Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749.Der Frühling. Dort lauscht das weisse Kaninchen in dunkler Höhle; Es drehetDie rothen Augen herum, springt endlich surchtsahm zum Zaune Und reisst an staudichten Pappeln. Aus seines Wohnhauses Fenster Sieht sich das Lachtäubchen um, kratzt den roth-silbernen Nacken Und fliegt zum Liebling aufs Dach. Er zürnt ob dessen Verweilen Und dreht sich um sich und schilt; Bald rührt ihn das Schmei- cheln der Schönen Viel Küsse werden verschwendet, bis sie mit schnellen Gefieder Die Luft durchlispeln, und aufwerts sich zu Gespielen gesellen Die blitzend im Sonnenglanz schwärmen. Von blühenden Frucht- bäumen schimmert Der Garten, die kreutzende Gänge mit rother Dunkelheit füllen Und Zefir gaukelt umher, treibt Wolken von Blüthen zur Höhe Die sich ergiessen und regnen. Zwar hat hier Wollust und Hoch- muth Nicht Nahrung von Mohren entlehnt und sie gepflanzet; Nicht Myrthen Nicht
Der Frühling. Dort lauſcht das weiſſe Kaninchen in dunkler Höhle; Es drehetDie rothen Augen herum, ſpringt endlich ſurchtſahm zum Zaune Und reiſſt an ſtaudichten Pappeln. Aus ſeines Wohnhauſes Fenſter Sieht ſich das Lachtäubchen um, kratzt den roth-ſilbernen Nacken Und fliegt zum Liebling aufs Dach. Er zürnt ob deſſen Verweilen Und dreht ſich um ſich und ſchilt; Bald rührt ihn das Schmei- cheln der Schönen Viel Küſſe werden verſchwendet, bis ſie mit ſchnellen Gefieder Die Luft durchliſpeln, und aufwerts ſich zu Geſpielen geſellen Die blitzend im Sonnenglanz ſchwärmen. Von blühenden Frucht- bäumen ſchimmert Der Garten, die kreutzende Gänge mit rother Dunkelheit füllen Und Zefir gaukelt umher, treibt Wolken von Blüthen zur Höhe Die ſich ergieſſen und regnen. Zwar hat hier Wolluſt und Hoch- muth Nicht Nahrung von Mohren entlehnt und ſie gepflanzet; Nicht Myrthen Nicht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <pb facs="#f0020" n="18"/> <fw rendition="#i" type="header" place="top">Der Frühling.</fw><lb/> <l rendition="#i">Dort lauſcht das weiſſe Kaninchen in dunkler Höhle; Es drehet</l><lb/> <l rendition="#i">Die rothen Augen herum, ſpringt endlich ſurchtſahm zum Zaune</l><lb/> <l rendition="#i">Und reiſſt an ſtaudichten Pappeln. Aus ſeines Wohnhauſes Fenſter</l><lb/> <l rendition="#i">Sieht ſich das Lachtäubchen um, kratzt den roth-ſilbernen Nacken</l><lb/> <l rendition="#i">Und fliegt zum Liebling aufs Dach. Er zürnt ob deſſen Verweilen</l><lb/> <l rendition="#i">Und dreht ſich um ſich und ſchilt; Bald rührt ihn das Schmei-<lb/><hi rendition="#et">cheln der Schönen</hi></l><lb/> <l rendition="#i">Viel Küſſe werden verſchwendet, bis ſie mit ſchnellen Gefieder</l><lb/> <l rendition="#i">Die Luft durchliſpeln, und aufwerts ſich zu Geſpielen geſellen</l><lb/> <l rendition="#i">Die blitzend im Sonnenglanz ſchwärmen. Von blühenden Frucht-<lb/><hi rendition="#et">bäumen ſchimmert</hi></l><lb/> <l rendition="#i">Der Garten, die kreutzende Gänge mit rother Dunkelheit füllen</l><lb/> <l rendition="#i">Und Zefir gaukelt umher, treibt Wolken von Blüthen zur Höhe</l><lb/> <l rendition="#i">Die ſich ergieſſen und regnen. Zwar hat hier Wolluſt und Hoch-<lb/><hi rendition="#et">muth</hi></l><lb/> <l rendition="#i">Nicht Nahrung von Mohren entlehnt und ſie gepflanzet; Nicht<lb/><hi rendition="#et">Myrthen</hi></l><lb/> <fw rendition="#i" type="catch" place="bottom">Nicht</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [18/0020]
Der Frühling.
Dort lauſcht das weiſſe Kaninchen in dunkler Höhle; Es drehet
Die rothen Augen herum, ſpringt endlich ſurchtſahm zum Zaune
Und reiſſt an ſtaudichten Pappeln. Aus ſeines Wohnhauſes Fenſter
Sieht ſich das Lachtäubchen um, kratzt den roth-ſilbernen Nacken
Und fliegt zum Liebling aufs Dach. Er zürnt ob deſſen Verweilen
Und dreht ſich um ſich und ſchilt; Bald rührt ihn das Schmei-
cheln der Schönen
Viel Küſſe werden verſchwendet, bis ſie mit ſchnellen Gefieder
Die Luft durchliſpeln, und aufwerts ſich zu Geſpielen geſellen
Die blitzend im Sonnenglanz ſchwärmen. Von blühenden Frucht-
bäumen ſchimmert
Der Garten, die kreutzende Gänge mit rother Dunkelheit füllen
Und Zefir gaukelt umher, treibt Wolken von Blüthen zur Höhe
Die ſich ergieſſen und regnen. Zwar hat hier Wolluſt und Hoch-
muth
Nicht Nahrung von Mohren entlehnt und ſie gepflanzet; Nicht
Myrthen
Nicht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |