Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite
Von euch geschickt, den Würd'gen zu mir treten,
Herr Schreiber Licht, spart eure Session,
Den Krugzertrümmerer judicirt ihr nicht,
Der sitzt nicht schlechter euch, als in der Hölle:
Hier ist die Spur die er gegangen ist.
Walter.
So habt ihr selbst euch überzeugt?
Licht.
Ew. Gnaden,
Mit dieser Spur hat's völl'ge Richtigkeit.
Walter.
Ein Pferdefuß?
Licht.
Fuß eines Menschen, bitte,
Doch praeter propter wie ein Pferdehuf.
Adam.
Mein Seel, ihr Herrn, die Sache scheint mir ernst-
haft.
Man hat viel beißend abgefaßte Schriften,
Die, daß ein Gott sei, nicht gestehen wollen;
Jedoch den Teufel hat, so viel ich weiß,
Kein Atheist noch bündig wegbewiesen.
Der Fall, der vorliegt, scheint besonderer
Erörtrung werth. Ich trage darauf an,
Bevor wir ein Conclusum fassen,
Im Haag bei der Synode anzufragen
Von euch geſchickt, den Wuͤrd’gen zu mir treten,
Herr Schreiber Licht, ſpart eure Seſſion,
Den Krugzertruͤmmerer judicirt ihr nicht,
Der ſitzt nicht ſchlechter euch, als in der Hoͤlle:
Hier iſt die Spur die er gegangen iſt.
Walter.
So habt ihr ſelbſt euch uͤberzeugt?
Licht.
Ew. Gnaden,
Mit dieſer Spur hat’s voͤll’ge Richtigkeit.
Walter.
Ein Pferdefuß?
Licht.
Fuß eines Menſchen, bitte,
Doch praeter propter wie ein Pferdehuf.
Adam.
Mein Seel, ihr Herrn, die Sache ſcheint mir ernſt-
haft.
Man hat viel beißend abgefaßte Schriften,
Die, daß ein Gott ſei, nicht geſtehen wollen;
Jedoch den Teufel hat, ſo viel ich weiß,
Kein Atheiſt noch buͤndig wegbewieſen.
Der Fall, der vorliegt, ſcheint beſonderer
Eroͤrtrung werth. Ich trage darauf an,
Bevor wir ein Concluſum faſſen,
Im Haag bei der Synode anzufragen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#BRI">
          <p><pb facs="#f0132" n="126"/>
Von euch ge&#x017F;chickt, den Wu&#x0364;rd&#x2019;gen zu mir treten,<lb/>
Herr Schreiber Licht, &#x017F;part eure Se&#x017F;&#x017F;ion,<lb/>
Den Krugzertru&#x0364;mmerer judicirt ihr nicht,<lb/>
Der &#x017F;itzt nicht &#x017F;chlechter euch, als in der Ho&#x0364;lle:<lb/>
Hier i&#x017F;t die Spur die er gegangen i&#x017F;t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WAL">
          <speaker><hi rendition="#g">Walter</hi>.</speaker><lb/>
          <p>So habt ihr &#x017F;elb&#x017F;t euch u&#x0364;berzeugt?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIC">
          <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/>
          <p><hi rendition="#et">Ew. Gnaden,</hi><lb/>
Mit die&#x017F;er Spur hat&#x2019;s vo&#x0364;ll&#x2019;ge Richtigkeit.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WAL">
          <speaker><hi rendition="#g">Walter</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Ein Pferdefuß?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIC">
          <speaker><hi rendition="#g">Licht</hi>.</speaker><lb/>
          <p><hi rendition="#et">Fuß eines Men&#x017F;chen, bitte,</hi><lb/>
Doch <hi rendition="#aq">praeter propter</hi> wie ein Pferdehuf.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ADA">
          <speaker><hi rendition="#g">Adam</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Mein Seel, ihr Herrn, die Sache &#x017F;cheint mir ern&#x017F;t-<lb/>
haft.<lb/>
Man hat viel beißend abgefaßte Schriften,<lb/>
Die, daß ein Gott &#x017F;ei, nicht ge&#x017F;tehen wollen;<lb/>
Jedoch den Teufel hat, &#x017F;o viel ich weiß,<lb/>
Kein Athei&#x017F;t noch bu&#x0364;ndig wegbewie&#x017F;en.<lb/>
Der Fall, der vorliegt, &#x017F;cheint be&#x017F;onderer<lb/>
Ero&#x0364;rtrung werth. Ich trage darauf an,<lb/>
Bevor wir ein Conclu&#x017F;um fa&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Im Haag bei der Synode anzufragen<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0132] Von euch geſchickt, den Wuͤrd’gen zu mir treten, Herr Schreiber Licht, ſpart eure Seſſion, Den Krugzertruͤmmerer judicirt ihr nicht, Der ſitzt nicht ſchlechter euch, als in der Hoͤlle: Hier iſt die Spur die er gegangen iſt. Walter. So habt ihr ſelbſt euch uͤberzeugt? Licht. Ew. Gnaden, Mit dieſer Spur hat’s voͤll’ge Richtigkeit. Walter. Ein Pferdefuß? Licht. Fuß eines Menſchen, bitte, Doch praeter propter wie ein Pferdehuf. Adam. Mein Seel, ihr Herrn, die Sache ſcheint mir ernſt- haft. Man hat viel beißend abgefaßte Schriften, Die, daß ein Gott ſei, nicht geſtehen wollen; Jedoch den Teufel hat, ſo viel ich weiß, Kein Atheiſt noch buͤndig wegbewieſen. Der Fall, der vorliegt, ſcheint beſonderer Eroͤrtrung werth. Ich trage darauf an, Bevor wir ein Concluſum faſſen, Im Haag bei der Synode anzufragen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/132
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/132>, abgerufen am 04.12.2024.