[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Nun, E 5
Nun, E 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="18"> <l> <pb facs="#f0099" n="73"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Achter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Ewige Wonne! die ganz die Begier des Unſterblichen ausfuͤllt!</l><lb/> <l>O der groſſe, der tiefe, der himmelvolle Gedanke,</l><lb/> <l>Dein Gedanke, Jehova: Du ſchufſt! da ſchufſt du auch Adam!</l><lb/> <l>Adam aus Staube, damit er der Vater des Ewigen wuͤrde!</l><lb/> <l>Steh hier ſtill, unſterbliche Seele! durchſchau die Tiefe,</l><lb/> <l>Dieſe weite Tiefe der Wonne! … Was ſind es, ihr Himmel!</l><lb/> <l>Was fuͤr Augenblicke, die izt die Unſterblichen leben!</l><lb/> <l>Jeder iſt goͤttlich, und ieder, er traͤgt auf dem eilenden Fluͤgel</l><lb/> <l>Ewigkeiten der Ruh! und die wird Adam durchleben!</l><lb/> <l>Nun iſt dieſer nicht mehr! nun dieſer! Erhabnere kommen</l><lb/> <l>Jmmer naͤher, noch naͤher! O eure Stimmen, ihr Himmel!</l><lb/> <l>Gebt mir eure Stimmen, daß ichs durch die Schoͤpfungen alle</l><lb/> <l>Laut ausrufe: Das Opfer, es ſteht am Schatten des Todes!</l><lb/> <l>Mache dich auf, erhebe dein Haupt, komm, ſtehe vom Staub auf,</l><lb/> <l>Menſchengeſchlecht, und ſchmuͤcke dich ſchoͤn mit betenden Thraͤnen!</l><lb/> <l>Denn der Allerheiligſte ſteht am geoͤfneten Grabe.</l><lb/> <l>Meine Kinder! ach, meine Kinder, ihr ſeyd die Geliebten!</l><lb/> <l>Euch verſoͤnt er! O, kommt zu dem Sterbenden, Kinder von Adam!</l><lb/> <l>Wer im Palaſte mit Golde bedekt wohnt, lege die Krone</l><lb/> <l>Nieder, und kommt! Jhr, die ſich mit Huͤtten von Erde beſchatten,</l><lb/> <l>Laßt die niedrigen Huͤtten, und kommt! Ach, aber ſie hoͤren</l><lb/> <l>Meine Stimme, die Stimme des Liebenden nicht. Jhr Verweſten,</l><lb/> <l>Welche die Graͤber und das Gericht mit Tode bedecken,</l><lb/> <l>Hoͤrt ſie auch nicht! … Du biſt, der du dich opferſt, auf ewig</l><lb/> <l>Biſt du Erbarmer! … Vollender! du gnadenvoller Erdulder!</l><lb/> <l>Siehe, du wirſt es vollenden! Und nun … (Unausſprechliche Wehmut</l><lb/> <l>Ueberfaͤllt mich, und dringt in iede Tiefe der Seele!)<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Nun,</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0099]
Achter Geſang.
Ewige Wonne! die ganz die Begier des Unſterblichen ausfuͤllt!
O der groſſe, der tiefe, der himmelvolle Gedanke,
Dein Gedanke, Jehova: Du ſchufſt! da ſchufſt du auch Adam!
Adam aus Staube, damit er der Vater des Ewigen wuͤrde!
Steh hier ſtill, unſterbliche Seele! durchſchau die Tiefe,
Dieſe weite Tiefe der Wonne! … Was ſind es, ihr Himmel!
Was fuͤr Augenblicke, die izt die Unſterblichen leben!
Jeder iſt goͤttlich, und ieder, er traͤgt auf dem eilenden Fluͤgel
Ewigkeiten der Ruh! und die wird Adam durchleben!
Nun iſt dieſer nicht mehr! nun dieſer! Erhabnere kommen
Jmmer naͤher, noch naͤher! O eure Stimmen, ihr Himmel!
Gebt mir eure Stimmen, daß ichs durch die Schoͤpfungen alle
Laut ausrufe: Das Opfer, es ſteht am Schatten des Todes!
Mache dich auf, erhebe dein Haupt, komm, ſtehe vom Staub auf,
Menſchengeſchlecht, und ſchmuͤcke dich ſchoͤn mit betenden Thraͤnen!
Denn der Allerheiligſte ſteht am geoͤfneten Grabe.
Meine Kinder! ach, meine Kinder, ihr ſeyd die Geliebten!
Euch verſoͤnt er! O, kommt zu dem Sterbenden, Kinder von Adam!
Wer im Palaſte mit Golde bedekt wohnt, lege die Krone
Nieder, und kommt! Jhr, die ſich mit Huͤtten von Erde beſchatten,
Laßt die niedrigen Huͤtten, und kommt! Ach, aber ſie hoͤren
Meine Stimme, die Stimme des Liebenden nicht. Jhr Verweſten,
Welche die Graͤber und das Gericht mit Tode bedecken,
Hoͤrt ſie auch nicht! … Du biſt, der du dich opferſt, auf ewig
Biſt du Erbarmer! … Vollender! du gnadenvoller Erdulder!
Siehe, du wirſt es vollenden! Und nun … (Unausſprechliche Wehmut
Ueberfaͤllt mich, und dringt in iede Tiefe der Seele!)
Nun,
E 5
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