Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. wolte ihn durch den Hencker antworten/ und dichneben ihn auffknüpffen lassen. Jch aber begab mich zu meinem Printzen/ wartete ihm auff/ und stellte mich höchst betrübt an/ dessen Ursache der Printz auff vieles Fragen nicht erfahren konte/ biß er mir bey Vermeidung seiner Ungnade aufferleg- te/ ich solte es ihm entdecken. Darauff faßte ich ei- nen Muth/ und brachte es auf das beweglichste vor/ wie mich einer von des Chaumigrem Leuten/ den ich nicht gekennet/ so schändlich betrogen/ indem er mir einen Brieff an die Princeßin eingehändiget hätte/ und weil ich nicht anders vermeinet/ er wür- de in geheim von Jndia kommen seyn/ weil sonst alle Posten von Siam geleget waren/ so hätte ich ein angenehmes Boten-Brod zu erhaschen ver- hofft/ und erzehlte ferner den gantzen Verlauff/ mit angehengter Bitte/ in solcher Unschuld mein gnä- diger Herr zu seyn/ und mich sothaner unverdien- ten Ungnade bey der Princeßin zuentledigen. Weil ich nun auch in der höchsten Angst gleichwohl so bedächtig gewesen/ und den Brieff/ welchen die Princeßin weggeworffen/ wieder auffgehoben und eingestecket hatte; als übergab ich das unglückliche Papier meinem Printzen/ welcher mich so fort vor unschuldig hielt/ weil der Titel in Siammischer/ der Jnhalt aber in Peguanischer Sprache gestel- let war/ und laß er folgende Worte der Uberschrift: Der Durchlauchtigsten/ unvergleichlichen Son- nen in Ava/ Higvanama/ Princeßin des Groß- mächtigsten Königes/ Dacosem/ Beherrscherin der
Erſtes Buch. wolte ihn durch den Hencker antworten/ und dichneben ihn auffknuͤpffen laſſen. Jch aber begab mich zu meinem Printzen/ wartete ihm auff/ und ſtellte mich hoͤchſt betruͤbt an/ deſſen Urſache der Printz auff vieles Fragen nicht erfahren konte/ biß er mir bey Vermeidung ſeiner Ungnade aufferleg- te/ ich ſolte es ihm entdecken. Darauff faßte ich ei- nen Muth/ und bꝛachte es auf das beweglichſte vor/ wie mich einer von des Chaumigrem Leuten/ den ich nicht gekennet/ ſo ſchaͤndlich betrogen/ indem er mir einen Brieff an die Princeßin eingehaͤndiget haͤtte/ und weil ich nicht anders vermeinet/ er wuͤr- de in geheim von Jndia kommen ſeyn/ weil ſonſt alle Poſten von Siam geleget waren/ ſo haͤtte ich ein angenehmes Boten-Brod zu erhaſchen ver- hofft/ und erzehlte ferner den gantzen Verlauff/ mit angehengter Bitte/ in ſolcher Unſchuld mein gnaͤ- diger Herr zu ſeyn/ und mich ſothaner unverdien- ten Ungnade bey der Princeßin zuentledigen. Weil ich nun auch in der hoͤchſten Angſt gleichwohl ſo bedaͤchtig geweſen/ und den Brieff/ welchen die Princeßin weggeworffen/ wieder auffgehoben und eingeſtecket hatte; als uͤbergab ich das ungluͤckliche Papier meinem Printzen/ welcher mich ſo fort vor unſchuldig hielt/ weil der Titel in Siammiſcher/ der Jnhalt aber in Peguaniſcher Sprache geſtel- let war/ und laß er folgende Worte der Uberſchrift: Der Durchlauchtigſten/ unvergleichlichen Son- nen in Ava/ Higvanama/ Princeßin des Groß- maͤchtigſten Koͤniges/ Dacoſem/ Beherrſcherin der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0099" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi></fw><lb/> wolte ihn durch den Hencker antworten/ und dich<lb/> neben ihn auffknuͤpffen laſſen. Jch aber begab<lb/> mich zu meinem Printzen/ wartete ihm auff/ und<lb/> ſtellte mich hoͤchſt betruͤbt an/ deſſen Urſache der<lb/> Printz auff vieles Fragen nicht erfahren konte/ biß<lb/> er mir bey Vermeidung ſeiner Ungnade aufferleg-<lb/> te/ ich ſolte es ihm entdecken. Darauff faßte ich ei-<lb/> nen Muth/ und bꝛachte es auf das beweglichſte vor/<lb/> wie mich einer von des Chaumigrem Leuten/ den<lb/> ich nicht gekennet/ ſo ſchaͤndlich betrogen/ indem er<lb/> mir einen Brieff an die Princeßin eingehaͤndiget<lb/> haͤtte/ und weil ich nicht anders vermeinet/ er wuͤr-<lb/> de in geheim von Jndia kommen ſeyn/ weil ſonſt<lb/> alle Poſten von Siam geleget waren/ ſo haͤtte ich<lb/> ein angenehmes Boten-Brod zu erhaſchen ver-<lb/> hofft/ und erzehlte ferner den gantzen Verlauff/ mit<lb/> angehengter Bitte/ in ſolcher Unſchuld mein gnaͤ-<lb/> diger Herr zu ſeyn/ und mich ſothaner unverdien-<lb/> ten Ungnade bey der Princeßin zuentledigen. Weil<lb/> ich nun auch in der hoͤchſten Angſt gleichwohl ſo<lb/> bedaͤchtig geweſen/ und den Brieff/ welchen die<lb/> Princeßin weggeworffen/ wieder auffgehoben und<lb/> eingeſtecket hatte; als uͤbergab ich das ungluͤckliche<lb/> Papier meinem Printzen/ welcher mich ſo fort vor<lb/> unſchuldig hielt/ weil der Titel in Siammiſcher/<lb/> der Jnhalt aber in Peguaniſcher Sprache geſtel-<lb/> let war/ und laß er folgende Worte der Uberſchrift:<lb/> Der Durchlauchtigſten/ unvergleichlichen Son-<lb/><hi rendition="#et">nen in Ava/ Higvanama/ Princeßin des Groß-<lb/> maͤchtigſten Koͤniges/ Dacoſem/ Beherrſcherin<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0099]
Erſtes Buch.
wolte ihn durch den Hencker antworten/ und dich
neben ihn auffknuͤpffen laſſen. Jch aber begab
mich zu meinem Printzen/ wartete ihm auff/ und
ſtellte mich hoͤchſt betruͤbt an/ deſſen Urſache der
Printz auff vieles Fragen nicht erfahren konte/ biß
er mir bey Vermeidung ſeiner Ungnade aufferleg-
te/ ich ſolte es ihm entdecken. Darauff faßte ich ei-
nen Muth/ und bꝛachte es auf das beweglichſte vor/
wie mich einer von des Chaumigrem Leuten/ den
ich nicht gekennet/ ſo ſchaͤndlich betrogen/ indem er
mir einen Brieff an die Princeßin eingehaͤndiget
haͤtte/ und weil ich nicht anders vermeinet/ er wuͤr-
de in geheim von Jndia kommen ſeyn/ weil ſonſt
alle Poſten von Siam geleget waren/ ſo haͤtte ich
ein angenehmes Boten-Brod zu erhaſchen ver-
hofft/ und erzehlte ferner den gantzen Verlauff/ mit
angehengter Bitte/ in ſolcher Unſchuld mein gnaͤ-
diger Herr zu ſeyn/ und mich ſothaner unverdien-
ten Ungnade bey der Princeßin zuentledigen. Weil
ich nun auch in der hoͤchſten Angſt gleichwohl ſo
bedaͤchtig geweſen/ und den Brieff/ welchen die
Princeßin weggeworffen/ wieder auffgehoben und
eingeſtecket hatte; als uͤbergab ich das ungluͤckliche
Papier meinem Printzen/ welcher mich ſo fort vor
unſchuldig hielt/ weil der Titel in Siammiſcher/
der Jnhalt aber in Peguaniſcher Sprache geſtel-
let war/ und laß er folgende Worte der Uberſchrift:
Der Durchlauchtigſten/ unvergleichlichen Son-
nen in Ava/ Higvanama/ Princeßin des Groß-
maͤchtigſten Koͤniges/ Dacoſem/ Beherrſcherin
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeZum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |