Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.Musik sezen und Worte dazu dichten, aber Der Traum verwickelte sich immer tiefer. Gedicht über die Unsterblichkeit. Der Schädel grinsete tückisch unter dem Muſik ſezen und Worte dazu dichten, aber Der Traum verwickelte ſich immer tiefer. Gedicht uͤber die Unſterblichkeit. Der Schaͤdel grinſete tuͤckiſch unter dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="275"/> Muſik ſezen und Worte dazu dichten, aber<lb/> die Toͤne ordneten ſich nicht und die Worte<lb/> ſchienen zu zerſprengen und in einzelnen un-<lb/> verſtaͤndlichen Sylben durcheinander zu fliehen.<lb/> Dem Poeten ſtand der Schweiß auf der Stirne,<lb/> weil er keinen Verſtand in ſein Naturgedicht<lb/> bringen konnte — der Narr hatte das Dichten<lb/> bisher nur auf dem Papiere verſucht.</p><lb/> <p>Der Traum verwickelte ſich immer tiefer.<lb/> Der Poet hatte ſein Blatt von neuem ergriffen<lb/> und verſuchte zu ſchreiben; zur Unterlage<lb/> diente ihm ein Schaͤdel — er begann wirklich<lb/> und ich ſah den Titel vollendet:</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Gedicht uͤber die Unſterblichkeit.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Der Schaͤdel grinſete tuͤckiſch unter dem<lb/> Blatte, der Poet hatte kein Arg daraus, und<lb/> ſchrieb den Eingang zum Gedichte, worin er<lb/> die Phantaſie anrief ihm zu diktiren. Darauf<lb/> hub er mit einem grauſenden Gemaͤlde des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [275/0277]
Muſik ſezen und Worte dazu dichten, aber
die Toͤne ordneten ſich nicht und die Worte
ſchienen zu zerſprengen und in einzelnen un-
verſtaͤndlichen Sylben durcheinander zu fliehen.
Dem Poeten ſtand der Schweiß auf der Stirne,
weil er keinen Verſtand in ſein Naturgedicht
bringen konnte — der Narr hatte das Dichten
bisher nur auf dem Papiere verſucht.
Der Traum verwickelte ſich immer tiefer.
Der Poet hatte ſein Blatt von neuem ergriffen
und verſuchte zu ſchreiben; zur Unterlage
diente ihm ein Schaͤdel — er begann wirklich
und ich ſah den Titel vollendet:
Gedicht uͤber die Unſterblichkeit.
Der Schaͤdel grinſete tuͤckiſch unter dem
Blatte, der Poet hatte kein Arg daraus, und
ſchrieb den Eingang zum Gedichte, worin er
die Phantaſie anrief ihm zu diktiren. Darauf
hub er mit einem grauſenden Gemaͤlde des
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Zitationshilfe: | Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/277>, abgerufen am 16.02.2025. |