Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

dert -- das Schwerdt in der Hand, das
ich einst gegen den Rächer zog, den unge-
heuren Schild am Arm, den sein Donner
durchlöchert hat, du würdest in deinem Krei-
ße zu Asche werden.

Faust. Nun so hätte ich doch einmal et-
was Großes gesehen.

Teufel. Dein Muth würde mir gefallen;
aber nie seyd ihr lächerlicher, als wenn ihr
erhaben zu fühlen glaubt, indem ihr das
Kleine, das ihr umfassen könnt, mit dem
Ungeheuren und Großen, das ihr nicht
übersehen könnt, zusammenstellt. So mag
der Wurm den vorübergehenden Elephanten
dann auch ausmessen, und im Augenblicke sei-
ne Schwere berechnen, wenn er unter sei-
nem gewaltigen Fuß hinstirbt.

Faust. Spötter! und was ist der Geist
in mir, der, wenn er einmal den Fuß auf
die Leiter gesezt hat, von Sproße zu Spro-
ße, bis ins Unendliche steigt? Wo ist seine
Gränze?

Teu-

dert — das Schwerdt in der Hand, das
ich einſt gegen den Raͤcher zog, den unge-
heuren Schild am Arm, den ſein Donner
durchloͤchert hat, du wuͤrdeſt in deinem Krei-
ße zu Aſche werden.

Fauſt. Nun ſo haͤtte ich doch einmal et-
was Großes geſehen.

Teufel. Dein Muth wuͤrde mir gefallen;
aber nie ſeyd ihr laͤcherlicher, als wenn ihr
erhaben zu fuͤhlen glaubt, indem ihr das
Kleine, das ihr umfaſſen koͤnnt, mit dem
Ungeheuren und Großen, das ihr nicht
uͤberſehen koͤnnt, zuſammenſtellt. So mag
der Wurm den voruͤbergehenden Elephanten
dann auch ausmeſſen, und im Augenblicke ſei-
ne Schwere berechnen, wenn er unter ſei-
nem gewaltigen Fuß hinſtirbt.

Fauſt. Spoͤtter! und was iſt der Geiſt
in mir, der, wenn er einmal den Fuß auf
die Leiter geſezt hat, von Sproße zu Spro-
ße, bis ins Unendliche ſteigt? Wo iſt ſeine
Graͤnze?

Teu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="59"/>
dert &#x2014; das Schwerdt in der Hand, das<lb/>
ich ein&#x017F;t gegen den Ra&#x0364;cher zog, den unge-<lb/>
heuren Schild am Arm, den &#x017F;ein Donner<lb/>
durchlo&#x0364;chert hat, du wu&#x0364;rde&#x017F;t in deinem Krei-<lb/>
ße zu A&#x017F;che werden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;t</hi>. Nun &#x017F;o ha&#x0364;tte ich doch einmal et-<lb/>
was Großes ge&#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Teufel</hi>. Dein Muth wu&#x0364;rde mir gefallen;<lb/>
aber nie &#x017F;eyd ihr la&#x0364;cherlicher, als wenn ihr<lb/>
erhaben zu fu&#x0364;hlen glaubt, indem ihr das<lb/><hi rendition="#fr">Kleine</hi>, das ihr umfa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnt, mit dem<lb/><hi rendition="#fr"><choice><sic>Ungehenren</sic><corr>Ungeheuren</corr></choice></hi> und <hi rendition="#fr">Großen</hi>, das ihr nicht<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;ehen ko&#x0364;nnt, zu&#x017F;ammen&#x017F;tellt. So mag<lb/>
der Wurm den voru&#x0364;bergehenden Elephanten<lb/>
dann auch ausme&#x017F;&#x017F;en, und im Augenblicke &#x017F;ei-<lb/>
ne Schwere berechnen, wenn er unter &#x017F;ei-<lb/>
nem gewaltigen Fuß hin&#x017F;tirbt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;t</hi>. Spo&#x0364;tter! und was i&#x017F;t der Gei&#x017F;t<lb/>
in mir, der, wenn er einmal den Fuß auf<lb/>
die Leiter ge&#x017F;ezt hat, von Sproße zu Spro-<lb/>
ße, bis ins Unendliche &#x017F;teigt? Wo i&#x017F;t &#x017F;eine<lb/>
Gra&#x0364;nze?</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Teu-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0070] dert — das Schwerdt in der Hand, das ich einſt gegen den Raͤcher zog, den unge- heuren Schild am Arm, den ſein Donner durchloͤchert hat, du wuͤrdeſt in deinem Krei- ße zu Aſche werden. Fauſt. Nun ſo haͤtte ich doch einmal et- was Großes geſehen. Teufel. Dein Muth wuͤrde mir gefallen; aber nie ſeyd ihr laͤcherlicher, als wenn ihr erhaben zu fuͤhlen glaubt, indem ihr das Kleine, das ihr umfaſſen koͤnnt, mit dem Ungeheuren und Großen, das ihr nicht uͤberſehen koͤnnt, zuſammenſtellt. So mag der Wurm den voruͤbergehenden Elephanten dann auch ausmeſſen, und im Augenblicke ſei- ne Schwere berechnen, wenn er unter ſei- nem gewaltigen Fuß hinſtirbt. Fauſt. Spoͤtter! und was iſt der Geiſt in mir, der, wenn er einmal den Fuß auf die Leiter geſezt hat, von Sproße zu Spro- ße, bis ins Unendliche ſteigt? Wo iſt ſeine Graͤnze? Teu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/70
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/70>, abgerufen am 04.05.2024.