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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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und zerriß seinen Lorbeerkranz, um ihn mit
mir zu theilen. Ja ich mußte nun gar in dem
verhaßten Drama eine glänzende Heldenrolle
übernehmen, und verwünschte knirschend meine
Unsterblichkeit, die mir auf allen Seiten in
den Weg trat."

"Tausendmal sezte ich den Giftbecher an
die Lippen, und tausendmal entstürzte er der
Hand, ehe ich ihn leeren konnte. Zu jeder
Mitternachtsstunde trete ich, wie die mechani-
sche Figur an dem Zifferblatte einer Uhr, aus
meiner Verborgenheit hervor, um den To-
desstoß zu vollführen, gehe aber jedesmal,
wenn der lezte Schlag verhallt ist, wie sie,
zurück, um sofort ins Unendliche wieder zu
kehren und abzugehen. O wüßte ich nur die-
ses immerfort sausende Räderwerk der Zeit
selbst aufzufinden, um mich hinein zu stürzen
und es auseinander zu reißen, oder mich zer-
schmettern zu lassen. Die Sehnsucht diesen
Vorsaz auszuführen bringt mich oft zur Ver-
zweiflung; ja ich mache selbst wie im Wahn-

und zerriß ſeinen Lorbeerkranz, um ihn mit
mir zu theilen. Ja ich mußte nun gar in dem
verhaßten Drama eine glaͤnzende Heldenrolle
uͤbernehmen, und verwuͤnſchte knirſchend meine
Unſterblichkeit, die mir auf allen Seiten in
den Weg trat.“

„Tauſendmal ſezte ich den Giftbecher an
die Lippen, und tauſendmal entſtuͤrzte er der
Hand, ehe ich ihn leeren konnte. Zu jeder
Mitternachtsſtunde trete ich, wie die mechani-
ſche Figur an dem Zifferblatte einer Uhr, aus
meiner Verborgenheit hervor, um den To-
desſtoß zu vollfuͤhren, gehe aber jedesmal,
wenn der lezte Schlag verhallt iſt, wie ſie,
zuruͤck, um ſofort ins Unendliche wieder zu
kehren und abzugehen. O wuͤßte ich nur die-
ſes immerfort ſauſende Raͤderwerk der Zeit
ſelbſt aufzufinden, um mich hinein zu ſtuͤrzen
und es auseinander zu reißen, oder mich zer-
ſchmettern zu laſſen. Die Sehnſucht dieſen
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zweiflung; ja ich mache ſelbſt wie im Wahn-

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[75/0077] und zerriß ſeinen Lorbeerkranz, um ihn mit mir zu theilen. Ja ich mußte nun gar in dem verhaßten Drama eine glaͤnzende Heldenrolle uͤbernehmen, und verwuͤnſchte knirſchend meine Unſterblichkeit, die mir auf allen Seiten in den Weg trat.“ „Tauſendmal ſezte ich den Giftbecher an die Lippen, und tauſendmal entſtuͤrzte er der Hand, ehe ich ihn leeren konnte. Zu jeder Mitternachtsſtunde trete ich, wie die mechani- ſche Figur an dem Zifferblatte einer Uhr, aus meiner Verborgenheit hervor, um den To- desſtoß zu vollfuͤhren, gehe aber jedesmal, wenn der lezte Schlag verhallt iſt, wie ſie, zuruͤck, um ſofort ins Unendliche wieder zu kehren und abzugehen. O wuͤßte ich nur die- ſes immerfort ſauſende Raͤderwerk der Zeit ſelbſt aufzufinden, um mich hinein zu ſtuͤrzen und es auseinander zu reißen, oder mich zer- ſchmettern zu laſſen. Die Sehnſucht dieſen Vorſaz auszufuͤhren bringt mich oft zur Ver- zweiflung; ja ich mache ſelbſt wie im Wahn-

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/77>, abgerufen am 25.11.2024.