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Kleist, Heinrich von: Die Verlobung von St. Domingo. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [45]–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mitten durch die französischen Posten einen Transport von Pulver und Blei zuzuführen, in der Finsterniß einer stürmischen und regnigen Nacht Jemand an die hintere Thüre seines Hauses klopfte. Die alte Babekan, welche schon im Bette lag, erhob sich, öffnete, einen bloßen Rock um die Hüften geworfen, das Fenster, und fragte, wer da sei? -- Bei Maria und allen Heiligen, sagte der Fremde leise, indem er sich unter das Fenster stellte, beantwortet mir, ehe ich Euch dies entdecke, eine Frage! Und damit streckte er durch die Dunkelheit der Nacht seine Hand aus, um die Hand der Alten zu ergreifen, und fragte: Seid Ihr eine Negerin? -- Babekan sagte: Nun, Ihr seid gewiß ein Weißer, daß Ihr dieser stockfinstern Nacht lieber in's Antlitz schaut, als einer Negerin! Kommt herein, setzte sie hinzu, und fürchtet Nichts, hier wohnt eine Mulattin, und die Einzige, die sich außer mir noch im Hause befindet, ist meine Tochter, eine Mestize! -- Und damit machte sie das Fenster zu, als wollte sie hinabsteigen und ihm die Thüre öffnen; schlich aber unter dem Vorwand, daß sie den Schlüssel nicht sogleich finden könne, mit einigen Kleidern, die sie schnell aus dem Schrank zusammenraffte, in die Kammer hinauf und weckte ihre Tochter. Toni! sprach sie: Toni! -- Was giebt's, Mutter? -- Geschwind! sprach sie. Aufgestanden und dich angezogen! Hier sind Kleider, weiße Wäsche und Strümpfe! Ein Weißer, der verfolgt wird, ist vor der Thür und begehrt eingelassen zu werden! -- Toni fragte: ein Weißer? indem sie sich halb

mitten durch die französischen Posten einen Transport von Pulver und Blei zuzuführen, in der Finsterniß einer stürmischen und regnigen Nacht Jemand an die hintere Thüre seines Hauses klopfte. Die alte Babekan, welche schon im Bette lag, erhob sich, öffnete, einen bloßen Rock um die Hüften geworfen, das Fenster, und fragte, wer da sei? — Bei Maria und allen Heiligen, sagte der Fremde leise, indem er sich unter das Fenster stellte, beantwortet mir, ehe ich Euch dies entdecke, eine Frage! Und damit streckte er durch die Dunkelheit der Nacht seine Hand aus, um die Hand der Alten zu ergreifen, und fragte: Seid Ihr eine Negerin? — Babekan sagte: Nun, Ihr seid gewiß ein Weißer, daß Ihr dieser stockfinstern Nacht lieber in's Antlitz schaut, als einer Negerin! Kommt herein, setzte sie hinzu, und fürchtet Nichts, hier wohnt eine Mulattin, und die Einzige, die sich außer mir noch im Hause befindet, ist meine Tochter, eine Mestize! — Und damit machte sie das Fenster zu, als wollte sie hinabsteigen und ihm die Thüre öffnen; schlich aber unter dem Vorwand, daß sie den Schlüssel nicht sogleich finden könne, mit einigen Kleidern, die sie schnell aus dem Schrank zusammenraffte, in die Kammer hinauf und weckte ihre Tochter. Toni! sprach sie: Toni! — Was giebt's, Mutter? — Geschwind! sprach sie. Aufgestanden und dich angezogen! Hier sind Kleider, weiße Wäsche und Strümpfe! Ein Weißer, der verfolgt wird, ist vor der Thür und begehrt eingelassen zu werden! — Toni fragte: ein Weißer? indem sie sich halb

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Die Verlobung von St. Domingo. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [45]–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_verlobung_1910/12>, abgerufen am 21.11.2024.