Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.Zersezung und Verflüchtigung des menschlichen Zerſezung und Verfluͤchtigung des menſchlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0104" n="102"/> Zerſezung und Verfluͤchtigung des menſchlichen<lb/> Geiſtes um zulezt mit Muſe und einfaͤltiger<lb/> Wichtigkeit an das uͤbriggebliebene <hi rendition="#aq">caput mor-<lb/> tuum</hi> euch zu halten. — Ihr Theologen, die<lb/> ihr ſo gern zur goͤttlichen Hofhaltung gezaͤhlt<lb/> werden moͤchtet, und indem ihr mit dem Al-<lb/> lerhoͤchſten liebaͤugelt und fuchsſchwaͤnzt, hier<lb/> unten eine leidliche Moͤrdergrube veranſtaltet<lb/> und die Menſchen ſtatt ſie zu vereinigen in<lb/> Sekten auseinander ſchleudert und den ſchoͤ-<lb/> nen allgemeinen Bruͤder und Familienſtand<lb/> als boshafte Hausfreunde auf immer zerriſſen<lb/> habt. — Ihr Juriſten, ihr Halbmenſchen, die<lb/> ihr eigentlich mit den Theologen nur eine<lb/> Perſon ausmachen ſolltet, ſtatt deſſen euch<lb/> aber in einer verwuͤnſchten Stunde von ihnen<lb/> trenntet um Leiber hinzurichten, wie jene Gei-<lb/> ſter. Ach nur auf dem Rabenſteine reicht ihr<lb/> Bruͤderſeelen vor dem armen Suͤnder auf dem<lb/> Gerichtsſtuhle euch nur noch die Haͤnde und<lb/> der geiſtliche und weltliche Henker erſcheinen<lb/> wuͤrdig neben einander! —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [102/0104]
Zerſezung und Verfluͤchtigung des menſchlichen
Geiſtes um zulezt mit Muſe und einfaͤltiger
Wichtigkeit an das uͤbriggebliebene caput mor-
tuum euch zu halten. — Ihr Theologen, die
ihr ſo gern zur goͤttlichen Hofhaltung gezaͤhlt
werden moͤchtet, und indem ihr mit dem Al-
lerhoͤchſten liebaͤugelt und fuchsſchwaͤnzt, hier
unten eine leidliche Moͤrdergrube veranſtaltet
und die Menſchen ſtatt ſie zu vereinigen in
Sekten auseinander ſchleudert und den ſchoͤ-
nen allgemeinen Bruͤder und Familienſtand
als boshafte Hausfreunde auf immer zerriſſen
habt. — Ihr Juriſten, ihr Halbmenſchen, die
ihr eigentlich mit den Theologen nur eine
Perſon ausmachen ſolltet, ſtatt deſſen euch
aber in einer verwuͤnſchten Stunde von ihnen
trenntet um Leiber hinzurichten, wie jene Gei-
ſter. Ach nur auf dem Rabenſteine reicht ihr
Bruͤderſeelen vor dem armen Suͤnder auf dem
Gerichtsſtuhle euch nur noch die Haͤnde und
der geiſtliche und weltliche Henker erſcheinen
wuͤrdig neben einander! —
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Zitationshilfe: | Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/104>, abgerufen am 27.07.2024. |