wald, der Ausrufer und Ankündiger wegen, an die Aldermänner schicken, und Ausübung der Geseze wider jene fodern wolten. Einer aus der Zunft erklärte sich so über die Sache: Was bisher ist gesagt worden, thut mir kein Genüge. Jch bleibe dabey, es würde, wie das Sprichwort sagt, nicht das halbe Korn tragen, wenn man den Unfug, den die Aus- rufer gestiftet haben, durch die Geseze rügen wolte. Jch habe dem Dinge, seitdem wir in unserm deutschen Vaterlande auch deutsch schreiben, zugesehn, und immer gar genau be- merken können, daß gute Schriften, was für Dünste die Ausrufer auch um sie zusammen- gezogen haben, immer ihren Weg fort, nach dem Sprichworte: Wer gehn kann, komt an; schlechte Büchlein hingegen, mit welchem Jr- wischglanze sie auch sind von jenen Leuten um- leuchtet worden, den Weg alles Papiers, des- sen Worte keine Lebenskraft in sich haben, ge- gangen sind. Mir hat's dabey allzeit im Her- zen weh gethan, wenn rechtliche Schreiber die Mühwaltung über sich genommen haben, sich gegen die Angriffe solcher Leute zu vertheidigen. Jm Anfange, als Gellert und Gleim noch neu waren, da fabelten, oder liedelten sie; (die mei- sten von denen, die in spätern Zeiten aufge- kommen sind, hätten's in jenen früheren eben
so
wald, der Ausrufer und Ankuͤndiger wegen, an die Aldermaͤnner ſchicken, und Ausuͤbung der Geſeze wider jene fodern wolten. Einer aus der Zunft erklaͤrte ſich ſo uͤber die Sache: Was bisher iſt geſagt worden, thut mir kein Genuͤge. Jch bleibe dabey, es wuͤrde, wie das Sprichwort ſagt, nicht das halbe Korn tragen, wenn man den Unfug, den die Aus- rufer geſtiftet haben, durch die Geſeze ruͤgen wolte. Jch habe dem Dinge, ſeitdem wir in unſerm deutſchen Vaterlande auch deutſch ſchreiben, zugeſehn, und immer gar genau be- merken koͤnnen, daß gute Schriften, was fuͤr Duͤnſte die Ausrufer auch um ſie zuſammen- gezogen haben, immer ihren Weg fort, nach dem Sprichworte: Wer gehn kann, komt an; ſchlechte Buͤchlein hingegen, mit welchem Jr- wiſchglanze ſie auch ſind von jenen Leuten um- leuchtet worden, den Weg alles Papiers, deſ- ſen Worte keine Lebenskraft in ſich haben, ge- gangen ſind. Mir hat’s dabey allzeit im Her- zen weh gethan, wenn rechtliche Schreiber die Muͤhwaltung uͤber ſich genommen haben, ſich gegen die Angriffe ſolcher Leute zu vertheidigen. Jm Anfange, als Gellert und Gleim noch neu waren, da fabelten, oder liedelten ſie; (die mei- ſten von denen, die in ſpaͤtern Zeiten aufge- kommen ſind, haͤtten’s in jenen fruͤheren eben
ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0348"n="272"/>
wald, der Ausrufer und Ankuͤndiger wegen,<lb/>
an die Aldermaͤnner ſchicken, und Ausuͤbung<lb/>
der Geſeze wider jene fodern wolten. Einer<lb/>
aus der Zunft erklaͤrte ſich ſo uͤber die Sache:<lb/>
Was bisher iſt geſagt worden, thut mir kein<lb/>
Genuͤge. Jch bleibe dabey, es wuͤrde, wie<lb/>
das Sprichwort ſagt, nicht das halbe Korn<lb/>
tragen, wenn man den Unfug, den die Aus-<lb/>
rufer geſtiftet haben, durch die Geſeze ruͤgen<lb/>
wolte. Jch habe dem Dinge, ſeitdem wir in<lb/>
unſerm deutſchen Vaterlande auch deutſch<lb/>ſchreiben, zugeſehn, und immer gar genau be-<lb/>
merken koͤnnen, daß gute Schriften, was fuͤr<lb/>
Duͤnſte die Ausrufer auch um ſie zuſammen-<lb/>
gezogen haben, immer ihren Weg fort, nach<lb/>
dem Sprichworte: Wer gehn kann, komt an;<lb/>ſchlechte Buͤchlein hingegen, mit welchem Jr-<lb/>
wiſchglanze ſie auch ſind von jenen Leuten um-<lb/>
leuchtet worden, den Weg alles Papiers, deſ-<lb/>ſen Worte keine Lebenskraft in ſich haben, ge-<lb/>
gangen ſind. Mir hat’s dabey allzeit im Her-<lb/>
zen weh gethan, wenn rechtliche Schreiber die<lb/>
Muͤhwaltung uͤber ſich genommen haben, ſich<lb/>
gegen die Angriffe ſolcher Leute zu vertheidigen.<lb/>
Jm Anfange, als Gellert und Gleim noch neu<lb/>
waren, da fabelten, oder liedelten ſie; (die mei-<lb/>ſten von denen, die in ſpaͤtern Zeiten aufge-<lb/>
kommen ſind, haͤtten’s in jenen fruͤheren eben<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſo</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[272/0348]
wald, der Ausrufer und Ankuͤndiger wegen,
an die Aldermaͤnner ſchicken, und Ausuͤbung
der Geſeze wider jene fodern wolten. Einer
aus der Zunft erklaͤrte ſich ſo uͤber die Sache:
Was bisher iſt geſagt worden, thut mir kein
Genuͤge. Jch bleibe dabey, es wuͤrde, wie
das Sprichwort ſagt, nicht das halbe Korn
tragen, wenn man den Unfug, den die Aus-
rufer geſtiftet haben, durch die Geſeze ruͤgen
wolte. Jch habe dem Dinge, ſeitdem wir in
unſerm deutſchen Vaterlande auch deutſch
ſchreiben, zugeſehn, und immer gar genau be-
merken koͤnnen, daß gute Schriften, was fuͤr
Duͤnſte die Ausrufer auch um ſie zuſammen-
gezogen haben, immer ihren Weg fort, nach
dem Sprichworte: Wer gehn kann, komt an;
ſchlechte Buͤchlein hingegen, mit welchem Jr-
wiſchglanze ſie auch ſind von jenen Leuten um-
leuchtet worden, den Weg alles Papiers, deſ-
ſen Worte keine Lebenskraft in ſich haben, ge-
gangen ſind. Mir hat’s dabey allzeit im Her-
zen weh gethan, wenn rechtliche Schreiber die
Muͤhwaltung uͤber ſich genommen haben, ſich
gegen die Angriffe ſolcher Leute zu vertheidigen.
Jm Anfange, als Gellert und Gleim noch neu
waren, da fabelten, oder liedelten ſie; (die mei-
ſten von denen, die in ſpaͤtern Zeiten aufge-
kommen ſind, haͤtten’s in jenen fruͤheren eben
ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/348>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.