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Kinkel, Johanna: Musikalische Orthodoxie. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 99–171. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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haben wir genug, um den ganzen Menschen darnach zu beurtheilen, und Sie würden kein Heft mehr aufschlagen, das seinen Namen an der Stirne trüge.

Ida lachte: Das ist ja gerade, als ob Sie einem großen Manne vorwerfen wollten, daß er einmal beim Wein einen platten Spaß gemacht habe.

Das nicht; aber ich würde es seinen Verehrern vorwerfen, wenn sie den Spaß als Orakelspruch ein Jahrhundert lang weiter trätschten und ihn über alle Weisheit der Andern erhöben. Die großen Meister fördern uns nur, insofern wir sie verstehen, sie in ihren Mängeln und in ihren Vorzügen richtig und scharf beurtheilen. Ihre blinden und verdummten Anbeter aber sind es, die alle Kunstentwickelung, wenn nicht in manchen Fällen ertödten, doch stets hemmen und verzögern. Selbst von den Mozart'schen Opern ist noch ein Riesenschritt zum Besseren und Höheren möglich, wenn er auch noch nicht gethan ist. Doch zeigen die Versuche, daß der Pfad richtig erkannt worden. Don Juan und Figaro will ich als Ausnahmen gelten lassen. Von keiner Nummer darin möchte ich die frevelnde Behauptung wagen, daß ein Anderer sie besser erschaffen hätte. Doch seine anderen Opern haben alle schwache Stellen, und gewisse Glieder derselben werden von analogen aus Spohr's und Weber's Opern bei weitem überboten.

Er setzte sich ans Clavier und spielte die kleinen Chöre der Krieger aus Cosi fan tutte, aus Idomeneo,

haben wir genug, um den ganzen Menschen darnach zu beurtheilen, und Sie würden kein Heft mehr aufschlagen, das seinen Namen an der Stirne trüge.

Ida lachte: Das ist ja gerade, als ob Sie einem großen Manne vorwerfen wollten, daß er einmal beim Wein einen platten Spaß gemacht habe.

Das nicht; aber ich würde es seinen Verehrern vorwerfen, wenn sie den Spaß als Orakelspruch ein Jahrhundert lang weiter trätschten und ihn über alle Weisheit der Andern erhöben. Die großen Meister fördern uns nur, insofern wir sie verstehen, sie in ihren Mängeln und in ihren Vorzügen richtig und scharf beurtheilen. Ihre blinden und verdummten Anbeter aber sind es, die alle Kunstentwickelung, wenn nicht in manchen Fällen ertödten, doch stets hemmen und verzögern. Selbst von den Mozart'schen Opern ist noch ein Riesenschritt zum Besseren und Höheren möglich, wenn er auch noch nicht gethan ist. Doch zeigen die Versuche, daß der Pfad richtig erkannt worden. Don Juan und Figaro will ich als Ausnahmen gelten lassen. Von keiner Nummer darin möchte ich die frevelnde Behauptung wagen, daß ein Anderer sie besser erschaffen hätte. Doch seine anderen Opern haben alle schwache Stellen, und gewisse Glieder derselben werden von analogen aus Spohr's und Weber's Opern bei weitem überboten.

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[0057] haben wir genug, um den ganzen Menschen darnach zu beurtheilen, und Sie würden kein Heft mehr aufschlagen, das seinen Namen an der Stirne trüge. Ida lachte: Das ist ja gerade, als ob Sie einem großen Manne vorwerfen wollten, daß er einmal beim Wein einen platten Spaß gemacht habe. Das nicht; aber ich würde es seinen Verehrern vorwerfen, wenn sie den Spaß als Orakelspruch ein Jahrhundert lang weiter trätschten und ihn über alle Weisheit der Andern erhöben. Die großen Meister fördern uns nur, insofern wir sie verstehen, sie in ihren Mängeln und in ihren Vorzügen richtig und scharf beurtheilen. Ihre blinden und verdummten Anbeter aber sind es, die alle Kunstentwickelung, wenn nicht in manchen Fällen ertödten, doch stets hemmen und verzögern. Selbst von den Mozart'schen Opern ist noch ein Riesenschritt zum Besseren und Höheren möglich, wenn er auch noch nicht gethan ist. Doch zeigen die Versuche, daß der Pfad richtig erkannt worden. Don Juan und Figaro will ich als Ausnahmen gelten lassen. Von keiner Nummer darin möchte ich die frevelnde Behauptung wagen, daß ein Anderer sie besser erschaffen hätte. Doch seine anderen Opern haben alle schwache Stellen, und gewisse Glieder derselben werden von analogen aus Spohr's und Weber's Opern bei weitem überboten. Er setzte sich ans Clavier und spielte die kleinen Chöre der Krieger aus Cosi fan tutte, aus Idomeneo,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:10:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:10:50Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kinkel, Johanna: Musikalische Orthodoxie. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 99–171. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_orthodoxie_1910/57>, abgerufen am 23.11.2024.