Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.Ueberall war Heiligthum -- der Frühling Ich wagte den Ewigen zu denken! Plözlich rauschte es hinter mir -- neue Ueberall war Heiligthum — der Fruͤhling Ich wagte den Ewigen zu denken! Ploͤzlich rauſchte es hinter mir — neue <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0201" n="199"/> <p>Ueberall war Heiligthum — der Fruͤhling<lb/> lag wie ein ſuͤßer Traum an den Bergen und<lb/> auf den Fluren — die Sterne des Himmels<lb/> brannten als Blumen in dem dunkeln Graſe,<lb/> aus tauſend Quellen ſtuͤrzte das Lichtmeer<lb/> herab in die Schoͤpfung, und die Farben ſtie-<lb/> gen darin wie wunderbare Geiſter auf. Ein<lb/> All von Liebe und Leben — rothe Fruͤchte und<lb/> bluͤhende Kraͤnze in den Baͤumen, und duftende<lb/> Gewinde um Huͤgel und Berge — in den<lb/> Trauben brennende Diamanten — die Schmet-<lb/> terlinge als fliegende gaukelnde Blumen in<lb/> den Luͤften — Geſang aus tauſend Kehlen,<lb/> ſchmetternd, jubelnd, lobpreiſend — und das<lb/> Auge Gottes aus dem unendlichen Weltmeere<lb/> zuruͤkſchauend und aus der Perle im Blumen-<lb/> kelche.</p><lb/> <p>Ich wagte den Ewigen zu denken!</p><lb/> <p>Ploͤzlich rauſchte es hinter mir — neue<lb/> Schleier fielen von dem Leben — ich ſchaute<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [199/0201]
Ueberall war Heiligthum — der Fruͤhling
lag wie ein ſuͤßer Traum an den Bergen und
auf den Fluren — die Sterne des Himmels
brannten als Blumen in dem dunkeln Graſe,
aus tauſend Quellen ſtuͤrzte das Lichtmeer
herab in die Schoͤpfung, und die Farben ſtie-
gen darin wie wunderbare Geiſter auf. Ein
All von Liebe und Leben — rothe Fruͤchte und
bluͤhende Kraͤnze in den Baͤumen, und duftende
Gewinde um Huͤgel und Berge — in den
Trauben brennende Diamanten — die Schmet-
terlinge als fliegende gaukelnde Blumen in
den Luͤften — Geſang aus tauſend Kehlen,
ſchmetternd, jubelnd, lobpreiſend — und das
Auge Gottes aus dem unendlichen Weltmeere
zuruͤkſchauend und aus der Perle im Blumen-
kelche.
Ich wagte den Ewigen zu denken!
Ploͤzlich rauſchte es hinter mir — neue
Schleier fielen von dem Leben — ich ſchaute
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Zitationshilfe: | Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/201>, abgerufen am 05.07.2024. |