Ohne die Zunst der Scholiasten wäre ... zum Knecht erklärt worden. Denn sie, die den Herold abwies, da er zu ihr kam, und sich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen getheilt waren, durch die ihrige den Ausschlag.
Es war schmeichelhaft für den Angeklagten, daß sich die Hälfte der Zünfte für ihn erklärte; aber gleichwol hatte ihn mehr als die Hälfte Aldermänner (die andern hielten die wenigen unnachgeahmten und zugleich schöneren Stücke seiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri- gens war es zwar wol die Zunft der Scholia- sten gewesen, die ihn gerettet hatte; doch dieß konte ihm auf keine Weise nachtheilig seyn. Denn nicht ihr Beyfall war es, was sie ihm dadurch hatte bezeigen wollen, (die meisten dieser Zunft kennen weder ... noch sein Ori- ginal) sondern sie folgte nur ihrer Neigung, es ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie andern zu verzeihn, daß er deutsch geschrieben hätte.
Ein neuer Ankläger erschien. Er sagte: Wenn mir ... zutraut, daß ich ihn, ohne deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage; so hat er Recht: und traut er mir es nicht zu; so hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue, Wer das Beste der Republik mit meinem Ei- fer wünscht, der denkt hierinn, wie ich; und
wer
O 3
Ohne die Zunſt der Scholiaſten waͤre … zum Knecht erklaͤrt worden. Denn ſie, die den Herold abwies, da er zu ihr kam, und ſich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen getheilt waren, durch die ihrige den Ausſchlag.
Es war ſchmeichelhaft fuͤr den Angeklagten, daß ſich die Haͤlfte der Zuͤnfte fuͤr ihn erklaͤrte; aber gleichwol hatte ihn mehr als die Haͤlfte Aldermaͤnner (die andern hielten die wenigen unnachgeahmten und zugleich ſchoͤneren Stuͤcke ſeiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri- gens war es zwar wol die Zunft der Scholia- ſten geweſen, die ihn gerettet hatte; doch dieß konte ihm auf keine Weiſe nachtheilig ſeyn. Denn nicht ihr Beyfall war es, was ſie ihm dadurch hatte bezeigen wollen, (die meiſten dieſer Zunft kennen weder … noch ſein Ori- ginal) ſondern ſie folgte nur ihrer Neigung, es ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie andern zu verzeihn, daß er deutſch geſchrieben haͤtte.
Ein neuer Anklaͤger erſchien. Er ſagte: Wenn mir … zutraut, daß ich ihn, ohne deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage; ſo hat er Recht: und traut er mir es nicht zu; ſo hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue, Wer das Beſte der Republik mit meinem Ei- fer wuͤnſcht, der denkt hierinn, wie ich; und
wer
O 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0289"n="213"/><p>Ohne die Zunſt der Scholiaſten waͤre …<lb/>
zum Knecht erklaͤrt worden. Denn ſie, die<lb/>
den Herold abwies, da er zu ihr kam, und<lb/>ſich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen<lb/>
getheilt waren, durch die ihrige den Ausſchlag.</p><lb/><p>Es war ſchmeichelhaft fuͤr den Angeklagten,<lb/>
daß ſich die Haͤlfte der Zuͤnfte fuͤr ihn erklaͤrte;<lb/>
aber gleichwol hatte ihn mehr als die Haͤlfte<lb/>
Aldermaͤnner (die andern hielten die wenigen<lb/>
unnachgeahmten und zugleich ſchoͤneren Stuͤcke<lb/>ſeiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri-<lb/>
gens war es zwar wol die Zunft der Scholia-<lb/>ſten geweſen, die ihn gerettet hatte; doch dieß<lb/>
konte ihm auf keine Weiſe nachtheilig ſeyn.<lb/>
Denn nicht ihr Beyfall war es, was ſie ihm<lb/>
dadurch hatte bezeigen wollen, (die meiſten<lb/>
dieſer Zunft kennen weder … noch ſein Ori-<lb/>
ginal) ſondern ſie folgte nur ihrer Neigung, es<lb/>
ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie<lb/>
andern zu verzeihn, daß er deutſch geſchrieben<lb/>
haͤtte.</p><lb/><p>Ein neuer Anklaͤger erſchien. Er ſagte:<lb/>
Wenn mir … zutraut, daß ich ihn, ohne<lb/>
deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage;<lb/>ſo hat er Recht: und traut er mir es nicht zu;<lb/>ſo hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue,<lb/>
Wer das Beſte der Republik mit meinem Ei-<lb/>
fer wuͤnſcht, der denkt hierinn, wie ich; und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">wer</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[213/0289]
Ohne die Zunſt der Scholiaſten waͤre …
zum Knecht erklaͤrt worden. Denn ſie, die
den Herold abwies, da er zu ihr kam, und
ſich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen
getheilt waren, durch die ihrige den Ausſchlag.
Es war ſchmeichelhaft fuͤr den Angeklagten,
daß ſich die Haͤlfte der Zuͤnfte fuͤr ihn erklaͤrte;
aber gleichwol hatte ihn mehr als die Haͤlfte
Aldermaͤnner (die andern hielten die wenigen
unnachgeahmten und zugleich ſchoͤneren Stuͤcke
ſeiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri-
gens war es zwar wol die Zunft der Scholia-
ſten geweſen, die ihn gerettet hatte; doch dieß
konte ihm auf keine Weiſe nachtheilig ſeyn.
Denn nicht ihr Beyfall war es, was ſie ihm
dadurch hatte bezeigen wollen, (die meiſten
dieſer Zunft kennen weder … noch ſein Ori-
ginal) ſondern ſie folgte nur ihrer Neigung, es
ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie
andern zu verzeihn, daß er deutſch geſchrieben
haͤtte.
Ein neuer Anklaͤger erſchien. Er ſagte:
Wenn mir … zutraut, daß ich ihn, ohne
deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage;
ſo hat er Recht: und traut er mir es nicht zu;
ſo hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue,
Wer das Beſte der Republik mit meinem Ei-
fer wuͤnſcht, der denkt hierinn, wie ich; und
wer
O 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/289>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.