Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.
Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden, Und ihr verdient's, bei Gott, so gut wie Einer. Doch heut ist noch nicht die Gelegenheit, Heut laßt ihr noch den Kelch vorübergehn. Licht. Dorfrichter, ich! Was denkt ihr auch von mir? Adam. Ihr seit ein Freund von wohlgesetzter Rede, Und euren Cicero habt ihr studirt Trotz Einem auf der Schul' in Amsterdam. Drückt euren Ehrgeitz heut hinunter, hört' ihr? Es werden wohl sich Fälle noch ergeben, Wo ihr mit eurer Kunst euch zeigen könnt. Licht. Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort. Adam. Zu seiner Zeit, ihr wißt's, schwieg auch der große Demosthenes. Folgt hierin seinem Muster. Und bin ich König nicht von Macedonien, Kann ich auf meine Art doch dankbar sein. Licht. Geht mir mit eurem Argwohn, sag' ich euch. Hab ich jemals --? Adam. Seht, ich, ich, für mein Theil,
Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden, Und ihr verdient’s, bei Gott, ſo gut wie Einer. Doch heut iſt noch nicht die Gelegenheit, Heut laßt ihr noch den Kelch voruͤbergehn. Licht. Dorfrichter, ich! Was denkt ihr auch von mir? Adam. Ihr ſeit ein Freund von wohlgeſetzter Rede, Und euren Cicero habt ihr ſtudirt Trotz Einem auf der Schul’ in Amſterdam. Druͤckt euren Ehrgeitz heut hinunter, hoͤrt’ ihr? Es werden wohl ſich Faͤlle noch ergeben, Wo ihr mit eurer Kunſt euch zeigen koͤnnt. Licht. Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort. Adam. Zu ſeiner Zeit, ihr wißt’s, ſchwieg auch der große Demoſthenes. Folgt hierin ſeinem Muſter. Und bin ich Koͤnig nicht von Macedonien, Kann ich auf meine Art doch dankbar ſein. Licht. Geht mir mit eurem Argwohn, ſag’ ich euch. Hab ich jemals —? Adam. Seht, ich, ich, fuͤr mein Theil, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#ADA"> <p><pb facs="#f0021" n="15"/> Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden,<lb/> Und ihr verdient’s, bei Gott, ſo gut wie Einer.<lb/> Doch heut iſt noch nicht die Gelegenheit,<lb/> Heut laßt ihr noch den Kelch voruͤbergehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#LIC"> <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/> <p>Dorfrichter, ich! Was denkt ihr auch von mir?</p> </sp><lb/> <sp who="#ADA"> <speaker><hi rendition="#g">Adam</hi>.</speaker><lb/> <p>Ihr ſeit ein Freund von wohlgeſetzter Rede,<lb/> Und euren Cicero habt ihr ſtudirt<lb/> Trotz Einem auf der Schul’ in Amſterdam.<lb/> Druͤckt euren Ehrgeitz heut hinunter, hoͤrt’ ihr?<lb/> Es werden wohl ſich Faͤlle noch ergeben,<lb/> Wo ihr mit eurer Kunſt euch zeigen koͤnnt.</p> </sp><lb/> <sp who="#LIC"> <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/> <p>Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort.</p> </sp><lb/> <sp who="#ADA"> <speaker><hi rendition="#g">Adam</hi>.</speaker><lb/> <p>Zu ſeiner Zeit, ihr wißt’s, ſchwieg auch der große<lb/> Demoſthenes. Folgt hierin ſeinem Muſter.<lb/> Und bin ich Koͤnig nicht von Macedonien,<lb/> Kann ich auf meine Art doch dankbar ſein.</p> </sp><lb/> <sp who="#LIC"> <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/> <p>Geht mir mit eurem Argwohn, ſag’ ich euch.<lb/> Hab ich jemals —?</p> </sp><lb/> <sp who="#ADA"> <speaker><hi rendition="#g">Adam</hi>.</speaker><lb/> <p> <hi rendition="#et">Seht, ich, ich, fuͤr mein Theil,</hi><lb/> </p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [15/0021]
Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden,
Und ihr verdient’s, bei Gott, ſo gut wie Einer.
Doch heut iſt noch nicht die Gelegenheit,
Heut laßt ihr noch den Kelch voruͤbergehn.
Licht.
Dorfrichter, ich! Was denkt ihr auch von mir?
Adam.
Ihr ſeit ein Freund von wohlgeſetzter Rede,
Und euren Cicero habt ihr ſtudirt
Trotz Einem auf der Schul’ in Amſterdam.
Druͤckt euren Ehrgeitz heut hinunter, hoͤrt’ ihr?
Es werden wohl ſich Faͤlle noch ergeben,
Wo ihr mit eurer Kunſt euch zeigen koͤnnt.
Licht.
Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort.
Adam.
Zu ſeiner Zeit, ihr wißt’s, ſchwieg auch der große
Demoſthenes. Folgt hierin ſeinem Muſter.
Und bin ich Koͤnig nicht von Macedonien,
Kann ich auf meine Art doch dankbar ſein.
Licht.
Geht mir mit eurem Argwohn, ſag’ ich euch.
Hab ich jemals —?
Adam.
Seht, ich, ich, fuͤr mein Theil,
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/21>, abgerufen am 16.07.2024. |