Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
ceßin? Alter Soldaten Kriegs-Rath verrichtet
mehr/ weder die Spiesse und Sebel junger Wag-
hälse. Ein alter Fechter behält allemal noch ei-
nen Streich zurücke. Darum soll man sich zu
den Alten halten/ und von ihnen lernen. Wer
sich bessern wil/ muß mit einem umgehen/ der bes-
ser und klüger ist/ weder er/ denn von seines glei-
chen hat man sich geringer Besserung zu getrö-
sten. Zu dem ist auch mein weisses Haar kein
gewisser unfehlbarer Beweiß des Alters/ angese-
hen es vielen in der Natur ist/ daß sie zeitig grau
werden. Mich betreffende/ hat mich die Sorge
meines schweren Amtes mit solchem Schnee ü-
berstreuet. Solten aber auch die Jahre hieran
Schuld seyn/ so hoffe ich vielmehr/ sie werde es
sich eine grosse Ehre und Triumph schätzen/ daß
sich auch die weisen Greisen den Netzen ihrer An-
muth und Huld willig darstellen und gefangen
geben/ da man doch sonst ins gemein davor hält:
Ein alter Fuchs sey übel zufangen. Und also
kan ich es nicht länger verbergen/ öffentlich zu be-
kennen/ wie das Eiß meiner Jahre vor der Son-
nen ihrer Schönheit gantz zerschmoltzen/ und was
für Unruhe mir die Liebe durch sie erwecke/ in den
Zeiten/ darinnen mir freylich die Ruhe am nö-
thigsten wäre. Mit einem Worte: ich bin ver-
liebt/ und weiß auff diesen Schaden kein ander
Pflaster/ als diejenige selbst/ so mich verwundet
hat. Darum entschliesse sie sich/ meine Schöne/
zu ihrem besten/ meinem Verlangen und unser

bey-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
ceßin? Alter Soldaten Kriegs-Rath verrichtet
mehr/ weder die Spieſſe und Sebel junger Wag-
haͤlſe. Ein alter Fechter behaͤlt allemal noch ei-
nen Streich zuruͤcke. Darum ſoll man ſich zu
den Alten halten/ und von ihnen lernen. Wer
ſich beſſern wil/ muß mit einem umgehen/ der beſ-
ſer und kluͤger iſt/ weder er/ denn von ſeines glei-
chen hat man ſich geringer Beſſerung zu getroͤ-
ſten. Zu dem iſt auch mein weiſſes Haar kein
gewiſſer unfehlbarer Beweiß des Alters/ angeſe-
hen es vielen in der Natur iſt/ daß ſie zeitig grau
werden. Mich betreffende/ hat mich die Sorge
meines ſchweren Amtes mit ſolchem Schnee uͤ-
berſtreuet. Solten aber auch die Jahre hieran
Schuld ſeyn/ ſo hoffe ich vielmehr/ ſie werde es
ſich eine groſſe Ehre und Triumph ſchaͤtzen/ daß
ſich auch die weiſen Greiſen den Netzen ihrer An-
muth und Huld willig darſtellen und gefangen
geben/ da man doch ſonſt ins gemein davor haͤlt:
Ein alter Fuchs ſey uͤbel zufangen. Und alſo
kan ich es nicht laͤnger verbergen/ oͤffentlich zu be-
kennen/ wie das Eiß meiner Jahre vor der Son-
nen ihrer Schoͤnheit gantz zerſchmoltzen/ und was
fuͤr Unruhe mir die Liebe durch ſie erwecke/ in den
Zeiten/ darinnen mir freylich die Ruhe am noͤ-
thigſten waͤre. Mit einem Worte: ich bin ver-
liebt/ und weiß auff dieſen Schaden kein ander
Pflaſter/ als diejenige ſelbſt/ ſo mich verwundet
hat. Darum entſchlieſſe ſie ſich/ meine Schoͤne/
zu ihrem beſten/ meinem Verlangen und unſer

bey-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0536" n="516"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
ceßin? Alter Soldaten Kriegs-Rath verrichtet<lb/>
mehr/ weder die Spie&#x017F;&#x017F;e und Sebel junger Wag-<lb/>
ha&#x0364;l&#x017F;e. Ein alter Fechter beha&#x0364;lt allemal noch ei-<lb/>
nen Streich zuru&#x0364;cke. Darum &#x017F;oll man &#x017F;ich zu<lb/>
den Alten halten/ und von ihnen lernen. Wer<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;ern wil/ muß mit einem umgehen/ der be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er und klu&#x0364;ger i&#x017F;t/ weder er/ denn von &#x017F;eines glei-<lb/>
