müssen sie sich, oft sehr unvermuthet, unter den Pöbel begeben.
Das Volk hat einen Rathfrager. Die- sen lassen die Aldermänner oder auch die Zünfte so oft zu Anfragen vor, als er es ver- langt. Er hat über dieses auch das Recht etwas öffentlich vorzutragen, so wie es die Anwalde der Zünfte haben, aber doch mit dem Unterschiede, daß er nur den Aldermän- nern; die Anwalde hingegen, ob es gleich gewönlich durch die Aldermänner geschieht, der Republik vortragen. Die Aldermänner können daher den Vortrag des Rathfragers abweisen.
Dieß schränkt zwar auf der einen Seite das Volk ziemlich ein; auf der andern Seite aber hat es, wie man gleich hören wird, auch Vorzüge, nicht nur vor jeder einzelnen Zunft, sondern sogar vor den Aldermännern.
Es hat lange gewährt, eh die Einrichtung der Republik in dieses Gleis gekommen ist. Unsre jungen Politiker pflegen noch sehr oft darüber in Streit zu gerathen, ob es so auch gut sey.
Wenn unter dem Volke die Mehrheit über zwey Drittheil geht; so macht sie bey der Stimmensamlung drey Stimmen aus: und zwey, wenn sie unter zwey Drittheilen
ist.
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muͤſſen ſie ſich, oft ſehr unvermuthet, unter den Poͤbel begeben.
Das Volk hat einen Rathfrager. Die- ſen laſſen die Aldermaͤnner oder auch die Zuͤnfte ſo oft zu Anfragen vor, als er es ver- langt. Er hat uͤber dieſes auch das Recht etwas oͤffentlich vorzutragen, ſo wie es die Anwalde der Zuͤnfte haben, aber doch mit dem Unterſchiede, daß er nur den Aldermaͤn- nern; die Anwalde hingegen, ob es gleich gewoͤnlich durch die Aldermaͤnner geſchieht, der Republik vortragen. Die Aldermaͤnner koͤnnen daher den Vortrag des Rathfragers abweiſen.
Dieß ſchraͤnkt zwar auf der einen Seite das Volk ziemlich ein; auf der andern Seite aber hat es, wie man gleich hoͤren wird, auch Vorzuͤge, nicht nur vor jeder einzelnen Zunft, ſondern ſogar vor den Aldermaͤnnern.
Es hat lange gewaͤhrt, eh die Einrichtung der Republik in dieſes Gleis gekommen iſt. Unſre jungen Politiker pflegen noch ſehr oft daruͤber in Streit zu gerathen, ob es ſo auch gut ſey.
Wenn unter dem Volke die Mehrheit uͤber zwey Drittheil geht; ſo macht ſie bey der Stimmenſamlung drey Stimmen aus: und zwey, wenn ſie unter zwey Drittheilen
iſt.
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muͤſſen ſie ſich, oft ſehr unvermuthet, unter den
Poͤbel begeben.
Das Volk hat einen Rathfrager. Die-
ſen laſſen die Aldermaͤnner oder auch die
Zuͤnfte ſo oft zu Anfragen vor, als er es ver-
langt. Er hat uͤber dieſes auch das Recht
etwas oͤffentlich vorzutragen, ſo wie es die
Anwalde der Zuͤnfte haben, aber doch mit
dem Unterſchiede, daß er nur den Aldermaͤn-
nern; die Anwalde hingegen, ob es gleich
gewoͤnlich durch die Aldermaͤnner geſchieht,
der Republik vortragen. Die Aldermaͤnner
koͤnnen daher den Vortrag des Rathfragers
abweiſen.
Dieß ſchraͤnkt zwar auf der einen Seite das
Volk ziemlich ein; auf der andern Seite aber
hat es, wie man gleich hoͤren wird, auch
Vorzuͤge, nicht nur vor jeder einzelnen Zunft,
ſondern ſogar vor den Aldermaͤnnern.
Es hat lange gewaͤhrt, eh die Einrichtung
der Republik in dieſes Gleis gekommen iſt.
Unſre jungen Politiker pflegen noch ſehr oft
daruͤber in Streit zu gerathen, ob es ſo auch
gut ſey.
Wenn unter dem Volke die Mehrheit uͤber
zwey Drittheil geht; ſo macht ſie bey der
Stimmenſamlung drey Stimmen aus: und
zwey, wenn ſie unter zwey Drittheilen
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/81>, abgerufen am 23.11.2024.
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