Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749.Der Frühling. Dann setzen sie über das Thal auf hohe Felsen und schauenFern über den niedrigen Hayn aufs Feld durchseegelnde Dünste Und wiehern aus Wolken herab. Jetzt eilen Stiere vorüber, Aus ihrer Nasen raucht Brunst, sie spalten mit Hörnern das Erd- reich Und toben im Nebel von Staub. Verschiedne taumeln in Höhlen Und brüllen dumpficht heraus, verschiedne stürzen von Klippen. Aus ausgehöltem Gebürge fällt dort mit wilden Getümmel Ein Fluß ins büschichte Thal reisst mit sich Stücke von Felsen Durchrauscht entblössete Wurzeln der untergrabenen Bäume Die über fliessende Hügel von Schaum sich bücken und wanken; Des Waldes Laubgrotten thönen umher, und klagen darüber. Es stutzt ob solchem Getöse das Wild und eilet von dannen, Sich nahende Vögel verlassen, im Singen gehindert, die Gegend Und suchen ruhige Stellen, wo sie den Gatten die Fühlung Verliebter Schmerzen entdecken in pyramidnem Gesträuche Und streiten gegen einander mit Liedern von Zweigen der Buchen. Dort D 2
Der Frühling. Dann ſetzen ſie über das Thal auf hohe Felſen und ſchauenFern über den niedrigen Hayn aufs Feld durchſeegelnde Dünſte Und wiehern aus Wolken herab. Jetzt eilen Stiere vorüber, Aus ihrer Naſen raucht Brunſt, ſie ſpalten mit Hörnern das Erd- reich Und toben im Nebel von Staub. Verſchiedne taumeln in Höhlen Und brüllen dumpficht heraus, verſchiedne ſtürzen von Klippen. Aus ausgehöltem Gebürge fällt dort mit wilden Getümmel Ein Fluß ins büſchichte Thal reiſſt mit ſich Stücke von Felſen Durchrauſcht entblöſſete Wurzeln der untergrabenen Bäume Die über flieſſende Hügel von Schaum ſich bücken und wanken; Des Waldes Laubgrotten thönen umher, und klagen darüber. Es ſtutzt ob ſolchem Getöſe das Wild und eilet von dannen, Sich nahende Vögel verlaſſen, im Singen gehindert, die Gegend Und ſuchen ruhige Stellen, wo ſie den Gatten die Fühlung Verliebter Schmerzen entdecken in pyramidnem Geſträuche Und ſtreiten gegen einander mit Liedern von Zweigen der Buchen. Dort D 2
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Der Frühling.
Dann ſetzen ſie über das Thal auf hohe Felſen und ſchauen
Fern über den niedrigen Hayn aufs Feld durchſeegelnde Dünſte
Und wiehern aus Wolken herab. Jetzt eilen Stiere vorüber,
Aus ihrer Naſen raucht Brunſt, ſie ſpalten mit Hörnern das Erd-
reich
Und toben im Nebel von Staub. Verſchiedne taumeln in Höhlen
Und brüllen dumpficht heraus, verſchiedne ſtürzen von Klippen.
Aus ausgehöltem Gebürge fällt dort mit wilden Getümmel
Ein Fluß ins büſchichte Thal reiſſt mit ſich Stücke von Felſen
Durchrauſcht entblöſſete Wurzeln der untergrabenen Bäume
Die über flieſſende Hügel von Schaum ſich bücken und wanken;
Des Waldes Laubgrotten thönen umher, und klagen darüber.
Es ſtutzt ob ſolchem Getöſe das Wild und eilet von dannen,
Sich nahende Vögel verlaſſen, im Singen gehindert, die Gegend
Und ſuchen ruhige Stellen, wo ſie den Gatten die Fühlung
Verliebter Schmerzen entdecken in pyramidnem Geſträuche
Und ſtreiten gegen einander mit Liedern von Zweigen der Buchen.
Dort
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Zitationshilfe: | Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fruehling_1749/29>, abgerufen am 16.07.2024. |