Teufel. Verwegner, ich verstehe deinen Willen, und schaudere vor deiner Kühnheit, ich ein Teufel.
Faust. Elender Geist, du windest dich mit dieser Ausflucht nicht los. In meinem glühenden Durst würd ich unternehmen, das ungeheure Meer auszutrinken, wenn ich in seinem Abgrund das zu finden hoffte, was ich suchte. Ich bin dein; oder des- sen -- noch steh ich da, wohin kein Teufel dringen kann, noch ist Faust sein Herr!
Teufel. Das warst du vor einem Augen- blick noch. Dein Loos ist geworfen, war geworfen, da du diesen Kreiß betratst. Wer in mein Angesicht geblickt hat, kehrt um- sonst zurück, und so verlaß ich dich.
Faust. Reden sollst du, und die dunkle Decke wegreißen, die mir die Geisterwelt verbirgt. Was seh ich in dir? ein Ding, wie ich es bin. Ich will des Menschen Bestimmung erfahren, die Ursach des mo- ralischen Uebels in der Welt. Ich will wis- sen, warum der Gerechte leidet, und der
Laster-
Fausts Leben. E
Teufel. Verwegner, ich verſtehe deinen Willen, und ſchaudere vor deiner Kuͤhnheit, ich ein Teufel.
Fauſt. Elender Geiſt, du windeſt dich mit dieſer Ausflucht nicht los. In meinem gluͤhenden Durſt wuͤrd ich unternehmen, das ungeheure Meer auszutrinken, wenn ich in ſeinem Abgrund das zu finden hoffte, was ich ſuchte. Ich bin dein; oder deſ- ſen — noch ſteh ich da, wohin kein Teufel dringen kann, noch iſt Fauſt ſein Herr!
Teufel. Das warſt du vor einem Augen- blick noch. Dein Loos iſt geworfen, war geworfen, da du dieſen Kreiß betratſt. Wer in mein Angeſicht geblickt hat, kehrt um- ſonſt zuruͤck, und ſo verlaß ich dich.
Fauſt. Reden ſollſt du, und die dunkle Decke wegreißen, die mir die Geiſterwelt verbirgt. Was ſeh ich in dir? ein Ding, wie ich es bin. Ich will des Menſchen Beſtimmung erfahren, die Urſach des mo- raliſchen Uebels in der Welt. Ich will wiſ- ſen, warum der Gerechte leidet, und der
Laſter-
Fauſts Leben. E
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Teufel. Verwegner, ich verſtehe deinen
Willen, und ſchaudere vor deiner Kuͤhnheit,
ich ein Teufel.
Fauſt. Elender Geiſt, du windeſt dich
mit dieſer Ausflucht nicht los. In meinem
gluͤhenden Durſt wuͤrd ich unternehmen,
das ungeheure Meer auszutrinken, wenn
ich in ſeinem Abgrund das zu finden hoffte,
was ich ſuchte. Ich bin dein; oder deſ-
ſen — noch ſteh ich da, wohin kein Teufel
dringen kann, noch iſt Fauſt ſein Herr!
Teufel. Das warſt du vor einem Augen-
blick noch. Dein Loos iſt geworfen, war
geworfen, da du dieſen Kreiß betratſt. Wer
in mein Angeſicht geblickt hat, kehrt um-
ſonſt zuruͤck, und ſo verlaß ich dich.
Fauſt. Reden ſollſt du, und die dunkle
Decke wegreißen, die mir die Geiſterwelt
verbirgt. Was ſeh ich in dir? ein Ding,
wie ich es bin. Ich will des Menſchen
Beſtimmung erfahren, die Urſach des mo-
raliſchen Uebels in der Welt. Ich will wiſ-
ſen, warum der Gerechte leidet, und der
Laſter-
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/76>, abgerufen am 22.11.2024.
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