[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Aber der Richter der Welt ging in Herodes Palaste. Und izt führten sie ihn vor den Fürsten. So lassen gestrafte, Schwindelnde Denker vor sich die Vorsicht erscheinen, und geben Jhr Gedanken des Staubs, und richten die Vorsicht der Gottheit Aber die Ewige zeigt sie dem kommenden Donner. Herodes Staunte, da er ihn sah! So sehr sein Stolz sich empörte, Staunt' er doch! Die Hoheit, so viel unerschütterte Stille, Hatte der Fürst nicht erwartet. Er sah ihn lange, mit Einem Blick, an. Endlich bezwang der Stolz das Erstaunen, er sagte: Deine Wunder, Prophet! sie sind in die Länder erschollen, Und ich hörte davon. Doch des Rufes Stimme vergrössert, Oder verkleinert; und selten, daß er die Thaten erzählte, Wie sie waren. So zeig dann, Prophet! wofür ich die Wunder Halten
Aber der Richter der Welt ging in Herodes Palaſte. Und izt fuͤhrten ſie ihn vor den Fuͤrſten. So laſſen geſtrafte, Schwindelnde Denker vor ſich die Vorſicht erſcheinen, und geben Jhr Gedanken des Staubs, und richten die Vorſicht der Gottheit Aber die Ewige zeigt ſie dem kommenden Donner. Herodes Staunte, da er ihn ſah! So ſehr ſein Stolz ſich empoͤrte, Staunt’ er doch! Die Hoheit, ſo viel unerſchuͤtterte Stille, Hatte der Fuͤrſt nicht erwartet. Er ſah ihn lange, mit Einem Blick, an. Endlich bezwang der Stolz das Erſtaunen, er ſagte: Deine Wunder, Prophet! ſie ſind in die Laͤnder erſchollen, Und ich hoͤrte davon. Doch des Rufes Stimme vergroͤſſert, Oder verkleinert; und ſelten, daß er die Thaten erzaͤhlte, Wie ſie waren. So zeig dann, Prophet! wofuͤr ich die Wunder Halten
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="29"> <l> <pb facs="#f0074" n="50"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Petrus, er war zu beaͤngſtet ſich wieder zu nahen. Johannes</l><lb/> <l>Blieb auf einer entfernteren Anhoͤh, ſah den Meßias,</l><lb/> <l>Betete! … Mutter der Zebedaͤiden! (ſo ſagte Lebbaͤus</l><lb/> <l>Zu Maria, indem ſie ihr Antliz vor Wehmut verhuͤllte,)</l><lb/> <l>Du biſt eine gluͤckliche Mutter! O ſchau du gen Himmel,</l><lb/> <l>Schau, und laͤchle! Doch ſie, die den Wunderthaͤter, den Frommen,</l><lb/> <l>Die den Gerechten gebahr, die Mutter des goͤttlichen Sohnes,</l><lb/> <l>Sie! … Er legt ſich truͤbe vor mich, wohin ich mich wende,</l><lb/> <l>Ach ich fuͤhl ihn, ich fuͤhl ihn, den bangen Gedanken! verſteh dich,</l><lb/> <l>Mutter! empfinde dir nach, wie deine Seele vor Jammer</l><lb/> <l>Stumm wird! Erbarmt euch, ihr Todesengel, und leitet die Mutter,</l><lb/> <l>Daß ſie den Sohn im Tode nicht ſehe! ſo ſagte Lebbaͤus.</l> </lg><lb/> <lg n="30"> <l>Aber der Richter der Welt ging in Herodes Palaſte.</l><lb/> <l>Und izt fuͤhrten ſie ihn vor den Fuͤrſten. So laſſen geſtrafte,</l><lb/> <l>Schwindelnde Denker vor ſich die Vorſicht erſcheinen, und geben</l><lb/> <l>Jhr Gedanken des Staubs, und richten die Vorſicht der Gottheit</l><lb/> <l>Aber die Ewige zeigt ſie dem kommenden Donner. Herodes</l><lb/> <l>Staunte, da er ihn ſah! So ſehr ſein Stolz ſich empoͤrte,</l><lb/> <l>Staunt’ er doch! Die Hoheit, ſo viel unerſchuͤtterte Stille,</l><lb/> <l>Hatte der Fuͤrſt nicht erwartet. Er ſah ihn lange, mit Einem</l><lb/> <l>Blick, an. Endlich bezwang der Stolz das Erſtaunen, er ſagte:</l> </lg><lb/> <lg n="31"> <l>Deine Wunder, Prophet! ſie ſind in die Laͤnder erſchollen,</l><lb/> <l>Und ich hoͤrte davon. Doch des Rufes Stimme vergroͤſſert,</l><lb/> <l>Oder verkleinert; und ſelten, daß er die Thaten erzaͤhlte,</l><lb/> <l>Wie ſie waren. So zeig dann, Prophet! wofuͤr ich die Wunder<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Halten</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0074]
Der Meſſias.
Petrus, er war zu beaͤngſtet ſich wieder zu nahen. Johannes
Blieb auf einer entfernteren Anhoͤh, ſah den Meßias,
Betete! … Mutter der Zebedaͤiden! (ſo ſagte Lebbaͤus
Zu Maria, indem ſie ihr Antliz vor Wehmut verhuͤllte,)
Du biſt eine gluͤckliche Mutter! O ſchau du gen Himmel,
Schau, und laͤchle! Doch ſie, die den Wunderthaͤter, den Frommen,
Die den Gerechten gebahr, die Mutter des goͤttlichen Sohnes,
Sie! … Er legt ſich truͤbe vor mich, wohin ich mich wende,
Ach ich fuͤhl ihn, ich fuͤhl ihn, den bangen Gedanken! verſteh dich,
Mutter! empfinde dir nach, wie deine Seele vor Jammer
Stumm wird! Erbarmt euch, ihr Todesengel, und leitet die Mutter,
Daß ſie den Sohn im Tode nicht ſehe! ſo ſagte Lebbaͤus.
Aber der Richter der Welt ging in Herodes Palaſte.
Und izt fuͤhrten ſie ihn vor den Fuͤrſten. So laſſen geſtrafte,
Schwindelnde Denker vor ſich die Vorſicht erſcheinen, und geben
Jhr Gedanken des Staubs, und richten die Vorſicht der Gottheit
Aber die Ewige zeigt ſie dem kommenden Donner. Herodes
Staunte, da er ihn ſah! So ſehr ſein Stolz ſich empoͤrte,
Staunt’ er doch! Die Hoheit, ſo viel unerſchuͤtterte Stille,
Hatte der Fuͤrſt nicht erwartet. Er ſah ihn lange, mit Einem
Blick, an. Endlich bezwang der Stolz das Erſtaunen, er ſagte:
Deine Wunder, Prophet! ſie ſind in die Laͤnder erſchollen,
Und ich hoͤrte davon. Doch des Rufes Stimme vergroͤſſert,
Oder verkleinert; und ſelten, daß er die Thaten erzaͤhlte,
Wie ſie waren. So zeig dann, Prophet! wofuͤr ich die Wunder
Halten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |