Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. weniger eine Verbesserung wüsten. Nicht wolleiemand wehnen/ als ob mich die Noth lernte das Leben verachten/ weil ich den Tod vor Augen sehe/ und mir selbten/ als eine Sache/ welche nicht zu ändern/ süsse vorzustellen mich bemühete. Nein/ keines weges; sondern ich versichere/ daß ich mich in der Todes-Betrachtung mehr/ als im Spiegel Lebenslang beschauet habe/ indem ich ein wahrer Zeuge des Glücks und Unglücks bin. Jch meines Orts halte davor/ daß der allge- nem
Der Aſiatiſchen Baniſe. weniger eine Verbeſſerung wuͤſten. Nicht wolleiemand wehnen/ als ob mich die Noth lernte das Leben verachten/ weil ich den Tod vor Augen ſehe/ und mir ſelbten/ als eine Sache/ welche nicht zu aͤndern/ ſuͤſſe vorzuſtellen mich bemuͤhete. Nein/ keines weges; ſondern ich verſichere/ daß ich mich in der Todes-Betrachtung mehr/ als im Spiegel Lebenslang beſchauet habe/ indem ich ein wahrer Zeuge des Gluͤcks und Ungluͤcks bin. Jch meines Orts halte davor/ daß der allge- nem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0696" n="676"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Aſiatiſchen Baniſe.</hi></fw><lb/> weniger eine Verbeſſerung wuͤſten. Nicht wolle<lb/> iemand wehnen/ als ob mich die Noth lernte das<lb/> Leben verachten/ weil ich den Tod vor Augen ſehe/<lb/> und mir ſelbten/ als eine Sache/ welche nicht zu<lb/> aͤndern/ ſuͤſſe vorzuſtellen mich bemuͤhete. Nein/<lb/> keines weges; ſondern ich verſichere/ daß ich mich<lb/> in der Todes-Betrachtung mehr/ als im Spiegel<lb/> Lebenslang beſchauet habe/ indem ich ein wahrer<lb/> Zeuge des Gluͤcks und Ungluͤcks bin.</p><lb/> <p>Jch meines Orts halte davor/ daß der allge-<lb/> gemeine Wunſch einiger Lebens-Verlaͤngerung<lb/> bloß aus einer unzeitigen Liebe des Lebens herruͤh-<lb/> re/ welche ſodann den Tod verhaßt macht/ und<lb/> denſelben auff das greulichſte vorbildet; ſo wir<lb/> aber den Urſprung ſolcher Liebe unterſuchen wol-<lb/> len/ ſo wird die Qvelle aus dem Jrrdiſchen ent-<lb/> ſpringen. Was aber irdiſch ſey/ ſolches ſehen und<lb/> erfahren wir in unſerm irdiſch-geſinnten Leben<lb/> taͤglich. Bilden wir uns ein/ die hoͤchſte Gluͤckſe-<lb/> ligkeit beruhe in Cron und Thron/ und der Zepter<lb/> koͤnne nur unſer Leben verſuͤſſen/ ſo betruͤgen wir<lb/> uns hefftig. Denn/ ach! daß es nur die Welt<lb/> glauben wolte! iede Crone und Fuͤrſten-Hut iſt<lb/> ein Joch/ deſſen Gold ſchwerer als Bley zu ertra-<lb/> gen iſt. Die Diamanten ſind ſpitzige Pfriemen/<lb/> welche gekroͤnten Haͤuptern ihre Ruhe verſtoͤren;<lb/> die Perlen bedeuten Thraͤnen/ und die ſchuͤttern-<lb/> den Rubinen ſind geronnen Blut/ welches oͤffters<lb/> aus den Adern des gekroͤnten Knechts hervor qvil-<lb/> let. Weh mir/ daß ich meinen Herrn Vater zu ei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nem</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [676/0696]
Der Aſiatiſchen Baniſe.
weniger eine Verbeſſerung wuͤſten. Nicht wolle
iemand wehnen/ als ob mich die Noth lernte das
Leben verachten/ weil ich den Tod vor Augen ſehe/
und mir ſelbten/ als eine Sache/ welche nicht zu
aͤndern/ ſuͤſſe vorzuſtellen mich bemuͤhete. Nein/
keines weges; ſondern ich verſichere/ daß ich mich
in der Todes-Betrachtung mehr/ als im Spiegel
Lebenslang beſchauet habe/ indem ich ein wahrer
Zeuge des Gluͤcks und Ungluͤcks bin.
Jch meines Orts halte davor/ daß der allge-
gemeine Wunſch einiger Lebens-Verlaͤngerung
bloß aus einer unzeitigen Liebe des Lebens herruͤh-
re/ welche ſodann den Tod verhaßt macht/ und
denſelben auff das greulichſte vorbildet; ſo wir
aber den Urſprung ſolcher Liebe unterſuchen wol-
len/ ſo wird die Qvelle aus dem Jrrdiſchen ent-
ſpringen. Was aber irdiſch ſey/ ſolches ſehen und
erfahren wir in unſerm irdiſch-geſinnten Leben
taͤglich. Bilden wir uns ein/ die hoͤchſte Gluͤckſe-
ligkeit beruhe in Cron und Thron/ und der Zepter
koͤnne nur unſer Leben verſuͤſſen/ ſo betruͤgen wir
uns hefftig. Denn/ ach! daß es nur die Welt
glauben wolte! iede Crone und Fuͤrſten-Hut iſt
ein Joch/ deſſen Gold ſchwerer als Bley zu ertra-
gen iſt. Die Diamanten ſind ſpitzige Pfriemen/
welche gekroͤnten Haͤuptern ihre Ruhe verſtoͤren;
die Perlen bedeuten Thraͤnen/ und die ſchuͤttern-
den Rubinen ſind geronnen Blut/ welches oͤffters
aus den Adern des gekroͤnten Knechts hervor qvil-
let. Weh mir/ daß ich meinen Herrn Vater zu ei-
nem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/696 |
Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 676. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/696>, abgerufen am 01.07.2024. |