Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Dritter Act.
Scene. Gebirg und Wald. Eine Einsiedelei.

Erster Auftritt.
Theobald und Gottfried Friedeborn (führen) das
Käthchen (von einem Felsen herab).
Theobald.
Nimm dich in Acht, mein liebes Käthchen; der
Gebirgspfad, siehst du, hat eine Spalte. Setze deinen
Fuß hier auf diesen Stein, der ein wenig mit Moos
bewachsen ist; wenn ich wüßte, wo eine Rose wäre,
so wollte ich es dir sagen. -- So!
Gottfried.
Doch hast wohl Gott, Käthchen, nichts von der
Reise anvertraut, die du heut zu thun willens warst? --
Ich glaubte, an dem Kreuzweg, wo das Marien-
bild steht, würden zwei Engel kommen, Jünglinge,
von hoher Gestalt, mit schneeweißen Fittigen an den
Schultern, und sagen: Ade, Theobald! Ade, Gott-
fried! Kehrt zurück, von wo ihr gekommen seid; wir
werden das Käthchen jetzt auf seinem Wege zu Gott
weiter führen. -- Doch es war nichts; wir mußten
dich ganz bis ans Kloster herbringen.
Dritter Act.
Scene. Gebirg und Wald. Eine Einſiedelei.

Erſter Auftritt.
Theobald und Gottfried Friedeborn (führen) das
Käthchen (von einem Felſen herab).
Theobald.
Nimm dich in Acht, mein liebes Käthchen; der
Gebirgspfad, ſiehſt du, hat eine Spalte. Setze deinen
Fuß hier auf dieſen Stein, der ein wenig mit Moos
bewachſen iſt; wenn ich wüßte, wo eine Roſe wäre,
ſo wollte ich es dir ſagen. — So!
Gottfried.
Doch haſt wohl Gott, Käthchen, nichts von der
Reiſe anvertraut, die du heut zu thun willens warſt? —
Ich glaubte, an dem Kreuzweg, wo das Marien-
bild ſteht, würden zwei Engel kommen, Jünglinge,
von hoher Geſtalt, mit ſchneeweißen Fittigen an den
Schultern, und ſagen: Ade, Theobald! Ade, Gott-
fried! Kehrt zurück, von wo ihr gekommen ſeid; wir
werden das Käthchen jetzt auf ſeinem Wege zu Gott
weiter führen. — Doch es war nichts; wir mußten
dich ganz bis ans Kloſter herbringen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0100" n="94"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Dritter Act</hi>.</hi> </head><lb/>
        <stage><hi rendition="#g">Scene</hi>. Gebirg und Wald. Eine Ein&#x017F;iedelei.</stage><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Er&#x017F;ter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/>
          <stage>Theobald und Gottfried Friedeborn (führen) das<lb/>
Käthchen (von einem Fel&#x017F;en herab).</stage><lb/>
          <sp who="#THE">
            <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>.</speaker><lb/>
            <p><hi rendition="#in">N</hi>imm dich in Acht, mein liebes Käthchen; der<lb/>
Gebirgspfad, &#x017F;ieh&#x017F;t du, hat eine Spalte. Setze deinen<lb/>
Fuß hier auf die&#x017F;en Stein, der ein wenig mit Moos<lb/>
bewach&#x017F;en i&#x017F;t; wenn ich wüßte, wo eine Ro&#x017F;e wäre,<lb/>
&#x017F;o wollte ich es dir &#x017F;agen. &#x2014; So!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GOTF">
            <speaker><hi rendition="#g">Gottfried</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Doch ha&#x017F;t wohl Gott, Käthchen, nichts von der<lb/>
Rei&#x017F;e anvertraut, die du heut zu thun willens war&#x017F;t? &#x2014;<lb/>
Ich glaubte, an dem Kreuzweg, wo das Marien-<lb/>
bild &#x017F;teht, würden zwei Engel kommen, Jünglinge,<lb/>
von hoher Ge&#x017F;talt, mit &#x017F;chneeweißen Fittigen an den<lb/>
Schultern, und &#x017F;agen: Ade, Theobald! Ade, Gott-<lb/>
fried! Kehrt zurück, von wo ihr gekommen &#x017F;eid; wir<lb/>
werden das Käthchen jetzt auf &#x017F;einem Wege zu Gott<lb/>
weiter führen. &#x2014; Doch es war nichts; wir mußten<lb/>
dich ganz bis ans Klo&#x017F;ter herbringen.</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0100] Dritter Act. Scene. Gebirg und Wald. Eine Einſiedelei. Erſter Auftritt. Theobald und Gottfried Friedeborn (führen) das Käthchen (von einem Felſen herab). Theobald. Nimm dich in Acht, mein liebes Käthchen; der Gebirgspfad, ſiehſt du, hat eine Spalte. Setze deinen Fuß hier auf dieſen Stein, der ein wenig mit Moos bewachſen iſt; wenn ich wüßte, wo eine Roſe wäre, ſo wollte ich es dir ſagen. — So! Gottfried. Doch haſt wohl Gott, Käthchen, nichts von der Reiſe anvertraut, die du heut zu thun willens warſt? — Ich glaubte, an dem Kreuzweg, wo das Marien- bild ſteht, würden zwei Engel kommen, Jünglinge, von hoher Geſtalt, mit ſchneeweißen Fittigen an den Schultern, und ſagen: Ade, Theobald! Ade, Gott- fried! Kehrt zurück, von wo ihr gekommen ſeid; wir werden das Käthchen jetzt auf ſeinem Wege zu Gott weiter führen. — Doch es war nichts; wir mußten dich ganz bis ans Kloſter herbringen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/100
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/100>, abgerufen am 25.11.2024.