scheinen möchte. Denn die meisten deutschen Fürsten, besonders die kleineren sinnen nacht- nächtlich darauf (denn den Tag über sind sie auf der Jagd, oder lassen ihre Heere Kriegs- übungen machen) sie sinnen, sagen wir, nacht- nächtlich, und so sehr darauf, ihre Einkünfte zu vermehren, daß jeder Vorschlag, der hierzu Mittel an die Hand giebt, bey ihnen leicht Gehör findet. Wenn also ein deutscher Gelehrter, wir sagen nicht das Ohr, sondern nur den Ohrzipfel eines solchen Fürsten hat; so kann er es bald dahin bringen, daß sein Vor- schlag ins Werk gerichtet werde. Und daran wird doch wol Niemand zweifeln, daß dieje- nige Stadt, wo man in eine Freygeisterkirche wird gehn können, gar sehr an neuen Bewo- nern zunehmen, und so viele oft wiederkom- mende Fremde, deutsche und ausländische, be- herbergen werde, daß der Besizer dieser Stadt die Auflagen um ein Erklekliches wird steigern können. Die Sache kann also von Seiten der Fürsten keine Schwierigkeit haben. Es wird daher nur darauf ankommen, daß sich ein gutgesinter deutscher Gelehrter finde, der für das wahre Wohl seiner Mitbrüder, der Frey- geister, die kleine Sorge übernehme, mit dem Vorschlage zu obenerwähntem Kirchenbaue, seine Aufwartung an einem Hofe zu machen.
Jezo
ſcheinen moͤchte. Denn die meiſten deutſchen Fuͤrſten, beſonders die kleineren ſinnen nacht- naͤchtlich darauf (denn den Tag uͤber ſind ſie auf der Jagd, oder laſſen ihre Heere Kriegs- uͤbungen machen) ſie ſinnen, ſagen wir, nacht- naͤchtlich, und ſo ſehr darauf, ihre Einkuͤnfte zu vermehren, daß jeder Vorſchlag, der hierzu Mittel an die Hand giebt, bey ihnen leicht Gehoͤr findet. Wenn alſo ein deutſcher Gelehrter, wir ſagen nicht das Ohr, ſondern nur den Ohrzipfel eines ſolchen Fuͤrſten hat; ſo kann er es bald dahin bringen, daß ſein Vor- ſchlag ins Werk gerichtet werde. Und daran wird doch wol Niemand zweifeln, daß dieje- nige Stadt, wo man in eine Freygeiſterkirche wird gehn koͤnnen, gar ſehr an neuen Bewo- nern zunehmen, und ſo viele oft wiederkom- mende Fremde, deutſche und auslaͤndiſche, be- herbergen werde, daß der Beſizer dieſer Stadt die Auflagen um ein Erklekliches wird ſteigern koͤnnen. Die Sache kann alſo von Seiten der Fuͤrſten keine Schwierigkeit haben. Es wird daher nur darauf ankommen, daß ſich ein gutgeſinter deutſcher Gelehrter finde, der fuͤr das wahre Wohl ſeiner Mitbruͤder, der Frey- geiſter, die kleine Sorge uͤbernehme, mit dem Vorſchlage zu obenerwaͤhntem Kirchenbaue, ſeine Aufwartung an einem Hofe zu machen.
Jezo
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ſcheinen moͤchte. Denn die meiſten deutſchen
Fuͤrſten, beſonders die kleineren ſinnen nacht-
naͤchtlich darauf (denn den Tag uͤber ſind ſie
auf der Jagd, oder laſſen ihre Heere Kriegs-
uͤbungen machen) ſie ſinnen, ſagen wir, nacht-
naͤchtlich, und ſo ſehr darauf, ihre Einkuͤnfte
zu vermehren, daß jeder Vorſchlag, der
hierzu Mittel an die Hand giebt, bey ihnen
leicht Gehoͤr findet. Wenn alſo ein deutſcher
Gelehrter, wir ſagen nicht das Ohr, ſondern
nur den Ohrzipfel eines ſolchen Fuͤrſten hat;
ſo kann er es bald dahin bringen, daß ſein Vor-
ſchlag ins Werk gerichtet werde. Und daran
wird doch wol Niemand zweifeln, daß dieje-
nige Stadt, wo man in eine Freygeiſterkirche
wird gehn koͤnnen, gar ſehr an neuen Bewo-
nern zunehmen, und ſo viele oft wiederkom-
mende Fremde, deutſche und auslaͤndiſche, be-
herbergen werde, daß der Beſizer dieſer Stadt
die Auflagen um ein Erklekliches wird ſteigern
koͤnnen. Die Sache kann alſo von Seiten
der Fuͤrſten keine Schwierigkeit haben. Es
wird daher nur darauf ankommen, daß ſich ein
gutgeſinter deutſcher Gelehrter finde, der fuͤr
das wahre Wohl ſeiner Mitbruͤder, der Frey-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/438>, abgerufen am 22.11.2024.
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