chen hat man &#x017F;ich geringer Be&#x017F;&#x017F;erung zu getro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten. Zu dem i&#x017F;t auch mein wei&#x017F;&#x017F;es Haar kein<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;er unfehlbarer Beweiß des Alters/ ange&#x017F;e-<lb/>
hen es vielen in der Natur i&#x017F;t/ daß &#x017F;ie zeitig grau<lb/>
werden. Mich betreffende/ hat mich die Sorge<lb/>
meines &#x017F;chweren Amtes mit &#x017F;olchem Schnee u&#x0364;-<lb/>
ber&#x017F;treuet. Solten aber auch die Jahre hieran<lb/>
Schuld &#x017F;eyn/ &#x017F;o hoffe ich vielmehr/ &#x017F;ie werde es<lb/>
&#x017F;ich eine gro&#x017F;&#x017F;e Ehre und Triumph &#x017F;cha&#x0364;tzen/ daß<lb/>
&#x017F;ich auch die wei&#x017F;en Grei&#x017F;en den Netzen ihrer An-<lb/>
muth und Huld willig dar&#x017F;tellen und gefangen<lb/>
geben/ da man doch &#x017F;on&#x017F;t ins gemein davor ha&#x0364;lt:<lb/>
Ein alter Fuchs &#x017F;ey u&#x0364;bel zufangen. Und al&#x017F;o<lb/>
kan ich es nicht la&#x0364;nger verbergen/ o&#x0364;ffentlich zu be-<lb/>
kennen/ wie das Eiß meiner Jahre vor der Son-<lb/>
nen ihrer Scho&#x0364;nheit gantz zer&#x017F;chmoltzen/ und was<lb/>
fu&#x0364;r Unruhe mir die Liebe durch &#x017F;ie erwecke/ in den<lb/>
Zeiten/ darinnen mir freylich die Ruhe am no&#x0364;-<lb/>
thig&#x017F;ten wa&#x0364;re. Mit einem Worte: ich bin ver-<lb/>
liebt/ und weiß auff die&#x017F;en Schaden kein ander<lb/>
Pfla&#x017F;ter/ als diejenige &#x017F;elb&#x017F;t/ &#x017F;o mich verwundet<lb/>
hat. Darum ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie &#x017F;ich/ meine Scho&#x0364;ne/<lb/>
zu ihrem be&#x017F;ten/ meinem Verlangen und un&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bey-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[516/0536] Der Aſiatiſchen Baniſe. ceßin? Alter Soldaten Kriegs-Rath verrichtet mehr/ weder die Spieſſe und Sebel junger Wag- haͤlſe. Ein alter Fechter behaͤlt allemal noch ei- nen Streich zuruͤcke. Darum ſoll man ſich zu den Alten halten/ und von ihnen lernen. Wer ſich beſſern wil/ muß mit einem umgehen/ der beſ- ſer und kluͤger iſt/ weder er/ denn von ſeines glei- chen hat man ſich geringer Beſſerung zu getroͤ- ſten. Zu dem iſt auch mein weiſſes Haar kein gewiſſer unfehlbarer Beweiß des Alters/ angeſe- hen es vielen in der Natur iſt/ daß ſie zeitig grau werden. Mich betreffende/ hat mich die Sorge meines ſchweren Amtes mit ſolchem Schnee uͤ- berſtreuet. Solten aber auch die Jahre hieran Schuld ſeyn/ ſo hoffe ich vielmehr/ ſie werde es ſich eine groſſe Ehre und Triumph ſchaͤtzen/ daß ſich auch die weiſen Greiſen den Netzen ihrer An- muth und Huld willig darſtellen und gefangen geben/ da man doch ſonſt ins gemein davor haͤlt: Ein alter Fuchs ſey uͤbel zufangen. Und alſo kan ich es nicht laͤnger verbergen/ oͤffentlich zu be- kennen/ wie das Eiß meiner Jahre vor der Son- nen ihrer Schoͤnheit gantz zerſchmoltzen/ und was fuͤr Unruhe mir die Liebe durch ſie erwecke/ in den Zeiten/ darinnen mir freylich die Ruhe am noͤ- thigſten waͤre. Mit einem Worte: ich bin ver- liebt/ und weiß auff dieſen Schaden kein ander Pflaſter/ als diejenige ſelbſt/ ſo mich verwundet hat. Darum entſchlieſſe ſie ſich/ meine Schoͤne/ zu ihrem beſten/ meinem Verlangen und unſer bey-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/536
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/536>, abgerufen am 22.11.2024.