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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
vormals tapfferer Printz/ sagte er/ ist es möglich/
daß ein zweiffelhaffter Zufall den sonst großmü-
thigen Geist besiegen könne? Eine solche Ver-
zweiffelung stehet nur niedrigen Gemüthern an.
Wer zum Scepter gebohren ist/ der muß sich ü-
ber keinen Unfall ändern: Und Großmüthigkeit
ist der Printzen höchste Zierde. Dahero muß
man auch in diesem Fall den Muth nicht sincken
lassen/ sondern sich auff die Hoffnung eines bessern
gründen. Heisset dieses dem vorigen nachleben:
als er seiner Princeßin versprach/ sein ihr gewied-
metes Leben zu ihrem Besten möglichst zu erhal-
ten? Wie wird solches ins künfftige bey ihr zu
verantworten seyn/ wenn sie wird Rechenschafft
der Liebe fodern? Grausame Verhinderer mei-
ner Ruhe! hub endlich der Printz an/ so wollet ihr
mir denn verwehren/ die geschworne Treu biß in
den Tod zu beobachten? Nicht wir/ antwortete
Ponnedro/ sondern die Pflicht/ gnädigster Herr/
womit er der Princeßin verbunden/ hält ihm die
Hand zurücke. Diese Verzweifflung hat die Un-
gewißheit zum Grunde/ und möchte eine Mutter
schmertzlichster Reue auch nach dem Tode seyn.
Jch sage ja nicht: die Princeßin sey todt; sondern
nur: daß man nicht wisse/ wie/ oder wo ihr Zu-
stand und Auffenthalt sey? Solches nun zu er-
kundigen/ und sie zu retten/ ist ein tapfferes Hertz
und kluger Geist höchst vonnöthen. Ein ver-
zweiffelter Muth aber/ ja ein todter Printz/ wird
sie noch hefftiger betrüben/ und gewiß in den ietzt

un-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
vormals tapfferer Printz/ ſagte er/ iſt es moͤglich/
daß ein zweiffelhaffter Zufall den ſonſt großmuͤ-
thigen Geiſt beſiegen koͤnne? Eine ſolche Ver-
zweiffelung ſtehet nur niedrigen Gemuͤthern an.
Wer zum Scepter gebohren iſt/ der muß ſich uͤ-
ber keinen Unfall aͤndern: Und Großmuͤthigkeit
iſt der Printzen hoͤchſte Zierde. Dahero muß
man auch in dieſem Fall den Muth nicht ſincken
laſſen/ ſondern ſich auff die Hoffnung eines beſſern
gruͤnden. Heiſſet dieſes dem vorigen nachleben:
als er ſeiner Princeßin verſprach/ ſein ihr gewied-
metes Leben zu ihrem Beſten moͤglichſt zu erhal-
ten? Wie wird ſolches ins kuͤnfftige bey ihr zu
verantworten ſeyn/ wenn ſie wird Rechenſchafft
der Liebe fodern? Grauſame Verhinderer mei-
ner Ruhe! hub endlich der Printz an/ ſo wollet ihr
mir denn verwehren/ die geſchworne Treu biß in
den Tod zu beobachten? Nicht wir/ antwortete
Ponnedro/ ſondern die Pflicht/ gnaͤdigſter Herr/
womit er der Princeßin verbunden/ haͤlt ihm die
Hand zuruͤcke. Dieſe Verzweifflung hat die Un-
gewißheit zum Grunde/ und moͤchte eine Mutter
ſchmertzlichſter Reue auch nach dem Tode ſeyn.
Jch ſage ja nicht: die Princeßin ſey todt; ſondern
nur: daß man nicht wiſſe/ wie/ oder wo ihr Zu-
ſtand und Auffenthalt ſey? Solches nun zu er-
kundigen/ und ſie zu retten/ iſt ein tapfferes Hertz
und kluger Geiſt hoͤchſt vonnoͤthen. Ein ver-
zweiffelter Muth aber/ ja ein todter Printz/ wird
ſie noch hefftiger betruͤben/ und gewiß in den ietzt

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[28/0048] Der Aſiatiſchen Baniſe. vormals tapfferer Printz/ ſagte er/ iſt es moͤglich/ daß ein zweiffelhaffter Zufall den ſonſt großmuͤ- thigen Geiſt beſiegen koͤnne? Eine ſolche Ver- zweiffelung ſtehet nur niedrigen Gemuͤthern an. Wer zum Scepter gebohren iſt/ der muß ſich uͤ- ber keinen Unfall aͤndern: Und Großmuͤthigkeit iſt der Printzen hoͤchſte Zierde. Dahero muß man auch in dieſem Fall den Muth nicht ſincken laſſen/ ſondern ſich auff die Hoffnung eines beſſern gruͤnden. Heiſſet dieſes dem vorigen nachleben: als er ſeiner Princeßin verſprach/ ſein ihr gewied- metes Leben zu ihrem Beſten moͤglichſt zu erhal- ten? Wie wird ſolches ins kuͤnfftige bey ihr zu verantworten ſeyn/ wenn ſie wird Rechenſchafft der Liebe fodern? Grauſame Verhinderer mei- ner Ruhe! hub endlich der Printz an/ ſo wollet ihr mir denn verwehren/ die geſchworne Treu biß in den Tod zu beobachten? Nicht wir/ antwortete Ponnedro/ ſondern die Pflicht/ gnaͤdigſter Herr/ womit er der Princeßin verbunden/ haͤlt ihm die Hand zuruͤcke. Dieſe Verzweifflung hat die Un- gewißheit zum Grunde/ und moͤchte eine Mutter ſchmertzlichſter Reue auch nach dem Tode ſeyn. Jch ſage ja nicht: die Princeßin ſey todt; ſondern nur: daß man nicht wiſſe/ wie/ oder wo ihr Zu- ſtand und Auffenthalt ſey? Solches nun zu er- kundigen/ und ſie zu retten/ iſt ein tapfferes Hertz und kluger Geiſt hoͤchſt vonnoͤthen. Ein ver- zweiffelter Muth aber/ ja ein todter Printz/ wird ſie noch hefftiger betruͤben/ und gewiß in den ietzt un-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/48>, abgerufen am 21.11.2024.