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Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912.

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Wählermassen braucht, um sich zu rekrutieren. Sehr möglich, daß dann
praktische Bedenken die theoretischen aus dem Felde schlagen und es
frauenstimmrechtfreundlich wird. Aber stützen wollen wir uns doch lieber
nicht auf seine beweglichen Schultern!

Nationalliberale. Rechter Flügel geht mit den Konservativen.
Fräulein Hielscher berichtet darüber:

"Sechs Antworten von Nationalliberalen unterscheiden sich nicht
wesentlich von denen der Konservativen."

Linker Flügel, etwas hoffnungsvoller nach Bassermanns Rede im
Februar, worin er in der Frauenbewegung ein Stück neuer Zeit sieht, und sagt:

"Es würde sehr falsch sein, wenn der Staat vor solcher Ent-
wickelung die Augen schließen würde und es versäumte, rechtzeitig auch
für die Gesetzgebung und Verwaltung die vollen Konsequenzen zu ziehen."

Es bleiben nun noch die Linksparteien, von denen die fort-
schrittliche Volkspartei leider immer noch nicht so weit ge-
kommen ist, unsere Forderung in ihr Programm aufzunehmen
.
Persönlich bekennen sich viele ihrer Mitglieder zum Frauenstimmrecht,
u.a. unser früherer Abgeordneter Herr Hormann, Dr. Heinz Potthoff
und der leider zu früh verstorbene Theodor Barth, der schon vor Gründung
der demokratischen Vereinigung den Standpunkt vertrat, daß ein all-
gemeines Wahlrecht logischerweise auch das Frauenstimmrecht
einschließen müsse
.

Ganz und voll treten für uns ein die leider politisch einflußlose
demokratische Vereinigung und die Sozialdemokratie, deren Ver-
treter Frank zu Anfang dieser Session dies ebenso im deutschen Reichstag zum
Ausdruck brachte, wie sein Genosse Fleißner am 5. März in der sächsischen
Kammer. Fleißner forderte das Frauenstimmrecht auf Grund der Leistungen
der Frau in Haus und Familie, in der sozialen Arbeit und der Kommune,
im Hinblick auf die erwerbstätigen Frauen, die Hausfrauen und Mütter
zum Wohl des Ganzen.

Jn England traten nach Ablehnung der Conciliation-Bill vor
wenig Wochen die Sozialisten Mac Donald, Henderson und Crook
warm für die Rechte der Frauen ein, allerdings, wie Crook hervor-
hebt: "für ein Stimmrecht für jede oder keine Frau". - Und
in Schweden sehen die Frauen jetzt, wo die Regierungsvorlage für
Frauenstimmrecht vorliegt, hoffend auf die Sozialdemokraten und Liberalen,
bangend auf die Konservativen in ihren beiden Kammern. - Jm deutschen
Reichstag hat neuerdings die Sozialdemokratie wieder einen Jnitiativ-
antrag auf Einführung des Frauenstimmrechts gestellt, dessen Beratung
den Standpunkt der verschiedenen Parteien klar ergeben wird.

Wählermassen braucht, um sich zu rekrutieren. Sehr möglich, daß dann
praktische Bedenken die theoretischen aus dem Felde schlagen und es
frauenstimmrechtfreundlich wird. Aber stützen wollen wir uns doch lieber
nicht auf seine beweglichen Schultern!

Nationalliberale. Rechter Flügel geht mit den Konservativen.
Fräulein Hielscher berichtet darüber:

„Sechs Antworten von Nationalliberalen unterscheiden sich nicht
wesentlich von denen der Konservativen.“

Linker Flügel, etwas hoffnungsvoller nach Bassermanns Rede im
Februar, worin er in der Frauenbewegung ein Stück neuer Zeit sieht, und sagt:

„Es würde sehr falsch sein, wenn der Staat vor solcher Ent-
wickelung die Augen schließen würde und es versäumte, rechtzeitig auch
für die Gesetzgebung und Verwaltung die vollen Konsequenzen zu ziehen.“

Es bleiben nun noch die Linksparteien, von denen die fort-
schrittliche Volkspartei leider immer noch nicht so weit ge-
kommen ist, unsere Forderung in ihr Programm aufzunehmen
.
Persönlich bekennen sich viele ihrer Mitglieder zum Frauenstimmrecht,
u.a. unser früherer Abgeordneter Herr Hormann, Dr. Heinz Potthoff
und der leider zu früh verstorbene Theodor Barth, der schon vor Gründung
der demokratischen Vereinigung den Standpunkt vertrat, daß ein all-
gemeines Wahlrecht logischerweise auch das Frauenstimmrecht
einschließen müsse
.

