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Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.

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Sieh dies Gesetz, es stört mein schönstes Glück.
Dir möcht ich, deinem Herzen, Theuerste,
Jedwede Gunst verdanken, möchte gern
Nicht, daß du einer Förmlichkeit dich fügtest,
Zu der du dich vielleicht verbunden wähnst.
Wie leicht verscheuchst du diese kleinen Zweifel?
So öffne mir dein Inn'res denn, und sprich,
Ob den Gemahl du heut, dem du verlobt bist,
Ob den Geliebten du empfangen hast?
Alkmene.
Geliebter und Gemahl! Was sprichst du da?
Ist es dies heilige Verhältniß nicht,
Das mich allein, dich zu empfahn, berechtigt?
Wie kann dich ein Gesetz der Welt nur quälen,
Das weit entfernt, beschränkend hier zu sein,
Vielmehr den kühnsten Wünschen, die sich regen,
Jedwede Schranke glücklich niederreißt?
Jupiter.
Was ich dir fühle, theuerste Alkmene,
Das überflügelt, sieh, um Sonnenferne,
Was ein Gemahl dir schuldig ist. Entwöhne,
Sieh dies Geſetz, es ſtoͤrt mein ſchoͤnſtes Gluͤck.
Dir moͤcht ich, deinem Herzen, Theuerſte,
Jedwede Gunſt verdanken, moͤchte gern
Nicht, daß du einer Foͤrmlichkeit dich fuͤgteſt,
Zu der du dich vielleicht verbunden waͤhnſt.
Wie leicht verſcheuchſt du dieſe kleinen Zweifel?
So oͤffne mir dein Inn’res denn, und ſprich,
Ob den Gemahl du heut, dem du verlobt biſt,
Ob den Geliebten du empfangen haſt?
Alkmene.
Geliebter und Gemahl! Was ſprichſt du da?
Iſt es dies heilige Verhaͤltniß nicht,
Das mich allein, dich zu empfahn, berechtigt?
Wie kann dich ein Geſetz der Welt nur quaͤlen,
Das weit entfernt, beſchraͤnkend hier zu ſein,
Vielmehr den kuͤhnſten Wuͤnſchen, die ſich regen,
Jedwede Schranke gluͤcklich niederreißt?
Jupiter.
Was ich dir fuͤhle, theuerſte Alkmene,
Das uͤberfluͤgelt, ſieh, um Sonnenferne,
Was ein Gemahl dir ſchuldig iſt. Entwoͤhne,
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[36/0052] Sieh dies Geſetz, es ſtoͤrt mein ſchoͤnſtes Gluͤck. Dir moͤcht ich, deinem Herzen, Theuerſte, Jedwede Gunſt verdanken, moͤchte gern Nicht, daß du einer Foͤrmlichkeit dich fuͤgteſt, Zu der du dich vielleicht verbunden waͤhnſt. Wie leicht verſcheuchſt du dieſe kleinen Zweifel? So oͤffne mir dein Inn’res denn, und ſprich, Ob den Gemahl du heut, dem du verlobt biſt, Ob den Geliebten du empfangen haſt? Alkmene. Geliebter und Gemahl! Was ſprichſt du da? Iſt es dies heilige Verhaͤltniß nicht, Das mich allein, dich zu empfahn, berechtigt? Wie kann dich ein Geſetz der Welt nur quaͤlen, Das weit entfernt, beſchraͤnkend hier zu ſein, Vielmehr den kuͤhnſten Wuͤnſchen, die ſich regen, Jedwede Schranke gluͤcklich niederreißt? Jupiter. Was ich dir fuͤhle, theuerſte Alkmene, Das uͤberfluͤgelt, ſieh, um Sonnenferne, Was ein Gemahl dir ſchuldig iſt. Entwoͤhne,

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/52>, abgerufen am 23.11.2024.