Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. gen. Wolten die Götter! hub der Printz an/ derunruhige Chaumigrem liesse sich in einigen Krieg mit seinen Nachbarn ein/ so hätte ich erwünschte Gelegenheit/ die an meinem Herrn Vater began- gene Zauberey zu rächen. Was aber nun an- zufangen? Hierauff gaben mir sonder Zweiffel die Götter in Sinn/ dem zweiffelhafften Printzen folgenden guten Rath zu ertheilen: Gnädigster Herr/ sagte ich/ man soll zwar in allen Dingen die Vernunfft fleißig zu rathe ziehen/ allein wo diese nicht zulänglich ist/ da ist wol der beste Weg/ den Rath der Götter anzuflehen. Wollen wir nun unsers Vorhabens gewiß seyn/ so wäre meine un- vorgreiffliche Meynung/ wir erwehleten uns ei- nen gewissen Götzen Tempel in-oder ausser Lan- des/ verrichteten allda unsere Andacht/ und erwar- teten so denn eines Göttlichen Ausspruchs/ nach welchem wir am sichersten unsere Reise anstellen können. Dieses Eingeben gefiel dem Printzen sehr wohl/ dannenhero wir morgenden Tages noch vor auffgehender Sonnen unsere Reise an- traten/ mit dem Vorsatz/ uns gegen Mittag zu wenden/ und den ersten Tempel zu besuchen. Als wir nun nach drey tägiger Reise/ den wegen seines Götzen Tempels berühmten Gräntz-Flecken/ Pandior/ erlanget hatten/ entschloß mein Printz/ hier zu verziehen/ und den fernern Weg bey den Göttern zu erforschen. Jch muste mich so fort nach dem obersten Talipon oder Priester bege- ben/ dessen Behausung mir unfern des Tempels ge- K 4
Erſtes Buch. gen. Wolten die Goͤtter! hub der Printz an/ derunruhige Chaumigrem lieſſe ſich in einigen Krieg mit ſeinen Nachbarn ein/ ſo haͤtte ich erwuͤnſchte Gelegenheit/ die an meinem Herrn Vater began- gene Zauberey zu raͤchen. Was aber nun an- zufangen? Hierauff gaben mir ſonder Zweiffel die Goͤtter in Sinn/ dem zweiffelhafften Printzen folgenden guten Rath zu ertheilen: Gnaͤdigſter Herr/ ſagte ich/ man ſoll zwar in allen Dingen die Vernunfft fleißig zu rathe ziehen/ allein wo dieſe nicht zulaͤnglich iſt/ da iſt wol der beſte Weg/ den Rath der Goͤtter anzuflehen. Wollen wir nun unſers Vorhabens gewiß ſeyn/ ſo waͤre meine un- vorgreiffliche Meynung/ wir erwehleten uns ei- nen gewiſſen Goͤtzen Tempel in-oder auſſer Lan- des/ verrichteten allda unſere Andacht/ und erwar- teten ſo denn eines Goͤttlichen Ausſpruchs/ nach welchem wir am ſicherſten unſere Reiſe anſtellen koͤnnen. Dieſes Eingeben gefiel dem Printzen ſehr wohl/ dannenhero wir morgenden Tages noch vor auffgehender Sonnen unſere Reiſe an- traten/ mit dem Vorſatz/ uns gegen Mittag zu wenden/ und den erſten Tempel zu beſuchen. Als wir nun nach drey taͤgiger Reiſe/ den wegen ſeines Goͤtzen Tempels beruͤhmten Graͤntz-Flecken/ Pandior/ erlanget hatten/ entſchloß mein Printz/ hier zu verziehen/ und den fernern Weg bey den Goͤttern zu erforſchen. Jch muſte mich ſo fort nach dem oberſten Talipon oder Prieſter bege- ben/ deſſen Behauſung mir unfern des Tempels ge- K 4
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Erſtes Buch.
gen. Wolten die Goͤtter! hub der Printz an/ der
unruhige Chaumigrem lieſſe ſich in einigen Krieg
mit ſeinen Nachbarn ein/ ſo haͤtte ich erwuͤnſchte
Gelegenheit/ die an meinem Herrn Vater began-
gene Zauberey zu raͤchen. Was aber nun an-
zufangen? Hierauff gaben mir ſonder Zweiffel
die Goͤtter in Sinn/ dem zweiffelhafften Printzen
folgenden guten Rath zu ertheilen: Gnaͤdigſter
Herr/ ſagte ich/ man ſoll zwar in allen Dingen die
Vernunfft fleißig zu rathe ziehen/ allein wo dieſe
nicht zulaͤnglich iſt/ da iſt wol der beſte Weg/ den
Rath der Goͤtter anzuflehen. Wollen wir nun
unſers Vorhabens gewiß ſeyn/ ſo waͤre meine un-
vorgreiffliche Meynung/ wir erwehleten uns ei-
nen gewiſſen Goͤtzen Tempel in-oder auſſer Lan-
des/ verrichteten allda unſere Andacht/ und erwar-
teten ſo denn eines Goͤttlichen Ausſpruchs/ nach
welchem wir am ſicherſten unſere Reiſe anſtellen
koͤnnen. Dieſes Eingeben gefiel dem Printzen
ſehr wohl/ dannenhero wir morgenden Tages
noch vor auffgehender Sonnen unſere Reiſe an-
traten/ mit dem Vorſatz/ uns gegen Mittag zu
wenden/ und den erſten Tempel zu beſuchen. Als
wir nun nach drey taͤgiger Reiſe/ den wegen ſeines
Goͤtzen Tempels beruͤhmten Graͤntz-Flecken/
Pandior/ erlanget hatten/ entſchloß mein Printz/
hier zu verziehen/ und den fernern Weg bey den
Goͤttern zu erforſchen. Jch muſte mich ſo fort
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Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/171>, abgerufen am 16.02.2025. |