Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822. Natalie (für sich.) Ach, Herz, was klopfst Du also an Dein Haus? Der Kurfürst (indem er schreibt.) Der Prinz ist drüben noch im Schloß? Natalie. Vergieb! Er ist in seine Haft zurückgekehrt. -- Der Kurfürst (endigt und siegelt; hierauf kehrt er mit dem Brief wieder zur Prinzessin zurück.) Fürwahr, mein Töchterchen, mein Nichtchen, weinte! Und ich, dem ihre Freude anvertraut, Mußt' ihrer holden Augen Himmel trüben! (er legt den Arm um ihren Leib.) Willst Du den Brief ihm selber überbringen? -- Natalie. In's Stadthaus! Wie? Der Kurfürst (drückt ihr den Brief in die Hand.) Warum nicht? -- He! Heiducken! (Heiducken treten auf.) Den Wagen vorgefahren! Die Prinzessin Hat ein Geschäft beim Obersten Arthur! (die Heiducken treten wieder ab.) So kann er, für sein Leben, gleich Dir danken. (er umarmt sie.) Mein liebes Kind! Bist Du mir wieder gut? Natalie (nach einer Pause.) Was Deine Huld, o Herr, so rasch erweckt, Ich weiß es nicht und untersuch' es nicht. Das aber, sieh, das fühl' ich in der Brust, Unedel meiner spotten wirst Du nicht: Der Brief enthalte, was es immer sey, Ich glaube Rettung -- und ich danke Dir! (sie küßt ihm die Hand.) Natalie (für ſich.) Ach, Herz, was klopfſt Du alſo an Dein Haus? Der Kurfürſt (indem er ſchreibt.) Der Prinz iſt drüben noch im Schloß? Natalie. Vergieb! Er iſt in ſeine Haft zurückgekehrt. — Der Kurfürſt (endigt und ſiegelt; hierauf kehrt er mit dem Brief wieder zur Prinzeſſin zurück.) Fürwahr, mein Töchterchen, mein Nichtchen, weinte! Und ich, dem ihre Freude anvertraut, Mußt’ ihrer holden Augen Himmel trüben! (er legt den Arm um ihren Leib.) Willſt Du den Brief ihm ſelber überbringen? — Natalie. In’s Stadthaus! Wie? Der Kurfürſt (drückt ihr den Brief in die Hand.) Warum nicht? — He! Heiducken! (Heiducken treten auf.) Den Wagen vorgefahren! Die Prinzeſſin Hat ein Geſchäft beim Oberſten Arthur! (die Heiducken treten wieder ab.) So kann er, für ſein Leben, gleich Dir danken. (er umarmt ſie.) Mein liebes Kind! Biſt Du mir wieder gut? Natalie (nach einer Pauſe.) Was Deine Huld, o Herr, ſo raſch erweckt, Ich weiß es nicht und unterſuch’ es nicht. Das aber, ſieh, das fühl’ ich in der Bruſt, Unedel meiner ſpotten wirſt Du nicht: Der Brief enthalte, was es immer ſey, Ich glaube Rettung — und ich danke Dir! (ſie küßt ihm die Hand.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0083" n="70"/> <sp who="#NAT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Natalie</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(für ſich.)</hi> </stage><lb/> <p>Ach, Herz, was klopfſt Du alſo an Dein Haus?</p> </sp><lb/> <sp who="#KURF"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der Kurfürſt</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(indem er ſchreibt.)</hi> </stage><lb/> <p>Der Prinz iſt drüben noch im Schloß?</p> </sp><lb/> <sp who="#NAT"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Natalie</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Vergieb!<lb/> Er iſt in ſeine Haft zurückgekehrt. —</p> </sp><lb/> <sp who="#KURF"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der Kurfürſt</hi> </hi> </speaker><lb/> <stage>(endigt und ſiegelt; hierauf kehrt er mit dem Brief wieder zur<lb/> Prinzeſſin zurück.)</stage><lb/> <p>Fürwahr, mein Töchterchen, mein Nichtchen, weinte!<lb/> Und ich, dem ihre Freude anvertraut,<lb/> Mußt’ ihrer holden Augen Himmel trüben!</p><lb/> <stage>(er legt den Arm um ihren Leib.)</stage><lb/> <p>Willſt Du den Brief ihm ſelber überbringen? —</p> </sp><lb/> <sp who="#NAT"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Natalie</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>In’s Stadthaus! Wie?</p> </sp><lb/> <sp who="#KURF"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der Kurfürſt</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(drückt ihr den Brief in die Hand.)</hi> </stage><lb/> <p>Warum nicht? — He! Heiducken!</p><lb/> <stage>(<hi rendition="#g">Heiducken</hi> treten auf.)</stage><lb/> <p>Den Wagen vorgefahren! Die Prinzeſſin<lb/> Hat ein Geſchäft beim Oberſten Arthur!</p><lb/> <stage>(die <hi rendition="#g">Heiducken</hi> treten wieder ab.)</stage><lb/> <p>So kann er, für ſein Leben, gleich Dir danken.</p><lb/> <stage>(er umarmt ſie.)</stage><lb/> <p>Mein liebes Kind! Biſt Du mir wieder gut?</p> </sp><lb/> <sp who="#NAT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Natalie</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(nach einer Pauſe.)</hi> </stage><lb/> <p>Was Deine Huld, o Herr, ſo raſch erweckt,<lb/> Ich weiß es nicht und unterſuch’ es nicht.<lb/> Das aber, ſieh, das fühl’ ich in der Bruſt,<lb/> Unedel meiner ſpotten wirſt Du nicht:<lb/> Der Brief enthalte, was es immer ſey,<lb/> Ich <hi rendition="#g">glaube</hi> Rettung — und ich danke Dir!</p><lb/> <stage>(ſie küßt ihm die Hand.)</stage> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0083]
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Der Kurfürſt
(endigt und ſiegelt; hierauf kehrt er mit dem Brief wieder zur
Prinzeſſin zurück.)
Fürwahr, mein Töchterchen, mein Nichtchen, weinte!
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Mußt’ ihrer holden Augen Himmel trüben!
(er legt den Arm um ihren Leib.)
Willſt Du den Brief ihm ſelber überbringen? —
Natalie.
In’s Stadthaus! Wie?
Der Kurfürſt (drückt ihr den Brief in die Hand.)
Warum nicht? — He! Heiducken!
(Heiducken treten auf.)
Den Wagen vorgefahren! Die Prinzeſſin
Hat ein Geſchäft beim Oberſten Arthur!
(die Heiducken treten wieder ab.)
So kann er, für ſein Leben, gleich Dir danken.
(er umarmt ſie.)
Mein liebes Kind! Biſt Du mir wieder gut?
Natalie (nach einer Pauſe.)
Was Deine Huld, o Herr, ſo raſch erweckt,
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Das aber, ſieh, das fühl’ ich in der Bruſt,
Unedel meiner ſpotten wirſt Du nicht:
Der Brief enthalte, was es immer ſey,
Ich glaube Rettung — und ich danke Dir!
(ſie küßt ihm die Hand.)
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/83>, abgerufen am 16.02.2025. |