rechtmäßigen König von England, nebst sei- nem Bruder York durch Meuchelmör der er- morden, und an der Schwelle ihres Gefäng- nisses begraben ließ. Er war Zeuge der niederträchtigen Unterwerfung des Parla- ments, und der Krönung des scheußlichen Tyrannen. Er war Zeuge davon, wie sich die Königin mit dem Mörder ihrer Söhne in Unterhandlung einließ, seine gewaltsame Thronbesteigung durch die Hand ihrer älte- sten Tochter zu unterstützen, um im Glanz des Hofes und der Herrschaft erscheinen zu können, ob sie gleich durch die empörten Großen des Reichs, mit ihrem künftigen Rächer, dem Grafen Reichmond, in gleiche Verbindung getreten war. Dieses brachte Fausten so auf, daß ihn selbst die Reize der schönen Engländerinnen nicht länger in die- ser Insel fesseln konnten, er verließ sie im finstern Groll, denn so kalt und ohne allen Schleier hatte er noch nicht Verbrechen be- gehen sehen. Er war noch nicht in Rom gewesen. Als sie im Begriff waren,
sich
rechtmaͤßigen Koͤnig von England, nebſt ſei- nem Bruder York durch Meuchelmoͤr der er- morden, und an der Schwelle ihres Gefaͤng- niſſes begraben ließ. Er war Zeuge der niedertraͤchtigen Unterwerfung des Parla- ments, und der Kroͤnung des ſcheußlichen Tyrannen. Er war Zeuge davon, wie ſich die Koͤnigin mit dem Moͤrder ihrer Soͤhne in Unterhandlung einließ, ſeine gewaltſame Thronbeſteigung durch die Hand ihrer aͤlte- ſten Tochter zu unterſtuͤtzen, um im Glanz des Hofes und der Herrſchaft erſcheinen zu koͤnnen, ob ſie gleich durch die empoͤrten Großen des Reichs, mit ihrem kuͤnftigen Raͤcher, dem Grafen Reichmond, in gleiche Verbindung getreten war. Dieſes brachte Fauſten ſo auf, daß ihn ſelbſt die Reize der ſchoͤnen Englaͤnderinnen nicht laͤnger in die- ſer Inſel feſſeln konnten, er verließ ſie im finſtern Groll, denn ſo kalt und ohne allen Schleier hatte er noch nicht Verbrechen be- gehen ſehen. Er war noch nicht in Rom geweſen. Als ſie im Begriff waren,
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0303"n="292"/>
rechtmaͤßigen Koͤnig von England, nebſt ſei-<lb/>
nem Bruder York durch Meuchelmoͤr der er-<lb/>
morden, und an der Schwelle ihres Gefaͤng-<lb/>
niſſes begraben ließ. Er war Zeuge der<lb/>
niedertraͤchtigen Unterwerfung des Parla-<lb/>
ments, und der Kroͤnung des ſcheußlichen<lb/>
Tyrannen. Er war Zeuge davon, wie ſich<lb/>
die Koͤnigin mit dem Moͤrder ihrer Soͤhne<lb/>
in Unterhandlung einließ, ſeine gewaltſame<lb/>
Thronbeſteigung durch die Hand ihrer aͤlte-<lb/>ſten Tochter zu unterſtuͤtzen, um im Glanz<lb/>
des Hofes und der Herrſchaft erſcheinen zu<lb/>
koͤnnen, ob ſie gleich durch die empoͤrten<lb/>
Großen des Reichs, mit ihrem kuͤnftigen<lb/>
Raͤcher, dem Grafen Reichmond, in gleiche<lb/>
Verbindung getreten war. Dieſes brachte<lb/>
Fauſten ſo auf, daß ihn ſelbſt die Reize der<lb/>ſchoͤnen Englaͤnderinnen nicht laͤnger in die-<lb/>ſer Inſel feſſeln konnten, er verließ ſie im<lb/>
finſtern Groll, denn ſo kalt und ohne allen<lb/>
Schleier hatte er noch nicht Verbrechen be-<lb/>
gehen ſehen. Er war noch nicht in Rom<lb/>
geweſen. Als ſie im Begriff waren,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[292/0303]
rechtmaͤßigen Koͤnig von England, nebſt ſei-
nem Bruder York durch Meuchelmoͤr der er-
morden, und an der Schwelle ihres Gefaͤng-
niſſes begraben ließ. Er war Zeuge der
niedertraͤchtigen Unterwerfung des Parla-
ments, und der Kroͤnung des ſcheußlichen
Tyrannen. Er war Zeuge davon, wie ſich
die Koͤnigin mit dem Moͤrder ihrer Soͤhne
in Unterhandlung einließ, ſeine gewaltſame
Thronbeſteigung durch die Hand ihrer aͤlte-
ſten Tochter zu unterſtuͤtzen, um im Glanz
des Hofes und der Herrſchaft erſcheinen zu
koͤnnen, ob ſie gleich durch die empoͤrten
Großen des Reichs, mit ihrem kuͤnftigen
Raͤcher, dem Grafen Reichmond, in gleiche
Verbindung getreten war. Dieſes brachte
Fauſten ſo auf, daß ihn ſelbſt die Reize der
ſchoͤnen Englaͤnderinnen nicht laͤnger in die-
ſer Inſel feſſeln konnten, er verließ ſie im
finſtern Groll, denn ſo kalt und ohne allen
Schleier hatte er noch nicht Verbrechen be-
gehen ſehen. Er war noch nicht in Rom
geweſen. Als ſie im Begriff waren,
ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/303>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.