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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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mer Leute, und in einer elenden Hütte Cili-
ciens gebohren. Als er heranwuchs, fühlte
er früh seine Gaben, und öfnete sich durch
Schmeicheley und Niederträchtigkeit und
Kuppeley die Häuser der Großen und Rei-
chen. Diese verschaften dem dienstfertigen
Manne, aus Dankbarkeit, eine Lieferung für
die Armee des griechischen Kaisers. Er
stahl aber dabey auf eine so grobe Art, daß
er bald flüchtig werden mußte, um nicht ge-
henkt zu werden. Hierauf schlug er sich zu
der Sekte der Arianer, und machte sich als
ein ofner Kopf bald zum Meister des dunk-
len, unverständlichen Wirrwars der Theo-
logie und Metaphysik. Um diese Zeit ver-
trieb der arianische Kaiser Constantius den
gut katholischen und heiligen Athanasius vom
bischöflichen Sitze Alexandriens, und der
Kappadozier ward von einem arianischen
Synod auf den bischöflichen Stuhl gesetzt.
Hier war euer Georg nun in seinem Elemen-
te, er schwelgte, und ließ sich gut seyn; da
er aber durch Ungerechtigkeit und Grausam-

keit

mer Leute, und in einer elenden Huͤtte Cili-
ciens gebohren. Als er heranwuchs, fuͤhlte
er fruͤh ſeine Gaben, und oͤfnete ſich durch
Schmeicheley und Niedertraͤchtigkeit und
Kuppeley die Haͤuſer der Großen und Rei-
chen. Dieſe verſchaften dem dienſtfertigen
Manne, aus Dankbarkeit, eine Lieferung fuͤr
die Armee des griechiſchen Kaiſers. Er
ſtahl aber dabey auf eine ſo grobe Art, daß
er bald fluͤchtig werden mußte, um nicht ge-
henkt zu werden. Hierauf ſchlug er ſich zu
der Sekte der Arianer, und machte ſich als
ein ofner Kopf bald zum Meiſter des dunk-
len, unverſtaͤndlichen Wirrwars der Theo-
logie und Metaphyſik. Um dieſe Zeit ver-
trieb der arianiſche Kaiſer Conſtantius den
gut katholiſchen und heiligen Athanaſius vom
biſchoͤflichen Sitze Alexandriens, und der
Kappadozier ward von einem arianiſchen
Synod auf den biſchoͤflichen Stuhl geſetzt.
Hier war euer Georg nun in ſeinem Elemen-
te, er ſchwelgte, und ließ ſich gut ſeyn; da
er aber durch Ungerechtigkeit und Grauſam-

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[114/0125] mer Leute, und in einer elenden Huͤtte Cili- ciens gebohren. Als er heranwuchs, fuͤhlte er fruͤh ſeine Gaben, und oͤfnete ſich durch Schmeicheley und Niedertraͤchtigkeit und Kuppeley die Haͤuſer der Großen und Rei- chen. Dieſe verſchaften dem dienſtfertigen Manne, aus Dankbarkeit, eine Lieferung fuͤr die Armee des griechiſchen Kaiſers. Er ſtahl aber dabey auf eine ſo grobe Art, daß er bald fluͤchtig werden mußte, um nicht ge- henkt zu werden. Hierauf ſchlug er ſich zu der Sekte der Arianer, und machte ſich als ein ofner Kopf bald zum Meiſter des dunk- len, unverſtaͤndlichen Wirrwars der Theo- logie und Metaphyſik. Um dieſe Zeit ver- trieb der arianiſche Kaiſer Conſtantius den gut katholiſchen und heiligen Athanaſius vom biſchoͤflichen Sitze Alexandriens, und der Kappadozier ward von einem arianiſchen Synod auf den biſchoͤflichen Stuhl geſetzt. Hier war euer Georg nun in ſeinem Elemen- te, er ſchwelgte, und ließ ſich gut ſeyn; da er aber durch Ungerechtigkeit und Grauſam- keit

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/125>, abgerufen am 27.11.2024.