Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.
bin, nicht um den ganzen Himmel, um den meine Jugend gebetet hat, geb' ich die Lust weg, die mir be- scheert ist, wenn der morgende Tag anbricht! --. Warum kamst du nicht früher von Waldstädten herab? Georg. Weil du mich nicht früher rufen ließest. Freiburg. O, Georg! Du hättest sie sehen sollen, wie sie daher geritten kam, einer Fabel gleich, von den Rit- tern des Landes umringt, gleich einer Sonne, unter ihren Planeten! Wars nicht, als ob sie zu den Kie- seln sagte, die unter ihr Funken sprühten: ihr müßt mir schmelzen, wenn ihr mich seht? Thalestris, die Königin der Amazonen, als sie herabzog vom Kauka- sus, Alexander den Großen zu bitten, daß er sie küsse: sie war nicht reizender und göttlicher, als sie. Georg. Wo fingst du sie? Freiburg. Fünf Stunden, Georg, fünf Stunden von der Steinburg, wo ihr der Rheingraf, durch drei Tage, schallende Jubelfeste gefeiert hatte. Die Ritter, die sie begleiteten, hatten sie kaum verlassen, da werf' ich ihren Vetter Isidor, der bey ihr geblieben war, in den Sand, und auf den Rappen mit ihr, und auf und davon.
bin, nicht um den ganzen Himmel, um den meine Jugend gebetet hat, geb' ich die Luſt weg, die mir be- ſcheert iſt, wenn der morgende Tag anbricht! —. Warum kamſt du nicht früher von Waldſtädten herab? Georg. Weil du mich nicht früher rufen ließeſt. Freiburg. O, Georg! Du hätteſt ſie ſehen ſollen, wie ſie daher geritten kam, einer Fabel gleich, von den Rit- tern des Landes umringt, gleich einer Sonne, unter ihren Planeten! Wars nicht, als ob ſie zu den Kie- ſeln ſagte, die unter ihr Funken ſprühten: ihr müßt mir ſchmelzen, wenn ihr mich ſeht? Thaleſtris, die Königin der Amazonen, als ſie herabzog vom Kauka- ſus, Alexander den Großen zu bitten, daß er ſie küſſe: ſie war nicht reizender und göttlicher, als ſie. Georg. Wo fingſt du ſie? Freiburg. Fünf Stunden, Georg, fünf Stunden von der Steinburg, wo ihr der Rheingraf, durch drei Tage, ſchallende Jubelfeſte gefeiert hatte. Die Ritter, die ſie begleiteten, hatten ſie kaum verlaſſen, da werf' ich ihren Vetter Iſidor, der bey ihr geblieben war, in den Sand, und auf den Rappen mit ihr, und auf und davon. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FRE"> <p><pb facs="#f0067" n="61"/> bin, nicht um den ganzen Himmel, um den meine<lb/> Jugend gebetet hat, geb' ich die Luſt weg, die mir be-<lb/> ſcheert iſt, wenn der morgende Tag anbricht! —.<lb/> Warum kamſt du nicht früher von Waldſtädten herab?</p> </sp><lb/> <sp who="#GEOR"> <speaker><hi rendition="#g">Georg</hi>.</speaker><lb/> <p>Weil du mich nicht früher rufen ließeſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRE"> <speaker><hi rendition="#g">Freiburg</hi>.</speaker><lb/> <p>O, Georg! Du hätteſt ſie ſehen ſollen, wie ſie<lb/> daher geritten kam, einer Fabel gleich, von den Rit-<lb/> tern des Landes umringt, gleich einer Sonne, unter<lb/> ihren Planeten! Wars nicht, als ob ſie zu den Kie-<lb/> ſeln ſagte, die unter ihr Funken ſprühten: ihr müßt<lb/> mir ſchmelzen, wenn ihr mich ſeht? Thaleſtris, die<lb/> Königin der Amazonen, als ſie herabzog vom Kauka-<lb/> ſus, Alexander den Großen zu bitten, daß er ſie küſſe:<lb/> ſie war nicht reizender und göttlicher, als ſie.</p> </sp><lb/> <sp who="#GEOR"> <speaker><hi rendition="#g">Georg</hi>.</speaker><lb/> <p>Wo fingſt du ſie?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRE"> <speaker><hi rendition="#g">Freiburg</hi>.</speaker><lb/> <p>Fünf Stunden, Georg, fünf Stunden von der<lb/> Steinburg, wo ihr der Rheingraf, durch drei Tage,<lb/> ſchallende Jubelfeſte gefeiert hatte. Die Ritter, die<lb/> ſie begleiteten, hatten ſie kaum verlaſſen, da werf' ich<lb/> ihren Vetter Iſidor, der bey ihr geblieben war, in<lb/> den Sand, und auf den Rappen mit ihr, und auf<lb/> und davon.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0067]
bin, nicht um den ganzen Himmel, um den meine
Jugend gebetet hat, geb' ich die Luſt weg, die mir be-
ſcheert iſt, wenn der morgende Tag anbricht! —.
Warum kamſt du nicht früher von Waldſtädten herab?
Georg.
Weil du mich nicht früher rufen ließeſt.
Freiburg.
O, Georg! Du hätteſt ſie ſehen ſollen, wie ſie
daher geritten kam, einer Fabel gleich, von den Rit-
tern des Landes umringt, gleich einer Sonne, unter
ihren Planeten! Wars nicht, als ob ſie zu den Kie-
ſeln ſagte, die unter ihr Funken ſprühten: ihr müßt
mir ſchmelzen, wenn ihr mich ſeht? Thaleſtris, die
Königin der Amazonen, als ſie herabzog vom Kauka-
ſus, Alexander den Großen zu bitten, daß er ſie küſſe:
ſie war nicht reizender und göttlicher, als ſie.
Georg.
Wo fingſt du ſie?
Freiburg.
Fünf Stunden, Georg, fünf Stunden von der
Steinburg, wo ihr der Rheingraf, durch drei Tage,
ſchallende Jubelfeſte gefeiert hatte. Die Ritter, die
ſie begleiteten, hatten ſie kaum verlaſſen, da werf' ich
ihren Vetter Iſidor, der bey ihr geblieben war, in
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/67>, abgerufen am 23.07.2024. |