Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.ihrem lezten Mitbürger, völlig zu entblößen. Außer mir gab es übrigens nur noch eine Ein Astronom nahe bei mir merkte endlich ihrem lezten Mitbuͤrger, voͤllig zu entbloͤßen. Außer mir gab es uͤbrigens nur noch eine Ein Aſtronom nahe bei mir merkte endlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="98"/> ihrem lezten Mitbuͤrger, voͤllig zu entbloͤßen.<lb/> Das einzige geniale Stuͤckchen veruͤbte ein ſa-<lb/> tiriſcher Bube, der ſchon vorher aus Langer-<lb/> weile entſchloſſen war in das neue Saͤkulum<lb/> nicht mit hinuͤberzuwandern, und jezt in der<lb/> letzten Stunde des alten ſich erſchoß, um den Ver-<lb/> ſuch zu machen ob in dieſem Indifferenzmo-<lb/> mente zwiſchen Tod und Auferſtehen, das<lb/> Sterben noch auf einen Augenblick moͤglich ſei,<lb/> damit er nicht mit der ganzen uͤbergroßen Le-<lb/> benslangeweile in die Ewigkeit ohne weiteres<lb/> hinuͤbermuͤſſe.</p><lb/> <p>Außer mir gab es uͤbrigens nur noch eine<lb/> ruhige Perſon, und zwar den Stadtpoeten,<lb/> der aus ſeinem Dachfenſter trotzig in das Mi-<lb/> chel Angelos Gemaͤlde hinabſchauete, und auf<lb/> ſeiner poetiſchen Hoͤhe auch das Weltende poe-<lb/> tiſch nehmen zu wollen ſchien.</p><lb/> <p>Ein Aſtronom nahe bei mir merkte endlich<lb/> an, daß dieſer große <hi rendition="#aq">actus solennis</hi> ſich doch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0100]
ihrem lezten Mitbuͤrger, voͤllig zu entbloͤßen.
Das einzige geniale Stuͤckchen veruͤbte ein ſa-
tiriſcher Bube, der ſchon vorher aus Langer-
weile entſchloſſen war in das neue Saͤkulum
nicht mit hinuͤberzuwandern, und jezt in der
letzten Stunde des alten ſich erſchoß, um den Ver-
ſuch zu machen ob in dieſem Indifferenzmo-
mente zwiſchen Tod und Auferſtehen, das
Sterben noch auf einen Augenblick moͤglich ſei,
damit er nicht mit der ganzen uͤbergroßen Le-
benslangeweile in die Ewigkeit ohne weiteres
hinuͤbermuͤſſe.
Außer mir gab es uͤbrigens nur noch eine
ruhige Perſon, und zwar den Stadtpoeten,
der aus ſeinem Dachfenſter trotzig in das Mi-
chel Angelos Gemaͤlde hinabſchauete, und auf
ſeiner poetiſchen Hoͤhe auch das Weltende poe-
tiſch nehmen zu wollen ſchien.
Ein Aſtronom nahe bei mir merkte endlich
an, daß dieſer große actus solennis ſich doch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/100 |
Zitationshilfe: | Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/100>, abgerufen am 25.07.2024. |