[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Wie H
Wie H
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <l> <pb facs="#f0125" n="113"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Alsdann rufet, gleich Gottes Wettern, erhabner die Stimme</l><lb/> <l>Des vergoſſenen Bluts! Sie ruft, und ſteigt in den Himmel</l><lb/> <l>Zu des Ewigen Ohr. Der wird ſie hoͤren, und kommen,</l><lb/> <l>Und, im Gericht ohne Gnade, nach ſeinem Getoͤdteten fragen:</l><lb/> <l>Juda, Juda! wo iſt dein Meßias? Und, wenn er nicht da iſt,</l><lb/> <l>Wird er vom Aufgang herauf bis hin zum Niedergang toͤdten,</l><lb/> <l>Alle Maͤnner des Bluts, die ſeinen Heiligen wuͤrgten.</l><lb/> <l>Nikodemus trat ruͤckwaͤrts. Noch ſaß mit drohendem Auge</l><lb/> <l>Philo da, und erbebte vor Wut und grimmigen Zorne</l><lb/> <l>Jn ſich ſelber, und zwang ſich aus Stolz, den Zorn zu verbergen.</l><lb/> <l>Aber er zwang ſich umſonſt. Sein Auge ward dunkel, und Nacht lag</l><lb/> <l>Dicht um ihn her, und Finſterniß deckte vor ihm die Verſammlung.</l><lb/> <l>Jtzo muſt er entweder ohnmaͤchtig niederſinken:</l><lb/> <l>Oder ſein ſtarrendes Blut muſt auf einmal feuriger werden,</l><lb/> <l>Und ihn von neuem gewaltig beleben. Es hub ſich, und wurde</l><lb/> <l>Feuriger, und goß ſich vom hoch aufſchwellenden Herzen</l><lb/> <l>Jn die Minen empor. Die Minen verkuͤndigten Philo.</l><lb/> <l>Und er ſprang auf, und trat hoch aus ſeiner Reih, und ergrimmte.</l><lb/> <l>So, wenn ſich auf unerſtiegnen Gebirgen ein nahes Gewitter</l><lb/> <l>Furchtbar gelagert hat, reißet ſich eine der naͤchtlichſten Wolken</l><lb/> <l>Mit den meiſten Donnern bewaffnet, im Schoß das Verderben,</l><lb/> <l>Einſam hervor. Wenn andre den Wipfel der Ceder nur faſſen,</l><lb/> <l>Wird ſie von einem Olympus zum andern, dichtwaldichte Berge,</l><lb/> <l>Oder hochthuͤrmende Koͤnigsſtaͤdte, die meilenlang liegen,</l><lb/> <l>Tauſendfach donnernd, entzuͤnden und in Ruinen begraben.</l><lb/> <l>So riß ſich Philo hervor. Jhn ſahſt du, Satan, und ſagteſt</l><lb/> <l>Bey dir ſelber: o ſey mir zu deiner Rede geweihet!<lb/> <fw place="bottom" type="sig">H</fw><fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0125]
Vierter Geſang.
Alsdann rufet, gleich Gottes Wettern, erhabner die Stimme
Des vergoſſenen Bluts! Sie ruft, und ſteigt in den Himmel
Zu des Ewigen Ohr. Der wird ſie hoͤren, und kommen,
Und, im Gericht ohne Gnade, nach ſeinem Getoͤdteten fragen:
Juda, Juda! wo iſt dein Meßias? Und, wenn er nicht da iſt,
Wird er vom Aufgang herauf bis hin zum Niedergang toͤdten,
Alle Maͤnner des Bluts, die ſeinen Heiligen wuͤrgten.
Nikodemus trat ruͤckwaͤrts. Noch ſaß mit drohendem Auge
Philo da, und erbebte vor Wut und grimmigen Zorne
Jn ſich ſelber, und zwang ſich aus Stolz, den Zorn zu verbergen.
Aber er zwang ſich umſonſt. Sein Auge ward dunkel, und Nacht lag
Dicht um ihn her, und Finſterniß deckte vor ihm die Verſammlung.
Jtzo muſt er entweder ohnmaͤchtig niederſinken:
Oder ſein ſtarrendes Blut muſt auf einmal feuriger werden,
Und ihn von neuem gewaltig beleben. Es hub ſich, und wurde
Feuriger, und goß ſich vom hoch aufſchwellenden Herzen
Jn die Minen empor. Die Minen verkuͤndigten Philo.
Und er ſprang auf, und trat hoch aus ſeiner Reih, und ergrimmte.
So, wenn ſich auf unerſtiegnen Gebirgen ein nahes Gewitter
Furchtbar gelagert hat, reißet ſich eine der naͤchtlichſten Wolken
Mit den meiſten Donnern bewaffnet, im Schoß das Verderben,
Einſam hervor. Wenn andre den Wipfel der Ceder nur faſſen,
Wird ſie von einem Olympus zum andern, dichtwaldichte Berge,
Oder hochthuͤrmende Koͤnigsſtaͤdte, die meilenlang liegen,
Tauſendfach donnernd, entzuͤnden und in Ruinen begraben.
So riß ſich Philo hervor. Jhn ſahſt du, Satan, und ſagteſt
Bey dir ſelber: o ſey mir zu deiner Rede geweihet!
Wie
H
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |