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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.

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Der Messias.

Sprach der Meßias: Jch bins! des Sohnes Allmacht ergrif sie,
Und sie sanken betäubt, vor seiner Stimme, darnieder.
Judas sank mit ihnen. So liegen im Folde des Treffens
Todte, so wälzt sich unter den Todten der Grimmigsten einer,
Wenn, aus der stillern Mitte des Kriegs, der denkende Feldherr
Um sich herum, (der Richter gebots ihm!) Verderben versendet.
Aber izt war die Betäubung vorüber: izt hub der Verräther
Von der Erde sich auf. Nun war die schrecklichste Stunde
Seiner Erschaffung, und er ganz nah dem Gerichte, gekommen.
Ueber ihm rauschte mit nächtlichem Flügel der Engel des Todes.
Mit verborgnem Grimme, mit aufgeheiterter Mine,
Trat er zu dem Meßias, und küßt ihn! ... Jzt hätt' ers vollendet!
Und die schwärzste der Thaten entschlich, wie ein Schatten, zur Hölle.
Aber der Gottmensch sah dem Verräther mitleidig ins Antliz:

Juda! und du verräthst, durch einen Kuß, den Meßias?
Ach mein Freund, wärst du nicht gekommen! So sagte der Beste
Unter den Menschen, und gab sich der Schaar, sich binden zu lassen.
Petrus sah es. Den Kühneren wekte der Anblick, er riß sich
Durch die Jünger hervor, verwundet' im mutigen Angrif
Einen der Schaar. Der Menschenfreund heilt die Wunde des Mannes.
Schaut auf Petrum herüber, und sagt: Sey ruhig, mein Jünger.
Bät ich meinen Vater um Schutz; es würden vom Himmel
Mächtige Legionen erscheinen, dem Sohne zu dienen.
Aber wie würden alsdann der Propheten Worte vollendet?
Und zur Schaar, die ihn band: Jhr seyd gerüstet gekommen,
Mich zu fahen, als wär ich ein Mörder, der Wütenden Einer,
Die, dem Tode bestimmt, und, durch der Unmenschlichkeit Thaten,
Ueber

Der Meſſias.

Sprach der Meßias: Jch bins! des Sohnes Allmacht ergrif ſie,
Und ſie ſanken betaͤubt, vor ſeiner Stimme, darnieder.
Judas ſank mit ihnen. So liegen im Folde des Treffens
Todte, ſo waͤlzt ſich unter den Todten der Grimmigſten einer,
Wenn, aus der ſtillern Mitte des Kriegs, der denkende Feldherr
Um ſich herum, (der Richter gebots ihm!) Verderben verſendet.
Aber izt war die Betaͤubung voruͤber: izt hub der Verraͤther
Von der Erde ſich auf. Nun war die ſchrecklichſte Stunde
Seiner Erſchaffung, und er ganz nah dem Gerichte, gekommen.
Ueber ihm rauſchte mit naͤchtlichem Fluͤgel der Engel des Todes.
Mit verborgnem Grimme, mit aufgeheiterter Mine,
Trat er zu dem Meßias, und kuͤßt ihn! … Jzt haͤtt’ ers vollendet!
Und die ſchwaͤrzſte der Thaten entſchlich, wie ein Schatten, zur Hoͤlle.
Aber der Gottmenſch ſah dem Verraͤther mitleidig ins Antliz:

Juda! und du verraͤthſt, durch einen Kuß, den Meßias?
Ach mein Freund, waͤrſt du nicht gekommen! So ſagte der Beſte
Unter den Menſchen, und gab ſich der Schaar, ſich binden zu laſſen.
Petrus ſah es. Den Kuͤhneren wekte der Anblick, er riß ſich
Durch die Juͤnger hervor, verwundet’ im mutigen Angrif
Einen der Schaar. Der Menſchenfreund heilt die Wunde des Mannes.
Schaut auf Petrum heruͤber, und ſagt: Sey ruhig, mein Juͤnger.
Baͤt ich meinen Vater um Schutz; es wuͤrden vom Himmel
Maͤchtige Legionen erſcheinen, dem Sohne zu dienen.
Aber wie wuͤrden alsdann der Propheten Worte vollendet?
Und zur Schaar, die ihn band: Jhr ſeyd geruͤſtet gekommen,
Mich zu fahen, als waͤr ich ein Moͤrder, der Wuͤtenden Einer,
Die, dem Tode beſtimmt, und, durch der Unmenſchlichkeit Thaten,
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[6/0028] Der Meſſias. Sprach der Meßias: Jch bins! des Sohnes Allmacht ergrif ſie, Und ſie ſanken betaͤubt, vor ſeiner Stimme, darnieder. Judas ſank mit ihnen. So liegen im Folde des Treffens Todte, ſo waͤlzt ſich unter den Todten der Grimmigſten einer, Wenn, aus der ſtillern Mitte des Kriegs, der denkende Feldherr Um ſich herum, (der Richter gebots ihm!) Verderben verſendet. Aber izt war die Betaͤubung voruͤber: izt hub der Verraͤther Von der Erde ſich auf. Nun war die ſchrecklichſte Stunde Seiner Erſchaffung, und er ganz nah dem Gerichte, gekommen. Ueber ihm rauſchte mit naͤchtlichem Fluͤgel der Engel des Todes. Mit verborgnem Grimme, mit aufgeheiterter Mine, Trat er zu dem Meßias, und kuͤßt ihn! … Jzt haͤtt’ ers vollendet! Und die ſchwaͤrzſte der Thaten entſchlich, wie ein Schatten, zur Hoͤlle. Aber der Gottmenſch ſah dem Verraͤther mitleidig ins Antliz: Juda! und du verraͤthſt, durch einen Kuß, den Meßias? Ach mein Freund, waͤrſt du nicht gekommen! So ſagte der Beſte Unter den Menſchen, und gab ſich der Schaar, ſich binden zu laſſen. Petrus ſah es. Den Kuͤhneren wekte der Anblick, er riß ſich Durch die Juͤnger hervor, verwundet’ im mutigen Angrif Einen der Schaar. Der Menſchenfreund heilt die Wunde des Mannes. Schaut auf Petrum heruͤber, und ſagt: Sey ruhig, mein Juͤnger. Baͤt ich meinen Vater um Schutz; es wuͤrden vom Himmel Maͤchtige Legionen erſcheinen, dem Sohne zu dienen. Aber wie wuͤrden alsdann der Propheten Worte vollendet? Und zur Schaar, die ihn band: Jhr ſeyd geruͤſtet gekommen, Mich zu fahen, als waͤr ich ein Moͤrder, der Wuͤtenden Einer, Die, dem Tode beſtimmt, und, durch der Unmenſchlichkeit Thaten, Ueber

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756/28>, abgerufen am 24.11.2024.