Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Ohne die Zunst der Scholiasten wäre ...
zum Knecht erklärt worden. Denn sie, die
den Herold abwies, da er zu ihr kam, und
sich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen
getheilt waren, durch die ihrige den Ausschlag.

Es war schmeichelhaft für den Angeklagten,
daß sich die Hälfte der Zünfte für ihn erklärte;
aber gleichwol hatte ihn mehr als die Hälfte
Aldermänner (die andern hielten die wenigen
unnachgeahmten und zugleich schöneren Stücke
seiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri-
gens war es zwar wol die Zunft der Scholia-
sten gewesen, die ihn gerettet hatte; doch dieß
konte ihm auf keine Weise nachtheilig seyn.
Denn nicht ihr Beyfall war es, was sie ihm
dadurch hatte bezeigen wollen, (die meisten
dieser Zunft kennen weder ... noch sein Ori-
ginal) sondern sie folgte nur ihrer Neigung, es
ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie
andern zu verzeihn, daß er deutsch geschrieben
hätte.

Ein neuer Ankläger erschien. Er sagte:
Wenn mir ... zutraut, daß ich ihn, ohne
deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage;
so hat er Recht: und traut er mir es nicht zu;
so hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue,
Wer das Beste der Republik mit meinem Ei-
fer wünscht, der denkt hierinn, wie ich; und

wer
O 3

Ohne die Zunſt der Scholiaſten waͤre …
zum Knecht erklaͤrt worden. Denn ſie, die
den Herold abwies, da er zu ihr kam, und
ſich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen
getheilt waren, durch die ihrige den Ausſchlag.

Es war ſchmeichelhaft fuͤr den Angeklagten,
daß ſich die Haͤlfte der Zuͤnfte fuͤr ihn erklaͤrte;
aber gleichwol hatte ihn mehr als die Haͤlfte
Aldermaͤnner (die andern hielten die wenigen
unnachgeahmten und zugleich ſchoͤneren Stuͤcke
ſeiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri-
gens war es zwar wol die Zunft der Scholia-
ſten geweſen, die ihn gerettet hatte; doch dieß
konte ihm auf keine Weiſe nachtheilig ſeyn.
Denn nicht ihr Beyfall war es, was ſie ihm
dadurch hatte bezeigen wollen, (die meiſten
dieſer Zunft kennen weder … noch ſein Ori-
ginal) ſondern ſie folgte nur ihrer Neigung, es
ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie
andern zu verzeihn, daß er deutſch geſchrieben
haͤtte.

Ein neuer Anklaͤger erſchien. Er ſagte:
Wenn mir … zutraut, daß ich ihn, ohne
deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage;
ſo hat er Recht: und traut er mir es nicht zu;
ſo hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue,
Wer das Beſte der Republik mit meinem Ei-
fer wuͤnſcht, der denkt hierinn, wie ich; und

wer
O 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0289" n="213"/>
          <p>Ohne die Zun&#x017F;t der Scholia&#x017F;ten wa&#x0364;re &#x2026;<lb/>
zum Knecht erkla&#x0364;rt worden. Denn &#x017F;ie, die<lb/>
den Herold abwies, da er zu ihr kam, und<lb/>
&#x017F;ich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen<lb/>
getheilt waren, durch die ihrige den Aus&#x017F;chlag.</p><lb/>
          <p>Es war &#x017F;chmeichelhaft fu&#x0364;r den Angeklagten,<lb/>
daß &#x017F;ich die Ha&#x0364;lfte der Zu&#x0364;nfte fu&#x0364;r ihn erkla&#x0364;rte;<lb/>
aber gleichwol hatte ihn mehr als die Ha&#x0364;lfte<lb/>
Alderma&#x0364;nner (die andern hielten die wenigen<lb/>
unnachgeahmten und zugleich &#x017F;cho&#x0364;neren Stu&#x0364;cke<lb/>
&#x017F;einer Werke davon ab) verurtheilt. Uebri-<lb/>
gens war es zwar wol die Zunft der Scholia-<lb/>
&#x017F;ten gewe&#x017F;en, die ihn gerettet hatte; doch dieß<lb/>
konte ihm auf keine Wei&#x017F;e nachtheilig &#x017F;eyn.<lb/>
Denn nicht ihr Beyfall war es, was &#x017F;ie ihm<lb/>
dadurch hatte bezeigen wollen, (die mei&#x017F;ten<lb/>
die&#x017F;er Zunft kennen weder &#x2026; noch &#x017F;ein Ori-<lb/>
ginal) &#x017F;ondern &#x017F;ie folgte nur ihrer Neigung, es<lb/>
ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie<lb/>
andern zu verzeihn, daß er deut&#x017F;ch ge&#x017F;chrieben<lb/>
ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Ein neuer Ankla&#x0364;ger er&#x017F;chien. Er &#x017F;agte:<lb/>
Wenn mir &#x2026; zutraut, daß ich ihn, ohne<lb/>
deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage;<lb/>
&#x017F;o hat er Recht: und traut er mir es nicht zu;<lb/>
&#x017F;o hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue,<lb/>
Wer das Be&#x017F;te der Republik mit meinem Ei-<lb/>
fer wu&#x0364;n&#x017F;cht, der denkt hierinn, wie ich; und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0289] Ohne die Zunſt der Scholiaſten waͤre … zum Knecht erklaͤrt worden. Denn ſie, die den Herold abwies, da er zu ihr kam, und ſich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen getheilt waren, durch die ihrige den Ausſchlag. Es war ſchmeichelhaft fuͤr den Angeklagten, daß ſich die Haͤlfte der Zuͤnfte fuͤr ihn erklaͤrte; aber gleichwol hatte ihn mehr als die Haͤlfte Aldermaͤnner (die andern hielten die wenigen unnachgeahmten und zugleich ſchoͤneren Stuͤcke ſeiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri- gens war es zwar wol die Zunft der Scholia- ſten geweſen, die ihn gerettet hatte; doch dieß konte ihm auf keine Weiſe nachtheilig ſeyn. Denn nicht ihr Beyfall war es, was ſie ihm dadurch hatte bezeigen wollen, (die meiſten dieſer Zunft kennen weder … noch ſein Ori- ginal) ſondern ſie folgte nur ihrer Neigung, es ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie andern zu verzeihn, daß er deutſch geſchrieben haͤtte. Ein neuer Anklaͤger erſchien. Er ſagte: Wenn mir … zutraut, daß ich ihn, ohne deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage; ſo hat er Recht: und traut er mir es nicht zu; ſo hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue, Wer das Beſte der Republik mit meinem Ei- fer wuͤnſcht, der denkt hierinn, wie ich; und wer O 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/289
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/289>, abgerufen am 08.05.2024.