Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderes Buch.
Augenblick verlieren muste: den Cörper aber die-
ser unglückseligen Sclavin ließ er ohne Kopff
auff offenen Marckt hinwerffen/ welchen ieder-
man vor die entseelte Princeßin hielte: Die Prin-
ceßin wurde inmittelst in einem geheimen Zim-
mer verwahret/ biß die Götter einige Sicherheit
verleihen würden/ sie an einen unbesorgten Ort
zu führen. Erwehnte Sclavin aber hatte noch
eine Schwester im Leben/ welcher der Tod ihrer
so nahen Freundin dermassen zu Hertzen gieng/
daß sie der Princeßin daher entsprossene Lebens-
Rettung wenig oder gar nichts behertzigte/ ob sie
gleich nicht allein von dem Abaxar frey gespro-
chen/ sondern auch ansehnlich deßwegen beschen-
cket worden. Weil nun unter des Tyrannen
Frauenzimmer ein Fräulein von Anseda dem A-
baxar mit ungemeiner Liebe zugethan war/ und
doch nicht das geringste Zeichen einiger Gegen-
Liebe geniessen kunte/ so war ohne diß ihre halb-
verzweiffelte Liebe auff eine harte Rache bedacht
gewesen. Hierzu bekam sie erwünschte Gele-
genheit/ als sie durch den verrätherischen Mund
der Sclavin das Leben und den Auffenthalt der
Princeßin Banise vernahm/ und gab sie dersel-
ben einig und allein die Hinderung ihrer Liebe
Schuld: Weßwegen sie denn solches alsobald dem
Rolim entdeckete/ und dadurch sich sattsam zu rä-
chen verhoffte. Dieses schlug ihr auch nicht fehl/
indem es der Rolim auff eine sonderbare Art vor-
zubringen wuste/ wodurch die Verrätherin ver-

bor-
A a

Anderes Buch.
Augenblick verlieren muſte: den Coͤrper aber die-
ſer ungluͤckſeligen Sclavin ließ er ohne Kopff
auff offenen Marckt hinwerffen/ welchen ieder-
man vor die entſeelte Princeßin hielte: Die Prin-
ceßin wurde inmittelſt in einem geheimen Zim-
mer verwahret/ biß die Goͤtter einige Sicherheit
verleihen wuͤrden/ ſie an einen unbeſorgten Ort
zu fuͤhren. Erwehnte Sclavin aber hatte noch
eine Schweſter im Leben/ welcher der Tod ihrer
ſo nahen Freundin dermaſſen zu Hertzen gieng/
daß ſie der Princeßin daher entſproſſene Lebens-
Rettung wenig oder gar nichts behertzigte/ ob ſie
gleich nicht allein von dem Abaxar frey geſpro-
chen/ ſondern auch anſehnlich deßwegen beſchen-
cket worden. Weil nun unter des Tyrannen
Frauenzimmer ein Fraͤulein von Anſeda dem A-
baxar mit ungemeiner Liebe zugethan war/ und
doch nicht das geringſte Zeichen einiger Gegen-
Liebe genieſſen kunte/ ſo war ohne diß ihre halb-
verzweiffelte Liebe auff eine harte Rache bedacht
geweſen. Hierzu bekam ſie erwuͤnſchte Gele-
genheit/ als ſie durch den verraͤtheriſchen Mund
der Sclavin das Leben und den Auffenthalt der
Princeßin Baniſe vernahm/ und gab ſie derſel-
ben einig und allein die Hinderung ihrer Liebe
Schuld: Weßwegen ſie deñ ſolches alſobald dem
Rolim entdeckete/ und dadurch ſich ſattſam zu raͤ-
chen verhoffte. Dieſes ſchlug ihr auch nicht fehl/
indem es der Rolim auff eine ſonderbare Art vor-
zubringen wuſte/ wodurch die Verraͤtherin ver-

