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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
kaum den dritten vor eine Warnung gelten. Jch
bin zum höchstem Leidwesen mehr als sechsmahl
dergestalt angelauffen/ daß man mit mir/ wie
mit einem versaltzenen Brey umgegangen/ wel-
chen ieder/ wenn er ein paar Löffel davon genos-
sen/ stehen lassen: Hier wolte der alte Talemon
nicht länger zuhören/ sondern gieng seufftzende da-
von/ begab sich aber bald nach des Printzen Zim-
mer/ den er wachende befand/ und nach Aner-
wündschung eines beglückten Morgens nach dem
Zustande seiner Gesundheit forschete/ welche denn
nach dieser Ruhe mercklich zuzunehmen schien.
Als er auch nach der Wunde sahe/ befand er die-
selbe dermassen/ daß er seinen Haus-Mitteln eine
sonderbahre Krafft zuschreiben muste. Worauff
er den Printzen ferner anredete: Gnädigster Herr/
wo iemahls der Rath eines alten und treuen Die-
ners gegolten hat/ so bitte ich nicht übel zu deuten/
wenn ich/ nicht ohne Ursache/ erinnere/ sich gegen
meine Frau ehrerbietig/ und gegen meine Pflege-
Tochter verliebt anzustellen: widrigen Falles
stehet uns ein grosser Unfall vor. Wie? antwor-
tete der Printz/ solte ich mich wohl auff solche un-
verantwortliche Art und Weise an meiner himm-
lischen Banisen versündigen? das sey ferne! So
sind wir des Todes/ wiederredte Talemon/ denn
die Götter haben die Sünden meiner Jugend
durch meine ietzige Ehe gerochen. Jch habe mit
Entsetzen angehöret/ wie meine Frau entschlos-
sen/ des Printzen Anwesenheit/ ob zwar in un-

be-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
kaum den dritten vor eine Warnung gelten. Jch
bin zum hoͤchſtem Leidweſen mehr als ſechsmahl
dergeſtalt angelauffen/ daß man mit mir/ wie
mit einem verſaltzenen Brey umgegangen/ wel-
chen ieder/ wenn er ein paar Loͤffel davon genoſ-
ſen/ ſtehen laſſen: Hier wolte der alte Talemon
nicht laͤnger zuhoͤren/ ſondern gieng ſeufftzende da-
von/ begab ſich aber bald nach des Printzen Zim-
mer/ den er wachende befand/ und nach Aner-
wuͤndſchung eines begluͤckten Morgens nach dem
Zuſtande ſeiner Geſundheit forſchete/ welche denn
nach dieſer Ruhe mercklich zuzunehmen ſchien.
Als er auch nach der Wunde ſahe/ befand er die-
ſelbe dermaſſen/ daß er ſeinen Haus-Mitteln eine
ſonderbahre Krafft zuſchreiben muſte. Worauff
er den Printzen ferner anredete: Gnaͤdigſter Herꝛ/
wo iemahls der Rath eines alten und treuen Die-
ners gegolten hat/ ſo bitte ich nicht uͤbel zu deuten/
wenn ich/ nicht ohne Urſache/ erinnere/ ſich gegen
meine Frau ehrerbietig/ und gegen meine Pflege-
Tochter verliebt anzuſtellen: widrigen Falles
ſtehet uns ein groſſer Unfall vor. Wie? antwor-
tete der Printz/ ſolte ich mich wohl auff ſolche un-
verantwortliche Art und Weiſe an meiner himm-
liſchen Baniſen verſuͤndigen? das ſey ferne! So
ſind wir des Todes/ wiederredte Talemon/ denn
die Goͤtter haben die Suͤnden meiner Jugend
durch meine ietzige Ehe gerochen. Jch habe mit
Entſetzen angehoͤret/ wie meine Frau entſchloſ-
ſen/ des Printzen Anweſenheit/ ob zwar in un-

be-
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[138/0158] Der Aſiatiſchen Baniſe. kaum den dritten vor eine Warnung gelten. Jch bin zum hoͤchſtem Leidweſen mehr als ſechsmahl dergeſtalt angelauffen/ daß man mit mir/ wie mit einem verſaltzenen Brey umgegangen/ wel- chen ieder/ wenn er ein paar Loͤffel davon genoſ- ſen/ ſtehen laſſen: Hier wolte der alte Talemon nicht laͤnger zuhoͤren/ ſondern gieng ſeufftzende da- von/ begab ſich aber bald nach des Printzen Zim- mer/ den er wachende befand/ und nach Aner- wuͤndſchung eines begluͤckten Morgens nach dem Zuſtande ſeiner Geſundheit forſchete/ welche denn nach dieſer Ruhe mercklich zuzunehmen ſchien. Als er auch nach der Wunde ſahe/ befand er die- ſelbe dermaſſen/ daß er ſeinen Haus-Mitteln eine ſonderbahre Krafft zuſchreiben muſte. Worauff er den Printzen ferner anredete: Gnaͤdigſter Herꝛ/ wo iemahls der Rath eines alten und treuen Die- ners gegolten hat/ ſo bitte ich nicht uͤbel zu deuten/ wenn ich/ nicht ohne Urſache/ erinnere/ ſich gegen meine Frau ehrerbietig/ und gegen meine Pflege- Tochter verliebt anzuſtellen: widrigen Falles ſtehet uns ein groſſer Unfall vor. Wie? antwor- tete der Printz/ ſolte ich mich wohl auff ſolche un- verantwortliche Art und Weiſe an meiner himm- liſchen Baniſen verſuͤndigen? das ſey ferne! So ſind wir des Todes/ wiederredte Talemon/ denn die Goͤtter haben die Suͤnden meiner Jugend durch meine ietzige Ehe gerochen. Jch habe mit Entſetzen angehoͤret/ wie meine Frau entſchloſ- ſen/ des Printzen Anweſenheit/ ob zwar in un- be-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/158>, abgerufen am 21.11.2024.