seine Schönheit, und durch seinen Schatten so oft Vergnügen gemacht, und der nun diesen Frühling nicht wieder geblühet hatte. Jndem bey dem Weg- nehmen des Baumes unter seinen Zweigen das Moos hier und da von dem Felsen losging, so wurden sie in diesem alte Schrift gewahr, die sie desto auf- merksamer machte, je mehr sie davon entdekten. Sie sahen bald etliche Worte, die sie für deutsche hielten. Einer unter ihnen behauptete dieß mit noch mehr Zuversicht, als die übrigen, weil er mit dem alten Deutschen, wofür er die Schrift erklärte, nicht un- bekant war. Ein andrer rief Freunde herzu, von denen er glaubte, daß sie über die Sache noch ent- scheidender urtheilen könten. Es währte gar nicht lange, so war eine nicht kleine Anzahl bey einander, die belehrten, lernten, und widersprachen. Jezo kam auch derjenige, der unsre alte Sprache genau wuste, und der zulezt die andern Ausleger überzeugt hat, daß sie seiner Beyhülfe bedürften, um zur völ- ligen Gewisheit zu kommen. Damals war das Moos hier und da noch nicht genung weg; aber man be- merkte dieß nicht, und glaubte schon alles zu lesen; und es fehlte nicht viel, daß man nicht auch alles zu verstehn glaubte. Hier folgt das, was man da- mals las, und beynah ohne überbleibende Zweifel erklärte. Denn der erwähnte Sprachkenner konte bey der Hize, in der man war, mit seiner Bemer- kung, daß hier und da noch ein wenig Moos vor- handen wäre, kein Gehör finden. Man las:
Ena furi alliu di alliu furi end. So wher s birit fra themo farborgenode endi is libbia sagit efto sin- git then aldon frankonon hesare ist elline endi skal obarreckeanne helithos litheodono imo burit blado fram them he[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ag Ek joh thaz her sittea in samninge
undar
C c 4
ſeine Schoͤnheit, und durch ſeinen Schatten ſo oft Vergnuͤgen gemacht, und der nun dieſen Fruͤhling nicht wieder gebluͤhet hatte. Jndem bey dem Weg- nehmen des Baumes unter ſeinen Zweigen das Moos hier und da von dem Felſen losging, ſo wurden ſie in dieſem alte Schrift gewahr, die ſie deſto auf- merkſamer machte, je mehr ſie davon entdekten. Sie ſahen bald etliche Worte, die ſie fuͤr deutſche hielten. Einer unter ihnen behauptete dieß mit noch mehr Zuverſicht, als die uͤbrigen, weil er mit dem alten Deutſchen, wofuͤr er die Schrift erklaͤrte, nicht un- bekant war. Ein andrer rief Freunde herzu, von denen er glaubte, daß ſie uͤber die Sache noch ent- ſcheidender urtheilen koͤnten. Es waͤhrte gar nicht lange, ſo war eine nicht kleine Anzahl bey einander, die belehrten, lernten, und widerſprachen. Jezo kam auch derjenige, der unſre alte Sprache genau wuſte, und der zulezt die andern Ausleger uͤberzeugt hat, daß ſie ſeiner Beyhuͤlfe beduͤrften, um zur voͤl- ligen Gewisheit zu kommen. Damals war das Moos hier und da noch nicht genung weg; aber man be- merkte dieß nicht, und glaubte ſchon alles zu leſen; und es fehlte nicht viel, daß man nicht auch alles zu verſtehn glaubte. Hier folgt das, was man da- mals las, und beynah ohne uͤberbleibende Zweifel erklaͤrte. Denn der erwaͤhnte Sprachkenner konte bey der Hize, in der man war, mit ſeiner Bemer- kung, daß hier und da noch ein wenig Moos vor- handen waͤre, kein Gehoͤr finden. Man las:
Ena furi alliu di alliu furi end. So wher s birit fra themo farborgenode endi is libbia ſagit efto ſin- git then aldon frankonon heſare iſt elline endi ſkal obarreckeanne helithos litheodono imo burit blado fram them he[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ag Ek joh thaz her ſittea in ſamninge
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ſeine Schoͤnheit, und durch ſeinen Schatten ſo oft
Vergnuͤgen gemacht, und der nun dieſen Fruͤhling
nicht wieder gebluͤhet hatte. Jndem bey dem Weg-
nehmen des Baumes unter ſeinen Zweigen das Moos
hier und da von dem Felſen losging, ſo wurden ſie
in dieſem alte Schrift gewahr, die ſie deſto auf-
merkſamer machte, je mehr ſie davon entdekten. Sie
ſahen bald etliche Worte, die ſie fuͤr deutſche hielten.
Einer unter ihnen behauptete dieß mit noch mehr
Zuverſicht, als die uͤbrigen, weil er mit dem alten
Deutſchen, wofuͤr er die Schrift erklaͤrte, nicht un-
bekant war. Ein andrer rief Freunde herzu, von
denen er glaubte, daß ſie uͤber die Sache noch ent-
ſcheidender urtheilen koͤnten. Es waͤhrte gar nicht
lange, ſo war eine nicht kleine Anzahl bey einander,
die belehrten, lernten, und widerſprachen. Jezo
kam auch derjenige, der unſre alte Sprache genau
wuſte, und der zulezt die andern Ausleger uͤberzeugt
hat, daß ſie ſeiner Beyhuͤlfe beduͤrften, um zur voͤl-
ligen Gewisheit zu kommen. Damals war das Moos
hier und da noch nicht genung weg; aber man be-
merkte dieß nicht, und glaubte ſchon alles zu leſen;
und es fehlte nicht viel, daß man nicht auch alles
zu verſtehn glaubte. Hier folgt das, was man da-
mals las, und beynah ohne uͤberbleibende Zweifel
erklaͤrte. Denn der erwaͤhnte Sprachkenner konte
bey der Hize, in der man war, mit ſeiner Bemer-
kung, daß hier und da noch ein wenig Moos vor-
handen waͤre, kein Gehoͤr finden. Man las:
Ena furi alliu di alliu furi end. So wher s birit
fra themo farborgenode endi is libbia ſagit efto ſin-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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