bor-
A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0389" n="369"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderes Buch.</hi></fw><lb/>
Augenblick verlieren mu&#x017F;te: den Co&#x0364;rper aber die-<lb/>
&#x017F;er unglu&#x0364;ck&#x017F;eligen Sclavin ließ er ohne Kopff<lb/>
auff offenen Marckt hinwerffen/ welchen ieder-<lb/>
man vor die ent&#x017F;eelte Princeßin hielte: Die Prin-<lb/>
ceßin wurde inmittel&#x017F;t in einem geheimen Zim-<lb/>
mer verwahret/ biß die Go&#x0364;tter einige Sicherheit<lb/>
verleihen wu&#x0364;rden/ &#x017F;ie an einen unbe&#x017F;orgten Ort<lb/>
zu fu&#x0364;hren. Erwehnte Sclavin aber hatte noch<lb/>
eine Schwe&#x017F;ter im Leben/ welcher der Tod ihrer<lb/>
&#x017F;o nahen Freundin derma&#x017F;&#x017F;en zu Hertzen gieng/<lb/>
daß &#x017F;ie der Princeßin daher ent&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;ene Lebens-<lb/>
Rettung wenig oder gar nichts behertzigte/ ob &#x017F;ie<lb/>
gleich nicht allein von dem Abaxar frey ge&#x017F;pro-<lb/>
chen/ &#x017F;ondern auch an&#x017F;ehnlich deßwegen be&#x017F;chen-<lb/>
cket worden. Weil nun unter des Tyrannen<lb/>
Frauenzimmer ein Fra&#x0364;ulein von An&#x017F;eda dem A-<lb/>
baxar mit ungemeiner Liebe zugethan war/ und<lb/>
doch nicht das gering&#x017F;te Zeichen einiger Gegen-<lb/>
Liebe genie&#x017F;&#x017F;en kunte/ &#x017F;o war ohne diß ihre halb-<lb/>
verzweiffelte Liebe auff eine harte Rache bedacht<lb/>
gewe&#x017F;en. Hierzu bekam &#x017F;ie erwu&#x0364;n&#x017F;chte Gele-<lb/>
genheit/ als &#x017F;ie durch den verra&#x0364;theri&#x017F;chen Mund<lb/>
der Sclavin das Leben und den Auffenthalt der<lb/>
Princeßin Bani&#x017F;e vernahm/ und gab &#x017F;ie der&#x017F;el-<lb/>
ben einig und allein die Hinderung ihrer Liebe<lb/>
Schuld: Weßwegen &#x017F;ie deñ &#x017F;olches al&#x017F;obald dem<lb/>
Rolim entdeckete/ und dadurch &#x017F;ich &#x017F;att&#x017F;am zu ra&#x0364;-<lb/>
chen verhoffte. Die&#x017F;es &#x017F;chlug ihr auch nicht fehl/<lb/>
indem es der Rolim auff eine &#x017F;onderbare Art vor-<lb/>
zubringen wu&#x017F;te/ wodurch die Verra&#x0364;therin ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a</fw><fw place="bottom" type="catch">bor-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0389] Anderes Buch. Augenblick verlieren muſte: den Coͤrper aber die- ſer ungluͤckſeligen Sclavin ließ er ohne Kopff auff offenen Marckt hinwerffen/ welchen ieder- man vor die entſeelte Princeßin hielte: Die Prin- ceßin wurde inmittelſt in einem geheimen Zim- mer verwahret/ biß die Goͤtter einige Sicherheit verleihen wuͤrden/ ſie an einen unbeſorgten Ort zu fuͤhren. Erwehnte Sclavin aber hatte noch eine Schweſter im Leben/ welcher der Tod ihrer ſo nahen Freundin dermaſſen zu Hertzen gieng/ daß ſie der Princeßin daher entſproſſene Lebens- Rettung wenig oder gar nichts behertzigte/ ob ſie gleich nicht allein von dem Abaxar frey geſpro- chen/ ſondern auch anſehnlich deßwegen beſchen- cket worden. Weil nun unter des Tyrannen Frauenzimmer ein Fraͤulein von Anſeda dem A- baxar mit ungemeiner Liebe zugethan war/ und doch nicht das geringſte Zeichen einiger Gegen- Liebe genieſſen kunte/ ſo war ohne diß ihre halb- verzweiffelte Liebe auff eine harte Rache bedacht geweſen. Hierzu bekam ſie erwuͤnſchte Gele- genheit/ als ſie durch den verraͤtheriſchen Mund der Sclavin das Leben und den Auffenthalt der Princeßin Baniſe vernahm/ und gab ſie derſel- ben einig und allein die Hinderung ihrer Liebe Schuld: Weßwegen ſie deñ ſolches alſobald dem Rolim entdeckete/ und dadurch ſich ſattſam zu raͤ- chen verhoffte. Dieſes ſchlug ihr auch nicht fehl/ indem es der Rolim auff eine ſonderbare Art vor- zubringen wuſte/ wodurch die Verraͤtherin ver- bor- A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/389
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/389>, abgerufen am 24.11.2024.