Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Frühling.
Die Bäche färbten sich silbern, im Luftr aum flossen Gerüche
Und Echo höret' im Grunde die frühe Flöte des Hirten.

Ihr! derenzweiselbaft Leben gleich trüben Tagen des Winters
Ohn Licht und Freude verfliesst, die ihr in Höhlen des Elends
Die finstere Stunden verseufzt, betrachtet die Jugend des Jahres!
Dreht jetzt die Augen umher, lasst tausend farbigte Scenen
Die schwarzen Bilder verfärben! Es mag die niedrige Ruhmsucht
Die schwache Rachgier, der Geiz und seufzender Blutdurst sich
härmen

Ihr seyd zur Freude geschaffen, der Schmerz schimpft Tugend
und Unschuld.

Saugt Lust und Anmuth in euch! schaut her! sie gleitet im Luft-
Kreis

Und grünt und rieselt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Früh-
lings

Ihr blühenden Schönen! flieht jetzt den athemraubenden Aushauch
Von

Der Frühling.
Die Bäche färbten ſich ſilbern, im Luftr aum floſſen Gerüche
Und Echo höret’ im Grunde die frühe Flöte des Hirten.

Ihr! derenzweiſelbaft Leben gleich trüben Tagen des Winters
Ohn Licht und Freude verflieſſt, die ihr in Höhlen des Elends
Die finſtere Stunden verſeufzt, betrachtet die Jugend des Jahres!
Dreht jetzt die Augen umher, laſſt tauſend farbigte Scenen
Die ſchwarzen Bilder verfärben! Es mag die niedrige Ruhmſucht
Die ſchwache Rachgier, der Geiz und ſeufzender Blutdurſt ſich
härmen

Ihr ſeyd zur Freude geſchaffen, der Schmerz ſchimpft Tugend
und Unſchuld.

Saugt Luſt und Anmuth in euch! ſchaut her! ſie gleitet im Luft-
Kreis

Und grünt und rieſelt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Früh-
lings

Ihr blühenden Schönen! flieht jetzt den athemraubenden Aushauch
Von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="3">
            <pb facs="#f0012" n="10"/>
            <fw rendition="#i" type="header" place="top">Der Frühling.</fw><lb/>
            <l rendition="#i">Die Bäche färbten &#x017F;ich &#x017F;ilbern, im Luftr aum flo&#x017F;&#x017F;en Gerüche</l><lb/>
            <l rendition="#i">Und Echo höret&#x2019; im Grunde die frühe Flöte des Hirten.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l rendition="#i">Ihr! derenzwei&#x017F;elbaft Leben gleich trüben Tagen des Winters</l><lb/>
            <l rendition="#i">Ohn Licht und Freude verflie&#x017F;&#x017F;t, die ihr in Höhlen des Elends</l><lb/>
            <l rendition="#i">Die fin&#x017F;tere Stunden ver&#x017F;eufzt, betrachtet die Jugend des Jahres!</l><lb/>
            <l rendition="#i">Dreht jetzt die Augen umher, la&#x017F;&#x017F;t tau&#x017F;end farbigte Scenen</l><lb/>
            <l rendition="#i">Die &#x017F;chwarzen Bilder verfärben! Es mag die niedrige Ruhm&#x017F;ucht</l><lb/>
            <l rendition="#i">Die &#x017F;chwache Rachgier, der Geiz und &#x017F;eufzender Blutdur&#x017F;t &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">härmen</hi></l><lb/>
            <l rendition="#i">Ihr &#x017F;eyd zur Freude ge&#x017F;chaffen, der Schmerz &#x017F;chimpft Tugend<lb/><hi rendition="#et">und Un&#x017F;chuld.</hi></l><lb/>
            <l rendition="#i">Saugt Lu&#x017F;t und Anmuth in euch! &#x017F;chaut her! &#x017F;ie gleitet im Luft-<lb/><hi rendition="#et">Kreis</hi></l><lb/>
            <l rendition="#i">Und grünt und rie&#x017F;elt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Früh-<lb/><hi rendition="#et">lings</hi></l><lb/>
            <l rendition="#i">Ihr blühenden Schönen! flieht jetzt den athemraubenden Aushauch</l><lb/>
            <fw rendition="#i" type="catch" place="bottom">Von</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0012] Der Frühling. Die Bäche färbten ſich ſilbern, im Luftr aum floſſen Gerüche Und Echo höret’ im Grunde die frühe Flöte des Hirten. Ihr! derenzweiſelbaft Leben gleich trüben Tagen des Winters Ohn Licht und Freude verflieſſt, die ihr in Höhlen des Elends Die finſtere Stunden verſeufzt, betrachtet die Jugend des Jahres! Dreht jetzt die Augen umher, laſſt tauſend farbigte Scenen Die ſchwarzen Bilder verfärben! Es mag die niedrige Ruhmſucht Die ſchwache Rachgier, der Geiz und ſeufzender Blutdurſt ſich härmen Ihr ſeyd zur Freude geſchaffen, der Schmerz ſchimpft Tugend und Unſchuld. Saugt Luſt und Anmuth in euch! ſchaut her! ſie gleitet im Luft- Kreis Und grünt und rieſelt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Früh- lings Ihr blühenden Schönen! flieht jetzt den athemraubenden Aushauch Von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fruehling_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fruehling_1749/12
Zitationshilfe: Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fruehling_1749/12>, abgerufen am 09.10.2024.