Die Republik besteht aus Aldermän- nern, Zünften, und Volke.
Wir müssen auch, weil dieses einmal nicht zu ändern ist, Pöbel unter uns dulden. Dieser hat sich fast auf jedem Landtage über seine Benennung beschwert. Man hat ihm zu seiner Beruhigung verschiedne andre Be- nennungen angeboten als: Das geringe Volk, der grosse Haufen, der gemeine Mann; aber er hat damit nie zufrieden seyn, sondern immer: Das grosse Volk heissen wollen. Die Jahrbücher sezen beständig: Pöbel.
Es thut nicht Noth ihn zu befchreiben. Er hat keine Stimme auf den Landtagen; aber ihm wird ein Schreyer zugelassen, der so oft man nach einer Stimmensamlung ausruht, seine Sache recht nach Herzens Lust, doch nur eine Viertelstunde lang, vorbringen darf. Er ist gehalten einen Kranz von Schel- len zu tragen. Nach geendetem Landtage wird er allezeit Landes verwiesen.
Von
A 2
Die Republik beſteht aus Aldermaͤn- nern, Zuͤnften, und Volke.
Wir muͤſſen auch, weil dieſes einmal nicht zu aͤndern iſt, Poͤbel unter uns dulden. Dieſer hat ſich faſt auf jedem Landtage uͤber ſeine Benennung beſchwert. Man hat ihm zu ſeiner Beruhigung verſchiedne andre Be- nennungen angeboten als: Das geringe Volk, der groſſe Haufen, der gemeine Mann; aber er hat damit nie zufrieden ſeyn, ſondern immer: Das groſſe Volk heiſſen wollen. Die Jahrbuͤcher ſezen beſtaͤndig: Poͤbel.
Es thut nicht Noth ihn zu befchreiben. Er hat keine Stimme auf den Landtagen; aber ihm wird ein Schreyer zugelaſſen, der ſo oft man nach einer Stimmenſamlung ausruht, ſeine Sache recht nach Herzens Luſt, doch nur eine Viertelſtunde lang, vorbringen darf. Er iſt gehalten einen Kranz von Schel- len zu tragen. Nach geendetem Landtage wird er allezeit Landes verwieſen.
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Die Republik beſteht aus Aldermaͤn-
nern, Zuͤnften, und Volke.
Wir muͤſſen auch, weil dieſes einmal nicht
zu aͤndern iſt, Poͤbel unter uns dulden.
Dieſer hat ſich faſt auf jedem Landtage uͤber
ſeine Benennung beſchwert. Man hat ihm
zu ſeiner Beruhigung verſchiedne andre Be-
nennungen angeboten als: Das geringe
Volk, der groſſe Haufen, der gemeine
Mann; aber er hat damit nie zufrieden ſeyn,
ſondern immer: Das groſſe Volk heiſſen
wollen. Die Jahrbuͤcher ſezen beſtaͤndig:
Poͤbel.
Es thut nicht Noth ihn zu befchreiben.
Er hat keine Stimme auf den Landtagen;
aber ihm wird ein Schreyer zugelaſſen, der
ſo oft man nach einer Stimmenſamlung
ausruht, ſeine Sache recht nach Herzens Luſt,
doch nur eine Viertelſtunde lang, vorbringen
darf. Er iſt gehalten einen Kranz von Schel-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/79>, abgerufen am 23.11.2024.
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