als dieses übrig. Einer von ihnen redete zwar viel von seiner Verwunderung, daß die Göt- tinger Academie nicht auch angeklagt würde; aber er muste bald davon abstehn. Denn die Aldermänner erklärten ihm, daß sie keine Re- chenschaft darüber zu geben hätten, wen sie anklagten, und wen sie nicht anklagten. Andre machten ihm deutlich, daß man sich heute ge- wiß nicht in Schwierigkeiten verwickeln würde. Und dazu würde man doch gezwungen seyn, wenn man die Sache der Göttinger Academi- sten auch untersuchen wolte. Denn sie hätten nicht nur in der lateinischen Sprache, sondern auch in unsrer geschrieben. Uebrigens wäre der jezige Aufschub dieser Untersuchung kein Beweis, daß sie diesen Landtag nicht noch vor sich gehen könte.
Die Angeklagten hätten nicht einmal so ru: hig scheinen können, als sie noch schienen; wenn sie ihren Entschluß auf den Fall, der sich jezt zutrug, nicht schon hätten gefast gehabt. Aber ihre scheinbare Ruhe war nicht ohne Ver- druß, und auch nicht ohne Kummer. Denn einige liebten ihr Vaterland gleichwol doch ein wenig. Die Stimmensamlung ging deswegen etwas langsam vor sich, weil viele Zünfte wäh- rend derselben beständig an einander schikten. Dieß vermehrte die Unruh bey Erwartung
des
als dieſes uͤbrig. Einer von ihnen redete zwar viel von ſeiner Verwunderung, daß die Goͤt- tinger Academie nicht auch angeklagt wuͤrde; aber er muſte bald davon abſtehn. Denn die Aldermaͤnner erklaͤrten ihm, daß ſie keine Re- chenſchaft daruͤber zu geben haͤtten, wen ſie anklagten, und wen ſie nicht anklagten. Andre machten ihm deutlich, daß man ſich heute ge- wiß nicht in Schwierigkeiten verwickeln wuͤrde. Und dazu wuͤrde man doch gezwungen ſeyn, wenn man die Sache der Goͤttinger Academi- ſten auch unterſuchen wolte. Denn ſie haͤtten nicht nur in der lateiniſchen Sprache, ſondern auch in unſrer geſchrieben. Uebrigens waͤre der jezige Aufſchub dieſer Unterſuchung kein Beweis, daß ſie dieſen Landtag nicht noch vor ſich gehen koͤnte.
Die Angeklagten haͤtten nicht einmal ſo ru: hig ſcheinen koͤnnen, als ſie noch ſchienen; wenn ſie ihren Entſchluß auf den Fall, der ſich jezt zutrug, nicht ſchon haͤtten gefaſt gehabt. Aber ihre ſcheinbare Ruhe war nicht ohne Ver- druß, und auch nicht ohne Kummer. Denn einige liebten ihr Vaterland gleichwol doch ein wenig. Die Stimmenſamlung ging deswegen etwas langſam vor ſich, weil viele Zuͤnfte waͤh- rend derſelben beſtaͤndig an einander ſchikten. Dieß vermehrte die Unruh bey Erwartung
des
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als dieſes uͤbrig. Einer von ihnen redete zwar
viel von ſeiner Verwunderung, daß die Goͤt-
tinger Academie nicht auch angeklagt wuͤrde;
aber er muſte bald davon abſtehn. Denn die
Aldermaͤnner erklaͤrten ihm, daß ſie keine Re-
chenſchaft daruͤber zu geben haͤtten, wen ſie
anklagten, und wen ſie nicht anklagten. Andre
machten ihm deutlich, daß man ſich heute ge-
wiß nicht in Schwierigkeiten verwickeln wuͤrde.
Und dazu wuͤrde man doch gezwungen ſeyn,
wenn man die Sache der Goͤttinger Academi-
ſten auch unterſuchen wolte. Denn ſie haͤtten
nicht nur in der lateiniſchen Sprache, ſondern
auch in unſrer geſchrieben. Uebrigens waͤre
der jezige Aufſchub dieſer Unterſuchung kein
Beweis, daß ſie dieſen Landtag nicht noch vor
ſich gehen koͤnte.
Die Angeklagten haͤtten nicht einmal ſo ru:
hig ſcheinen koͤnnen, als ſie noch ſchienen;
wenn ſie ihren Entſchluß auf den Fall, der ſich
jezt zutrug, nicht ſchon haͤtten gefaſt gehabt.
Aber ihre ſcheinbare Ruhe war nicht ohne Ver-
druß, und auch nicht ohne Kummer. Denn
einige liebten ihr Vaterland gleichwol doch ein
wenig. Die Stimmenſamlung ging deswegen
etwas langſam vor ſich, weil viele Zuͤnfte waͤh-
rend derſelben beſtaͤndig an einander ſchikten.
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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