Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_175.001 §. 237. Nach der Art, Auffassung und Behandlung pkl_175.012 pkl_175.001 §. 237. Nach der Art, Auffassung und Behandlung pkl_175.012 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0201" n="175"/><lb n="pkl_175.001"/> des <hi rendition="#g">Erfahrungsmäßigen</hi> halten und also vorzugsweise <lb n="pkl_175.002"/> <hi rendition="#g">Lehren der Klugheit,</hi> der <hi rendition="#g">Lebensweisheit</hi> <lb n="pkl_175.003"/> geben. „Die Belehrung des Lustspiels geht nicht auf die <lb n="pkl_175.004"/> Würdigung der Zwecke, sondern bleibt bei der Tauglichkeit <lb n="pkl_175.005"/> der Mittel stehen. Seine Moral ist die Moral <lb n="pkl_175.006"/> des Erfolgs und nicht (wie bei der Tragödie) die der <lb n="pkl_175.007"/> Triebfedern. Das Lustspiel soll unser Urtheil in Unterscheidung <lb n="pkl_175.008"/> der Lagen und Personen schärfen; daß es uns <lb n="pkl_175.009"/> klüger macht, das ist seine wahre und einzig mögliche <lb n="pkl_175.010"/> Moralität.“ (A. W. <hi rendition="#g">Schlegel.</hi>)</p> <lb n="pkl_175.011"/> <p> §. 237. Nach der <hi rendition="#g">Art, Auffassung</hi> und <hi rendition="#g">Behandlung <lb n="pkl_175.012"/> des Stoffes</hi> (der eben sowohl ein der <lb n="pkl_175.013"/> Wirklichkeit, der Geschichte entnommener, als ein erfundener <lb n="pkl_175.014"/> sein kann,) hat man das Lustspiel verschiedentlich <lb n="pkl_175.015"/> eingetheilt und benannt. Zunächst unterscheidet man <lb n="pkl_175.016"/> <hi rendition="#g">höhere</hi> und <hi rendition="#g">niedere Lustspiele.</hi> Das <hi rendition="#g">niedere <lb n="pkl_175.017"/> Lustspiel, die Posse,</hi> bewegt sich entweder in einer <lb n="pkl_175.018"/> niedern Lebenssphäre und repräsentirt dann den, in <lb n="pkl_175.019"/> Haltung und Ausdruck kunstlosen, derben <hi rendition="#g">Volkswitz,</hi> <lb n="pkl_175.020"/> oder es führt Charaktere vor, die ihrer Schwächen und <lb n="pkl_175.021"/> Gebrechen sich wohl <hi rendition="#g">bewußt</hi> sind, aber so unter der <lb n="pkl_175.022"/> Herrschaft der Sinnlichkeit stehen, daß sie dieselben <lb n="pkl_175.023"/> wohl eher mit großer Behaglichkeit zu hegen und zu <lb n="pkl_175.024"/> pflegen, als sie abzustellen suchen. Jm <hi rendition="#g">höheren</hi> Lustspiel <lb n="pkl_175.025"/> dagegen werden Personen dargestellt, die entweder <lb n="pkl_175.026"/> von ihren lächerlichen Eigenschaften und Schwächen <lb n="pkl_175.027"/> <hi rendition="#g">nichts wissen,</hi> oder dieselben so zu <hi rendition="#g">verbergen</hi> suchen, <lb n="pkl_175.028"/> daß nur eine feine <hi rendition="#g">Beobachtung</hi> über die wahren <lb n="pkl_175.029"/> Triebfedern des Handelns ins Klare zu setzen vermag. <lb n="pkl_175.030"/> Deshalb hat der Dichter solcher Lustspiele die oft schwierige <lb n="pkl_175.031"/> Aufgabe, mittelst leicht hingeworfener, gleichsam </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [175/0201]
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des Erfahrungsmäßigen halten und also vorzugsweise pkl_175.002
Lehren der Klugheit, der Lebensweisheit pkl_175.003
geben. „Die Belehrung des Lustspiels geht nicht auf die pkl_175.004
Würdigung der Zwecke, sondern bleibt bei der Tauglichkeit pkl_175.005
der Mittel stehen. Seine Moral ist die Moral pkl_175.006
des Erfolgs und nicht (wie bei der Tragödie) die der pkl_175.007
Triebfedern. Das Lustspiel soll unser Urtheil in Unterscheidung pkl_175.008
der Lagen und Personen schärfen; daß es uns pkl_175.009
klüger macht, das ist seine wahre und einzig mögliche pkl_175.010
Moralität.“ (A. W. Schlegel.)
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§. 237. Nach der Art, Auffassung und Behandlung pkl_175.012
des Stoffes (der eben sowohl ein der pkl_175.013
Wirklichkeit, der Geschichte entnommener, als ein erfundener pkl_175.014
sein kann,) hat man das Lustspiel verschiedentlich pkl_175.015
eingetheilt und benannt. Zunächst unterscheidet man pkl_175.016
höhere und niedere Lustspiele. Das niedere pkl_175.017
Lustspiel, die Posse, bewegt sich entweder in einer pkl_175.018
niedern Lebenssphäre und repräsentirt dann den, in pkl_175.019
Haltung und Ausdruck kunstlosen, derben Volkswitz, pkl_175.020
oder es führt Charaktere vor, die ihrer Schwächen und pkl_175.021
Gebrechen sich wohl bewußt sind, aber so unter der pkl_175.022
Herrschaft der Sinnlichkeit stehen, daß sie dieselben pkl_175.023
wohl eher mit großer Behaglichkeit zu hegen und zu pkl_175.024
pflegen, als sie abzustellen suchen. Jm höheren Lustspiel pkl_175.025
dagegen werden Personen dargestellt, die entweder pkl_175.026
von ihren lächerlichen Eigenschaften und Schwächen pkl_175.027
nichts wissen, oder dieselben so zu verbergen suchen, pkl_175.028
daß nur eine feine Beobachtung über die wahren pkl_175.029
Triebfedern des Handelns ins Klare zu setzen vermag. pkl_175.030
Deshalb hat der Dichter solcher Lustspiele die oft schwierige pkl_175.031
Aufgabe, mittelst leicht hingeworfener, gleichsam
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