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Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822.

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Um Gnade fleh' ich, Gnade! Laß ihn frei!
Ach, und komm mir zurück und sprich: Du bist's!
Kurfürstin (weint.)
Mein theurer Sohn! Es ist bereits geschehen!
Doch Alles, was ich flehte, war umsonst!
Prinz Arthur.
Ich gebe jeden Anspruch auf an Glück.
Nataliens, das vergiss' nicht, ihm zu melden,
Begehr' ich nicht mehr.
Frei ist sie, wie das Reh auf Haiden, wieder,
Mit Hand und Mund, als wär' ich nie gewesen.
Ich will auf meine Güter gehn am Rhein,
Da will ich bauen, will ich niederreißen,
Daß mir der Schweiß herabtrieft, säen, ernten,
Als wär's für Weib und Kind;
Und, wenn ich erntete, von Neuem säen,
Und in den Kreis herum das Leben jagen,
Bis es am Abend niedersinkt und stirbt.
Kurfürstin.
Wohlan! Kehr jetzt nur heim in Dein Gefängniß,
Das ist die erste Ford'rung meiner Gunst!
Prinz Arthur
(steht auf und wendet sich zur Prinzessin.)
Du armes Mädchen, weinst! Die Sonne leuchtet
Heut alle Deine Hoffnungen zu Grab!
Entschieden hat Dein erst Gefühl für mich,
Und Deine Miene sagt mir, treu wie Gold,
Du wirst Dich nimmer einem Andern weihn.
Ja, was erschwing' ich, Aermster, das Dich tröste?
Geh an den Main, rath' ich, ins Stift der Jungfrau'n,
Zu Deiner Base Thurn, such' in den Bergen
Dir einen Knaben, blondgelockt wie ich,
Kauf' ihn mit Gold und Silber Dir, drück ihn
An Deine Brust und lehr' ihn: Mutter! stammeln,
Um Gnade fleh’ ich, Gnade! Laß ihn frei!
Ach, und komm mir zurück und ſprich: Du biſt’s!
Kurfürſtin (weint.)
Mein theurer Sohn! Es iſt bereits geſchehen!
Doch Alles, was ich flehte, war umſonſt!
Prinz Arthur.
Ich gebe jeden Anſpruch auf an Glück.
Nataliens, das vergiſſ’ nicht, ihm zu melden,
Begehr’ ich nicht mehr.
Frei iſt ſie, wie das Reh auf Haiden, wieder,
Mit Hand und Mund, als wär’ ich nie geweſen.
Ich will auf meine Güter gehn am Rhein,
Da will ich bauen, will ich niederreißen,
Daß mir der Schweiß herabtrieft, ſäen, ernten,
Als wär’s für Weib und Kind;
Und, wenn ich erntete, von Neuem ſäen,
Und in den Kreis herum das Leben jagen,
Bis es am Abend niederſinkt und ſtirbt.
Kurfürſtin.
Wohlan! Kehr jetzt nur heim in Dein Gefängniß,
Das iſt die erſte Ford’rung meiner Gunſt!
Prinz Arthur
(ſteht auf und wendet ſich zur Prinzeſſin.)
Du armes Mädchen, weinſt! Die Sonne leuchtet
Heut alle Deine Hoffnungen zu Grab!
Entſchieden hat Dein erſt Gefühl für mich,
Und Deine Miene ſagt mir, treu wie Gold,
Du wirſt Dich nimmer einem Andern weihn.
Ja, was erſchwing’ ich, Aermſter, das Dich tröſte?
Geh an den Main, rath’ ich, ins Stift der Jungfrau’n,
Zu Deiner Baſe Thurn, ſuch’ in den Bergen
Dir einen Knaben, blondgelockt wie ich,
Kauf’ ihn mit Gold und Silber Dir, drück ihn
An Deine Bruſt und lehr’ ihn: Mutter! ſtammeln,
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[62/0075] Um Gnade fleh’ ich, Gnade! Laß ihn frei! Ach, und komm mir zurück und ſprich: Du biſt’s! Kurfürſtin (weint.) Mein theurer Sohn! Es iſt bereits geſchehen! Doch Alles, was ich flehte, war umſonſt! Prinz Arthur. Ich gebe jeden Anſpruch auf an Glück. Nataliens, das vergiſſ’ nicht, ihm zu melden, Begehr’ ich nicht mehr. Frei iſt ſie, wie das Reh auf Haiden, wieder, Mit Hand und Mund, als wär’ ich nie geweſen. Ich will auf meine Güter gehn am Rhein, Da will ich bauen, will ich niederreißen, Daß mir der Schweiß herabtrieft, ſäen, ernten, Als wär’s für Weib und Kind; Und, wenn ich erntete, von Neuem ſäen, Und in den Kreis herum das Leben jagen, Bis es am Abend niederſinkt und ſtirbt. Kurfürſtin. Wohlan! Kehr jetzt nur heim in Dein Gefängniß, Das iſt die erſte Ford’rung meiner Gunſt! Prinz Arthur (ſteht auf und wendet ſich zur Prinzeſſin.) Du armes Mädchen, weinſt! Die Sonne leuchtet Heut alle Deine Hoffnungen zu Grab! Entſchieden hat Dein erſt Gefühl für mich, Und Deine Miene ſagt mir, treu wie Gold, Du wirſt Dich nimmer einem Andern weihn. Ja, was erſchwing’ ich, Aermſter, das Dich tröſte? Geh an den Main, rath’ ich, ins Stift der Jungfrau’n, Zu Deiner Baſe Thurn, ſuch’ in den Bergen Dir einen Knaben, blondgelockt wie ich, Kauf’ ihn mit Gold und Silber Dir, drück ihn An Deine Bruſt und lehr’ ihn: Mutter! ſtammeln,

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/75>, abgerufen am 28.04.2024.