nius deckte seine muthige Streiter und flei- ßige Arbeiter mit einem großen glänzenden Schilde, den ihm eine Hand aus den Wol- ken reichte; er konnte aber die unzählbare Menge nicht bergen. Mit tiefem Schmer- ze sah er viele Tausende der Seinigen unter den vergifteten Pfeilen, und den mördrischen Waffen hinsinken. Viele ließen sich von den Vorspieglungen und Lockungen derer be- thören, die ihnen die bezauberten Becher als Erquickung darreichten, taumelten dann in wildem Rausche herum, und zerstöhrten die mühsame Arbeit ihrer Hände. Die mit den Fackeln bewaffneten machten sich mit ihren Dolchen einen Weg, warfen ihre Fa- ckeln in das angefangne Gebäude, schon loderte die Flamme, und drohte das herr- liche Werk in die Asche zu legen. Der Ge- nius sah mit schmerzvollem Blick auf die Gefallnen und Verirrten, sprach den Uebri- gen Muth zu, flößte ihnen durch seine Standhaftigkeit und Erhabenheit, Kraft, Geduld und Ausharren ein. Sie löschten
die
nius deckte ſeine muthige Streiter und flei- ßige Arbeiter mit einem großen glaͤnzenden Schilde, den ihm eine Hand aus den Wol- ken reichte; er konnte aber die unzaͤhlbare Menge nicht bergen. Mit tiefem Schmer- ze ſah er viele Tauſende der Seinigen unter den vergifteten Pfeilen, und den moͤrdriſchen Waffen hinſinken. Viele ließen ſich von den Vorſpieglungen und Lockungen derer be- thoͤren, die ihnen die bezauberten Becher als Erquickung darreichten, taumelten dann in wildem Rauſche herum, und zerſtoͤhrten die muͤhſame Arbeit ihrer Haͤnde. Die mit den Fackeln bewaffneten machten ſich mit ihren Dolchen einen Weg, warfen ihre Fa- ckeln in das angefangne Gebaͤude, ſchon loderte die Flamme, und drohte das herr- liche Werk in die Aſche zu legen. Der Ge- nius ſah mit ſchmerzvollem Blick auf die Gefallnen und Verirrten, ſprach den Uebri- gen Muth zu, floͤßte ihnen durch ſeine Standhaftigkeit und Erhabenheit, Kraft, Geduld und Ausharren ein. Sie loͤſchten
die
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nius deckte ſeine muthige Streiter und flei-
ßige Arbeiter mit einem großen glaͤnzenden
Schilde, den ihm eine Hand aus den Wol-
ken reichte; er konnte aber die unzaͤhlbare
Menge nicht bergen. Mit tiefem Schmer-
ze ſah er viele Tauſende der Seinigen unter
den vergifteten Pfeilen, und den moͤrdriſchen
Waffen hinſinken. Viele ließen ſich von
den Vorſpieglungen und Lockungen derer be-
thoͤren, die ihnen die bezauberten Becher
als Erquickung darreichten, taumelten dann
in wildem Rauſche herum, und zerſtoͤhrten
die muͤhſame Arbeit ihrer Haͤnde. Die mit
den Fackeln bewaffneten machten ſich mit
ihren Dolchen einen Weg, warfen ihre Fa-
ckeln in das angefangne Gebaͤude, ſchon
loderte die Flamme, und drohte das herr-
liche Werk in die Aſche zu legen. Der Ge-
nius ſah mit ſchmerzvollem Blick auf die
Gefallnen und Verirrten, ſprach den Uebri-
gen Muth zu, floͤßte ihnen durch ſeine
Standhaftigkeit und Erhabenheit, Kraft,
Geduld und Ausharren ein. Sie loͤſchten
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/373>, abgerufen am 22.11.2024.
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