Ganz und voll treten für uns ein die leider politisch einflußlose
demokratische Vereinigung und die Sozialdemokratie, deren Ver-
treter Frank zu Anfang dieser Session dies ebenso im deutschen Reichstag zum
Ausdruck brachte, wie sein Genosse Fleißner am 5. März in der sächsischen
Kammer. Fleißner forderte das Frauenstimmrecht auf Grund der Leistungen
der Frau in Haus und Familie, in der sozialen Arbeit und der Kommune,
im Hinblick auf die erwerbstätigen Frauen, die Hausfrauen und Mütter
zum Wohl des Ganzen.

Jn England traten nach Ablehnung der Conciliation-Bill vor
wenig Wochen die Sozialisten Mac Donald, Henderson und Crook
warm für die Rechte der Frauen ein, allerdings, wie Crook hervor-
hebt: „für ein Stimmrecht für jede oder keine Frau“. – Und
in Schweden sehen die Frauen jetzt, wo die Regierungsvorlage für
Frauenstimmrecht vorliegt, hoffend auf die Sozialdemokraten und Liberalen,
bangend auf die Konservativen in ihren beiden Kammern. – Jm deutschen
Reichstag hat neuerdings die Sozialdemokratie wieder einen Jnitiativ-
antrag auf Einführung des Frauenstimmrechts gestellt, dessen Beratung
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[14/0014] Wählermassen braucht, um sich zu rekrutieren. Sehr möglich, daß dann praktische Bedenken die theoretischen aus dem Felde schlagen und es frauenstimmrechtfreundlich wird. Aber stützen wollen wir uns doch lieber nicht auf seine beweglichen Schultern! Nationalliberale. Rechter Flügel geht mit den Konservativen. Fräulein Hielscher berichtet darüber: „Sechs Antworten von Nationalliberalen unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der Konservativen.“ Linker Flügel, etwas hoffnungsvoller nach Bassermanns Rede im Februar, worin er in der Frauenbewegung ein Stück neuer Zeit sieht, und sagt: „Es würde sehr falsch sein, wenn der Staat vor solcher Ent- wickelung die Augen schließen würde und es versäumte, rechtzeitig auch für die Gesetzgebung und Verwaltung die vollen Konsequenzen zu ziehen.“ Es bleiben nun noch die Linksparteien, von denen die fort- schrittliche Volkspartei leider immer noch nicht so weit ge- kommen ist, unsere Forderung in ihr Programm aufzunehmen. Persönlich bekennen sich viele ihrer Mitglieder zum Frauenstimmrecht, u.a. unser früherer Abgeordneter Herr Hormann, Dr. Heinz Potthoff und der leider zu früh verstorbene Theodor Barth, der schon vor Gründung der demokratischen Vereinigung den Standpunkt vertrat, daß ein all- gemeines Wahlrecht logischerweise auch das Frauenstimmrecht einschließen müsse. Ganz und voll treten für uns ein die leider politisch einflußlose demokratische Vereinigung und die Sozialdemokratie, deren Ver- treter Frank zu Anfang dieser Session dies ebenso im deutschen Reichstag zum Ausdruck brachte, wie sein Genosse Fleißner am 5. März in der sächsischen Kammer. Fleißner forderte das Frauenstimmrecht auf Grund der Leistungen der Frau in Haus und Familie, in der sozialen Arbeit und der Kommune, im Hinblick auf die erwerbstätigen Frauen, die Hausfrauen und Mütter zum Wohl des Ganzen. Jn England traten nach Ablehnung der Conciliation-Bill vor wenig Wochen die Sozialisten Mac Donald, Henderson und Crook warm für die Rechte der Frauen ein, allerdings, wie Crook hervor- hebt: „für ein Stimmrecht für jede oder keine Frau“. – Und in Schweden sehen die Frauen jetzt, wo die Regierungsvorlage für Frauenstimmrecht vorliegt, hoffend auf die Sozialdemokraten und Liberalen, bangend auf die Konservativen in ihren beiden Kammern. – Jm deutschen Reichstag hat neuerdings die Sozialdemokratie wieder einen Jnitiativ- antrag auf Einführung des Frauenstimmrechts gestellt, dessen Beratung den Standpunkt der verschiedenen Parteien klar ergeben wird.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Anna Pfundt: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2014-07-16T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2014-07-16T11:00:00Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchhoff_frauenstimmrecht_1912/14>, abgerufen am 25.11.2024.