerwecker! dem goͤttlichen Geber Dieſes jauchzenden ewigen Lebens, das jetzt aus den Graͤbern Aufbluͤht! Freue deiner Bewohner, die kommen ſollen, Himmel, dich! Es wehen, es wehen mit leiſem Liſpel Dieſe fruͤhen Halme, dem Rauſchen der großen Erndte, Sieh, es ſinget ihr Lied dem Rufen der Erndter: Jhr Todten, Kommt! dem Poſaunenhall: Gieb, Meer, ſie wieder, und Erde! Ach dem Jubelgeſchrey des letzten Tages entgegen! Jſrael wandte von ihnen ſein Auge nach Golgatha’s Grabe: Laut in allen Himmeln mit allen ewigen Choͤren Will ich danken, wenn du aus deinem Grabe dich aufſchwingſt, Wenn der Geliebte den Liebenden ſchaut auf der Herrlichkeit Throne, Jn dem Glanze, der dein vom Anbeginne der Welt war! Seyd ihr, Engel, was ich bin? Jhr ſeyds nicht! Jhr ſtarbt nicht, wie ich ſtarb Glaubend an ihn! der Auferſtehung maͤchtige Freuden Fuͤhltet ihr nicht! Er iſt, wie Menſchen ſterben, geſtorben; Und wie Menſchen, wird er in das neue Leben heraufgehn! Selig, betet ihr an! Wir beten, ſelig mit euch, an; Aber wir lieben des Ewigen und der Sterblichen Sohn mehr! Ach, wo ſind, die mit mir in dem erſten Leben ihn liebten? Zwar nur fern und dunkel ihn ſahn den Retter der Menſchen, Aber in ſeiner Goͤttlichkeit doch! … Er wendet vom Himmel Nach der Erde ſein Aug’, und erblickt, und umarmt die Geliebten, Joſeph, und Rahel noch nicht. Bey dem Grabe der Mutter Benoni War ihr Engel. Sie ſtand an dem Hange des offenen Felſen, Auf der Hoͤhe der Engel. Mit Blicken der innigſten Freundſchaft, Sah

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/32>, abgerufen am 28.03.2024.