[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Komm, du heilige Schaar, wir wollen uns unter einander Diesen noch übrigen Tag vor dem Abschiedskusse vergnügen! Komm, itzt stehet uns Saron noch offen, itzt thaut noch der Himmel Ueber uns, aus des Morgens Gewölk, in die Segensgefilde. Jtzt läßt die himmlische Ceder, von meinem Vater erzogen, Auf uns noch kühlende Schatten herab. Noch seh ich den Menschen Von
Komm, du heilige Schaar, wir wollen uns unter einander Dieſen noch uͤbrigen Tag vor dem Abſchiedskuſſe vergnuͤgen! Komm, itzt ſtehet uns Saron noch offen, itzt thaut noch der Himmel Ueber uns, aus des Morgens Gewoͤlk, in die Segensgefilde. Jtzt laͤßt die himmliſche Ceder, von meinem Vater erzogen, Auf uns noch kuͤhlende Schatten herab. Noch ſeh ich den Menſchen Von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="37"> <l> <pb facs="#f0110" n="98"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Und mit wildem Antlitz auf ihn triumphirend herunter.</l><lb/> <l>Alſo ſieht ein gefuͤrchteter Fels vom hohen Olympus</l><lb/> <l>Jn das gebirgigte Meer auf ſchwimmende Leichname nieder!</l><lb/> <l>Aber bald wird ihn der Donner faſſen; bald wird er zertruͤmmert</l><lb/> <l>Tief im Meer ein Thal ſeyn, und liegen; ihn werden die Jnſeln</l><lb/> <l>Fallen ſehn, und ringsum dem raͤchenden Donner zujauchzen.</l><lb/> <l>Satan verließ den Oelberg, und gieng mit erhabenen Schritten</l><lb/> <l>Ueber Jeruſalem hin, und ſucht in ſtillen Pallaͤſten</l><lb/> <l>Kaiphas auf, den Feind und Hohenprieſter der Gottheit,</l><lb/> <l>Ueber ſein boshaftes Herz noch viel boshaftre Gedanken</l><lb/> <l>Auszugießen, und ihn mit dunkeln Geſichten zu taͤuſchen.</l><lb/> <l>Judas Jſcharioth blieb noch, in irre Gedanken vertiefet,</l><lb/> <l>Auf dem Gebirge. Der Morgen gieng itzt der ſchlummernden Welt auf.</l><lb/> <l>Jeſus erwachte, Johannes mit ihm. Sie giengen zuſammen</l><lb/> <l>Auf den Oelberg, und fanden daſelbſt die Juͤnger noch ſchlafend.</l><lb/> <l>Jeſus ergriff den frommen Lebbaͤus bey ſinkenden Haͤnden,</l><lb/> <l>Und ſprach, als er erwachte, zu ihm: da bin ich, und lebe,</l><lb/> <l>Frommer Lebbaͤus! Der Juͤnger ſprang auf, umarmt ihn mit Thraͤnen,</l><lb/> <l>Lief, und weckte die uͤbrigen Juͤnger, und brachte ſie Jeſu.</l><lb/> <l>Als ſie ihn ringsum vertraulich umgaben, ſo ſprach er zu ihnen:</l> </lg><lb/> <lg n="38"> <l>Komm, du heilige Schaar, wir wollen uns unter einander</l><lb/> <l>Dieſen noch uͤbrigen Tag vor dem Abſchiedskuſſe vergnuͤgen!</l><lb/> <l>Komm, itzt ſtehet uns Saron noch offen, itzt thaut noch der Himmel</l><lb/> <l>Ueber uns, aus des Morgens Gewoͤlk, in die Segensgefilde.</l><lb/> <l>Jtzt laͤßt die himmliſche Ceder, von meinem Vater erzogen,</l><lb/> <l>Auf uns noch kuͤhlende Schatten herab. Noch ſeh ich den Menſchen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0110]
Der Meßias.
Und mit wildem Antlitz auf ihn triumphirend herunter.
Alſo ſieht ein gefuͤrchteter Fels vom hohen Olympus
Jn das gebirgigte Meer auf ſchwimmende Leichname nieder!
Aber bald wird ihn der Donner faſſen; bald wird er zertruͤmmert
Tief im Meer ein Thal ſeyn, und liegen; ihn werden die Jnſeln
Fallen ſehn, und ringsum dem raͤchenden Donner zujauchzen.
Satan verließ den Oelberg, und gieng mit erhabenen Schritten
Ueber Jeruſalem hin, und ſucht in ſtillen Pallaͤſten
Kaiphas auf, den Feind und Hohenprieſter der Gottheit,
Ueber ſein boshaftes Herz noch viel boshaftre Gedanken
Auszugießen, und ihn mit dunkeln Geſichten zu taͤuſchen.
Judas Jſcharioth blieb noch, in irre Gedanken vertiefet,
Auf dem Gebirge. Der Morgen gieng itzt der ſchlummernden Welt auf.
Jeſus erwachte, Johannes mit ihm. Sie giengen zuſammen
Auf den Oelberg, und fanden daſelbſt die Juͤnger noch ſchlafend.
Jeſus ergriff den frommen Lebbaͤus bey ſinkenden Haͤnden,
Und ſprach, als er erwachte, zu ihm: da bin ich, und lebe,
Frommer Lebbaͤus! Der Juͤnger ſprang auf, umarmt ihn mit Thraͤnen,
Lief, und weckte die uͤbrigen Juͤnger, und brachte ſie Jeſu.
Als ſie ihn ringsum vertraulich umgaben, ſo ſprach er zu ihnen:
Komm, du heilige Schaar, wir wollen uns unter einander
Dieſen noch uͤbrigen Tag vor dem Abſchiedskuſſe vergnuͤgen!
Komm, itzt ſtehet uns Saron noch offen, itzt thaut noch der Himmel
Ueber uns, aus des Morgens Gewoͤlk, in die Segensgefilde.
Jtzt laͤßt die himmliſche Ceder, von meinem Vater erzogen,
Auf uns noch kuͤhlende Schatten herab. Noch ſeh ich den Menſchen
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