des vielstimmigen Kritikers wegen halten. Aber die Stimmen müssen denn doch, sagte der Schreyer, unter die Mitglieder des grossen Volkes vertheilt, und es muß ausgemacht wer- den, wie viele jeder auf sich nehmen solle. Dieß wurde von den Mitgliedern des Fünfer- gerichts so gleich genehmigt. Zum Unglücke, (wie es scheinen könte,) verzählte man sich bey der Vertheilung etwa um hundert und funfzig Stimmen, so daß der mehr erwähnte Kritiker wenigstens auf so viele Jahre hätte müssen ver- wiesen werden. Kaum war das Gericht mit der Vertheilung fertig, so lief es in aller Eile zu Ekharden, und überreichte das Urtheil. Dieser schien die Papiere genau anzusehn, und auch zuzuhören, als ihm der ganze Verlauf sehr umständlich vorgetragen wurde; aber gleichwol hörte und sahe er nur sehr wenig da- von, und unter andern die Verzählung nicht, die mit den hundert und funfzig Stimmen vorgegangen war, so daß der Angeklagte ohne alle Strafe los kam, und nun von neuem nach Herzens Lust ausrufen konte.
Die Landgemeine wolte eben aus einander gehen, als von der Seite des Tannenwäld- chens, wo der Pöbel sehr weit über das Volk hinaus stand, viele ganz ausser Athem herzu- gelaufen kamen, und schrien, daß sich hinter
den
des vielſtimmigen Kritikers wegen halten. Aber die Stimmen muͤſſen denn doch, ſagte der Schreyer, unter die Mitglieder des groſſen Volkes vertheilt, und es muß ausgemacht wer- den, wie viele jeder auf ſich nehmen ſolle. Dieß wurde von den Mitgliedern des Fuͤnfer- gerichts ſo gleich genehmigt. Zum Ungluͤcke, (wie es ſcheinen koͤnte,) verzaͤhlte man ſich bey der Vertheilung etwa um hundert und funfzig Stimmen, ſo daß der mehr erwaͤhnte Kritiker wenigſtens auf ſo viele Jahre haͤtte muͤſſen ver- wieſen werden. Kaum war das Gericht mit der Vertheilung fertig, ſo lief es in aller Eile zu Ekharden, und uͤberreichte das Urtheil. Dieſer ſchien die Papiere genau anzuſehn, und auch zuzuhoͤren, als ihm der ganze Verlauf ſehr umſtaͤndlich vorgetragen wurde; aber gleichwol hoͤrte und ſahe er nur ſehr wenig da- von, und unter andern die Verzaͤhlung nicht, die mit den hundert und funfzig Stimmen vorgegangen war, ſo daß der Angeklagte ohne alle Strafe los kam, und nun von neuem nach Herzens Luſt ausrufen konte.
Die Landgemeine wolte eben aus einander gehen, als von der Seite des Tannenwaͤld- chens, wo der Poͤbel ſehr weit uͤber das Volk hinaus ſtand, viele ganz auſſer Athem herzu- gelaufen kamen, und ſchrien, daß ſich hinter
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des vielſtimmigen Kritikers wegen halten.
Aber die Stimmen muͤſſen denn doch, ſagte
der Schreyer, unter die Mitglieder des groſſen
Volkes vertheilt, und es muß ausgemacht wer-
den, wie viele jeder auf ſich nehmen ſolle.
Dieß wurde von den Mitgliedern des Fuͤnfer-
gerichts ſo gleich genehmigt. Zum Ungluͤcke,
(wie es ſcheinen koͤnte,) verzaͤhlte man ſich bey
der Vertheilung etwa um hundert und funfzig
Stimmen, ſo daß der mehr erwaͤhnte Kritiker
wenigſtens auf ſo viele Jahre haͤtte muͤſſen ver-
wieſen werden. Kaum war das Gericht mit
der Vertheilung fertig, ſo lief es in aller Eile
zu Ekharden, und uͤberreichte das Urtheil.
Dieſer ſchien die Papiere genau anzuſehn, und
auch zuzuhoͤren, als ihm der ganze Verlauf
ſehr umſtaͤndlich vorgetragen wurde; aber
gleichwol hoͤrte und ſahe er nur ſehr wenig da-
von, und unter andern die Verzaͤhlung nicht,
die mit den hundert und funfzig Stimmen
vorgegangen war, ſo daß der Angeklagte ohne
alle Strafe los kam, und nun von neuem nach
Herzens Luſt ausrufen konte.
Die Landgemeine wolte eben aus einander
gehen, als von der Seite des Tannenwaͤld-
chens, wo der Poͤbel ſehr weit uͤber das Volk
hinaus ſtand, viele ganz auſſer Athem herzu-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/393>, abgerufen am 26.11.2024.
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