Die Zunft der Weltweisen oder der Un- tersucher der ersten Ursachen, und der Sitten- lehre in ihrem ganzen Umfange. Sie sind Erfinder, wenn sie neue oder vorher schon wahrscheinliche Säze erweisen.
Die Zunft der Scholiasten. Sie haben in unsern Zeiten nicht mehr viel zu entdecken.
Die gemischte Zunft. Sie besteht aus deutschen Sprachlehrern, aus Theoristen der schönen Wissenschaften, aus Geographen, aus Heraldikern; aus solchen, die über vie- lerley Jnhalt kleine Schriften so schreiben, daß sie wegen Einer in keine andre Zunft, aber doch wegen aller zusammen in diese kön- nen aufgenommen werden, und aus Ueber- sezern der Alten, und solcher Neuern, welche die Vergleichung mit jenen aushalten. Die Uebersezer beschäftigen sich zwar eben sowol mit Werken der Darstellung als mit abhan- delnden; aber gleichwol sind sie nur hier zünf- tig. Die Sprachlehrer und Theoristen ha- ben, nach vorhergegangner grossen Säube- rung, noch vieles zu entdecken. Erfinder könten die lezten nur alsdann seyn, wenn es anginge aus der Natur der Seele notwen- dige Regeln des Schönen zu erweisen. Sie thun genung, wenn sie durch eigne und durch Andrer Erfahrung die Wirkungen bemerken,
welche
B
Die Zunft der Weltweiſen oder der Un- terſucher der erſten Urſachen, und der Sitten- lehre in ihrem ganzen Umfange. Sie ſind Erfinder, wenn ſie neue oder vorher ſchon wahrſcheinliche Saͤze erweiſen.
Die Zunft der Scholiaſten. Sie haben in unſern Zeiten nicht mehr viel zu entdecken.
Die gemiſchte Zunft. Sie beſteht aus deutſchen Sprachlehrern, aus Theoriſten der ſchoͤnen Wiſſenſchaften, aus Geographen, aus Heraldikern; aus ſolchen, die uͤber vie- lerley Jnhalt kleine Schriften ſo ſchreiben, daß ſie wegen Einer in keine andre Zunft, aber doch wegen aller zuſammen in dieſe koͤn- nen aufgenommen werden, und aus Ueber- ſezern der Alten, und ſolcher Neuern, welche die Vergleichung mit jenen aushalten. Die Ueberſezer beſchaͤftigen ſich zwar eben ſowol mit Werken der Darſtellung als mit abhan- delnden; aber gleichwol ſind ſie nur hier zuͤnf- tig. Die Sprachlehrer und Theoriſten ha- ben, nach vorhergegangner groſſen Saͤube- rung, noch vieles zu entdecken. Erfinder koͤnten die lezten nur alsdann ſeyn, wenn es anginge aus der Natur der Seele notwen- dige Regeln des Schoͤnen zu erweiſen. Sie thun genung, wenn ſie durch eigne und durch Andrer Erfahrung die Wirkungen bemerken,
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[17/0093]
Die Zunft der Weltweiſen oder der Un-
terſucher der erſten Urſachen, und der Sitten-
lehre in ihrem ganzen Umfange. Sie ſind
Erfinder, wenn ſie neue oder vorher ſchon
wahrſcheinliche Saͤze erweiſen.
Die Zunft der Scholiaſten. Sie haben
in unſern Zeiten nicht mehr viel zu entdecken.
Die gemiſchte Zunft. Sie beſteht aus
deutſchen Sprachlehrern, aus Theoriſten der
ſchoͤnen Wiſſenſchaften, aus Geographen,
aus Heraldikern; aus ſolchen, die uͤber vie-
lerley Jnhalt kleine Schriften ſo ſchreiben,
daß ſie wegen Einer in keine andre Zunft,
aber doch wegen aller zuſammen in dieſe koͤn-
nen aufgenommen werden, und aus Ueber-
ſezern der Alten, und ſolcher Neuern, welche
die Vergleichung mit jenen aushalten. Die
Ueberſezer beſchaͤftigen ſich zwar eben ſowol
mit Werken der Darſtellung als mit abhan-
delnden; aber gleichwol ſind ſie nur hier zuͤnf-
tig. Die Sprachlehrer und Theoriſten ha-
ben, nach vorhergegangner groſſen Saͤube-
rung, noch vieles zu entdecken. Erfinder
koͤnten die lezten nur alsdann ſeyn, wenn es
anginge aus der Natur der Seele notwen-
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thun genung, wenn ſie durch eigne und durch
Andrer Erfahrung die Wirkungen bemerken,
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/93>, abgerufen am 27.11.2024.
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