gleich das tz, als etwas, das kein Deutscher ausspre- chen könte, wenigstens in diesem Jahrhunderte nicht ausgesprochen hätte, ganz verwürfe. Wer kann denn settsen oder gar settst aussprechen? Glaubt es einer zu können; so wird er gefragt: Ob er mag, und wenn er möchte, darf? Der Einwurf, daß, wenn man z. E. nicht setzen sondern sezen schriebe, das e bey der Aussprache gedehnt werden müste, würd ihm etwa deswegen kein Einwurf zu seyn scheinen, weil Niemand darauf verfallen wird, das e da zu dehnen, wo er es nie zu dehnen pflegt, und weil er es vor der Schreibverkürzung z in set-sen z. E. sehr gut ungedehnt aussprechen kann; hingegen aber tsen in set-tsen nicht aussprechen darf, wenn er es auch könte, oder gar möchte.
So weit ginge etwa einer im Anfange; und an- dern, die wie er glaubten, daß die Rechtschreibung ein Ding fürs Ohr, und nicht fürs Auge wäre, über- liesse er, nach und nach zu versuchen. 1 Mehr Verdoplungen wegzulassen. (Der versteht nichts von der Ableitung, welcher glaubt, daß sie bey die- ser Weglassung leide) 2 F oder v zu wählen, und das ph nicht mehr zu brauchen. 3 Das q ohne u zu schreiben, oder es wegzuwerfen, und, wo es dann nötig wäre, auf das k ein u folgen zu lassen. 4 Das th und dt wegzuwerfen. 5 Des c und y nicht fer- ner zu schonen, und 6 ein allgemeines Zeichen der Dehnung festzusezen. Nachdem wir nun längere oder kürzere Zeit mit diesen Veränderungen zuge- bracht hätten, würden wir mit den Franzosen und Engländern, die etwan auch alsdann noch ihre Aller- leyzeichen haben möchten, auch in diesen Nebendin- gen, die aber gleichwol mit zur Sache gehören, früher oder später zur Richtigkeit kommen. Ent-
fernt
gleich das tz, als etwas, das kein Deutſcher ausſpre- chen koͤnte, wenigſtens in dieſem Jahrhunderte nicht ausgeſprochen haͤtte, ganz verwuͤrfe. Wer kann denn ſettſen oder gar ſettſt ausſprechen? Glaubt es einer zu koͤnnen; ſo wird er gefragt: Ob er mag, und wenn er moͤchte, darf? Der Einwurf, daß, wenn man z. E. nicht ſetzen ſondern ſezen ſchriebe, das e bey der Ausſprache gedehnt werden muͤſte, wuͤrd ihm etwa deswegen kein Einwurf zu ſeyn ſcheinen, weil Niemand darauf verfallen wird, das e da zu dehnen, wo er es nie zu dehnen pflegt, und weil er es vor der Schreibverkuͤrzung z in ſet-ſen z. E. ſehr gut ungedehnt ausſprechen kann; hingegen aber tſen in ſet-tſen nicht ausſprechen darf, wenn er es auch koͤnte, oder gar moͤchte.
So weit ginge etwa einer im Anfange; und an- dern, die wie er glaubten, daß die Rechtſchreibung ein Ding fuͤrs Ohr, und nicht fuͤrs Auge waͤre, uͤber- lieſſe er, nach und nach zu verſuchen. 1 Mehr Verdoplungen wegzulaſſen. (Der verſteht nichts von der Ableitung, welcher glaubt, daß ſie bey die- ſer Weglaſſung leide) 2 F oder v zu waͤhlen, und das ph nicht mehr zu brauchen. 3 Das q ohne u zu ſchreiben, oder es wegzuwerfen, und, wo es dann noͤtig waͤre, auf das k ein u folgen zu laſſen. 4 Das th und dt wegzuwerfen. 5 Des c und y nicht fer- ner zu ſchonen, und 6 ein allgemeines Zeichen der Dehnung feſtzuſezen. Nachdem wir nun laͤngere oder kuͤrzere Zeit mit dieſen Veraͤnderungen zuge- bracht haͤtten, wuͤrden wir mit den Franzoſen und Englaͤndern, die etwan auch alsdann noch ihre Aller- leyzeichen haben moͤchten, auch in dieſen Nebendin- gen, die aber gleichwol mit zur Sache gehoͤren, fruͤher oder ſpaͤter zur Richtigkeit kommen. Ent-
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gleich das tz, als etwas, das kein Deutſcher ausſpre-
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ausgeſprochen haͤtte, ganz verwuͤrfe. Wer kann
denn ſettſen oder gar ſettſt ausſprechen? Glaubt
es einer zu koͤnnen; ſo wird er gefragt: Ob er mag,
und wenn er moͤchte, darf? Der Einwurf, daß,
wenn man z. E. nicht ſetzen ſondern ſezen ſchriebe,
das e bey der Ausſprache gedehnt werden muͤſte,
wuͤrd ihm etwa deswegen kein Einwurf zu ſeyn
ſcheinen, weil Niemand darauf verfallen wird, das
e da zu dehnen, wo er es nie zu dehnen pflegt, und
weil er es vor der Schreibverkuͤrzung z in ſet-ſen
z. E. ſehr gut ungedehnt ausſprechen kann; hingegen
aber tſen in ſet-tſen nicht ausſprechen darf, wenn
er es auch koͤnte, oder gar moͤchte.
So weit ginge etwa einer im Anfange; und an-
dern, die wie er glaubten, daß die Rechtſchreibung
ein Ding fuͤrs Ohr, und nicht fuͤrs Auge waͤre, uͤber-
lieſſe er, nach und nach zu verſuchen. 1 Mehr
Verdoplungen wegzulaſſen. (Der verſteht nichts
von der Ableitung, welcher glaubt, daß ſie bey die-
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das ph nicht mehr zu brauchen. 3 Das q ohne u
zu ſchreiben, oder es wegzuwerfen, und, wo es dann
noͤtig waͤre, auf das k ein u folgen zu laſſen. 4 Das
th und dt wegzuwerfen. 5 Des c und y nicht fer-
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Dehnung feſtzuſezen. Nachdem wir nun laͤngere
oder kuͤrzere Zeit mit dieſen Veraͤnderungen zuge-
bracht haͤtten, wuͤrden wir mit den Franzoſen und
Englaͤndern, die etwan auch alsdann noch ihre Aller-
leyzeichen haben moͤchten, auch in dieſen Nebendin-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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